Keine erneute Ausnahmebilanz auf dem bundesweiten Logistikmarkt, aber trotz herausforderndem Umfeld wieder guter Gesamtflächenumsatz

Logistikimmobilienmarkt Deutschland

Bereits zu Beginn des Jahres 2023 war abzusehen, dass es sehr schwer sein würde, mit den beiden Rekordresultaten der Vorjahre Schritt zu halten. Auch wenn dem bundesweiten Logistikmarkt dies mit einem Flächenumsatz von insgesamt gut 6,3 Mio. m² im abgelaufenen Jahr erwartungsgemäß nicht gelingen konnte (-26 % gegenüber 2022), ist die Nachfragesituation durch die konjunkturellen und geopolitischen Unsicherheitsfaktoren zwar als etwas verhaltener, insgesamt allerdings weiterhin als gut zu bewerten (lediglich -9 % ggü. dem Zehnjahresschnitt). Dass im Zeitraum seit 2014 nur in den Jahren 2022 (knapp 8,5 Mio. m²), 2021 (fast 9,2 Mio. m²) und 2018 (rund 7,4 Mio. m²) signifikant höhere Gesamtvolumina als in den vergangenen 12 Monaten generiert wurden, unterstreicht das weiterhin positive Marktsentiment. Investoren vertrauen weiterhin in die guten Entwicklungsperspektiven der Logistiksparte, was durch das im Assetklassenvergleich mit Abstand höchste Investmentvolumen unter den Objektarten im vierten Quartal unterstrichen wurde. Zu den wichtigsten Determinanten für noch höhere Flächenumsätze gehören in erster Linie die schwierigen Rahmenbedingungen für Projektentwicklungen, die weitere Verknappung des Flächenangebots in und außerhalb der großen Logistikregionen sowie die gestiegene Bedeutung von Vertragsverlängerungen in Bestandsimmobilien. Wie sich diese Faktoren in den einzelnen Branchen, Standorten und Mieten widerspiegeln, hat BNP Paribas Real Estate auf Basis der wichtigsten Kennzahlen zum bundesweiten Logistikmarkt für 2023 analysiert.     

Automobilbranche durch Großdeals als wichtigster Treiber, Logistikdienstleister stehen vor allem an den großen Standorten im Nachfragefokus

Ein sehr differenziertes Bild wird vor allem in den Vermietungsimpulsen der unterschiedlichen Nutzer-gruppen sichtbar: So zählten im Zuge der stetig gestiegenen Bedeutung des E-Commerce-Sektors in den vergangenen Jahren in erster Linie Handelsunternehmen zu den wichtigsten Umsatztreibern, während sich diese aktuell mit rund 21 % im Branchen-Ranking der drei wichtigsten Säulen des Logistikmarkts nur noch auf dem dritten Platz wiederfinden. Demgegenüber sorgen Unternehmen aus dem Automotive-Sektor, die mit Daimler Truck in Halberstadt (260.000 m²), Volkswagen in Salzgitter (210.000 m²), eines weiteren namhaften Autobauers in Bitterfeld-Wolfen (86.000 m²) und BMW in Pilsting (73.000 m²) vier der fünf größten Abschlüsse des abgelaufenen Jahres auf sich vereint haben, derzeit für eine sehr hohe Umsatzdynamik. Der Automobilsektor zeichnet für rund ein Fünftel des Gesamtergebnisses und damit für ein vergleichbares Volumen (rund 1,2 Mio. m²) wie der Handel verantwortlich. Hierdurch getrieben konnte die Industrie- und Produktionsbranche mit einem Umsatz von rund 2,6 Mio. m² ihr bereits sehr hohes Vorjahresergebnis, das unter anderem durch die Tesla-Gigafactory ermöglicht wurde, wiederholen, mit gut 40 % im langjährigen Vergleich sogar den höchsten Marktanteil überhaupt erreichen und sich den ersten Platz im Branchenranking sichern. Insgesamt nachfragestark sind jedoch auch Logistikdienstleister, die in der bundesweiten Betrachtung mit knapp 29 % zwar einen niedrigeren Wert als noch vor 12 Monaten beisteuerten, gleichzeitig jedoch in den Top-Märkten mit fast 39 % die wichtigste Nachfragergruppe darstellen. Zurückzuführen ist diese Entwicklung auf die gestiegene Bedeutung für Unternehmen, die eigenen Lieferketten in großen Metropolregionen sukzessive weiter zu verbessern und gleichzeitig um City-Logistikzentren zu ergänzen. Alle übrigen Branchen sind mit weiteren knapp 10 % des Ergebnisses repräsentiert.

Verteilt hat sich der Rückgang des gesamten Flächenumsatzes sowohl auf den Neubau- (rund 4,2 Mio. m²; -23 %) als auch auf den Bestandssektor (gut 2,1 Mio. m²; -29 %). Die Gründe hierbei sind jedoch in beiden Segmenten vor allem das fehlende Angebot: Während der Flächenmangel bei den Bestandsflächen zunehmend zu Vertragsverlängerungen führt, wird das Neubauvolumen stark durch das herausfordernde Umfeld in der Projektentwicklungssparte eingeschränkt. Einen entscheidenden Beitrag zum Volumen der Neubauflächen konnten mit den vorgenannten Großdeals von Daimler Truck, Volkswagen und BMW ebenfalls Akteure aus dem Automotive-Bereich liefern.           

Mehrzahl der Top-Märkte erreicht angebotsbedingt niedrigere Flächenumsätze, Aufwärtstrend beim Mietpreisniveau setzt sich fort

Die sieben bedeutendsten deutschen Logistikstandorte (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leipzig und München) konnten 2023 nicht an ihre Vorjahresbilanz anknüpfen und ordnen sich mit einem Flächenumsatz von rund 2 Mio. m² knapp 32 % unter ihrem Wert aus dem Jahr 2022 ein. Im Städte-Ranking mussten somit die meisten großen Logistikregionen Federn lassen, wobei einige wenige Top-Märkte ihre Vorjahresresultate sogar übertreffen konnten und für eine deutlich veränderte Reihenfolge in der Standorthierarchie gesorgt haben.

In der Einzelbetrachtung schiebt sich Frankfurt (rund 440.000 m²; +27 %) dabei zum Jahresende an die Spitze und kann als einziger Logistikmarkt die 400.000-m²-Marke knacken. Den zweiten Rang belegt Berlin (350.000 m²; -66 %) und wird gefolgt von Leipzig (rund 323.000 m²; -19 %), das vom vorgenannten Automotive-Großabschluss eines deutschen Premiumherstellers in Bitterfeld-Wolfen profitiert. Düsseldorf (rund 294.000 m²; +14 %), Hamburg (rund 272.000 m²; -49 %) und München (rund 238.000 m²; +5 %) liegen über der 200.000-m²-Marke, während sich Köln (rund 160.000 m²; -38 %) darunter einsortiert. Die polyzentrische Logistikregion des Ruhrgebiets, das mittlerweile bereits seit vielen Jahren ein konstant hohes Vermietungsvolumen verzeichnet, konnte mit rund 496.000 m² (-8 %) erneut ein sehr gutes Resultat verbuchen.

Insgesamt ist festzuhalten, dass sich die wichtigsten Metropolen derzeit ähnlichen Rahmenbedingung mit jeweils angespannten Vermietungsmärkten und mehr oder weniger verschärften Flächenengpässen ausgesetzt sehen. Demzufolge verwundert es nicht, dass sich der Aufwärtstrend bei den Mietpreisniveaus im Jahresverlauf standortübergreifend weiter fortgesetzt hat. Im Durchschnitt ging es in den vergangenen 12 Monaten sowohl bei den Spitzen- als auch bei den Durchschnittsmieten um weitere rund 9 % bzw. 11 % nach oben. Teuerster Standort bleibt hierbei weiter München (10,50 €/m²), aber auch Hamburg (8,10 €/m²) und Berlin (8,00 €/m²) haben im Jahresverlauf die 8-€/m²-Marke hinter sich gelassen beziehungsweise erreicht. Auf den weiteren Plätzen schließen sich Düsseldorf (7,90 €/m²), Frankfurt (7,85 €/m²) und Köln (7,70 €/m²) an. Auch die Spitzenmieten im Ruhrgebiet (7,60 €/m²) und in Leipzig (5,90 €/m²) haben deutlich um 27 % beziehungsweise 13 % zugelegt. Dass sich abgesehen von München und Leipzig alle Top-Märkte bei den Spitzenmieten in einer sehr kleinen Bandbreite zwischen 7,60 €/m² und 8,10 €/m² bewegen, ist ein deutlicher Indikator dafür, dass die Marktattraktivität der großen Logistikregionen insgesamt sehr ähnlich einzustufen ist.

Konjunkturaussichten und Angebotssituation als Determinanten für Nachfrageentwicklung

„Der bundesweite Logistikmarkt konnte im Gesamtjahr 2023 insgesamt kein Ergebnis im Bereich der beiden ausgezeichneten Vorjahresbilanzen erzielen. Nichtsdestotrotz hat sich die breite und vielschichtige Nachfragebasis für Logistikflächen in Deutschland auch im Marktgeschehen der vergangenen 12 Monate widergespiegelt, wobei nach den starken Jahren der Handelssparte mit dem Produktions- und Automotive-Sektor eine andere Branche an der Spitze der Nutzergruppen steht. Während sich diese Unternehmen derzeit vorwiegend außerhalb der Top-Märkte aktiv zeigen, sorgen innerhalb der A-Standorte die Logistikdienstleister für hohe Nachfrageimpulse. Mit weiterem Aufwind durch die sich verbessernden Konjunkturaussichten ist zudem davon auszugehen, dass auch der Umsatzanteil des Handelssegments ebenfalls wieder anziehen dürfte“, so Christopher Raabe, Geschäftsführer und Head of Logistics & Industrial der BNP Paribas Real Estate GmbH. „Zu beobachten war im laufenden Jahr zudem, dass sich der Vermietungsmarkt angebotsbedingt an vielen größeren Standorten zu Gunsten der kleinen innenstadtnahen Flächen sowie der gut angebundenen mittelgroßen Logistikzentren gedreht hat. Diese sorgen zwar für eine hohe Dynamik ohne hierbei jedoch wie die großen Big-Box-Vermietungen entscheidend auf den Flächenumsatz einzuwirken. Großgesuche bleiben dagegen in der Regel abhängig von den Entwicklungen innerhalb des Neubausektors. Im Zuge der skizzierten Verschärfung der Angebots-und-Nachfrage-Relation stehen auch die Mietpreise weiter unter Aufwärtsdruck. Von einer derart dynamischen Entwicklung wie in den vergangenen Jahren ist hierbei ist jedoch zukünftig nicht mehr auszugehen“, ergänzt Bastian Hafner, Head of Logistics & Industrial Advisory der BNP Paribas Real Estate GmbH.