Podcast Data Center

DATA CENTER: STATUS QUO UND PERSPEKTIVEN

Die Nachfrage nach Rechenzentren steigt – mittlerweile haben sie sich zu einer attraktiven und performancestarken Assetklasse entwickelt. Vor dem Hintergrund der fortschreitenden Digitalisierung in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen wird der Bedarf an Data Centern auch in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Grund genug, um mit Managing Director und Head of Logistics & Industrial Christopher Raabe sowie Thore Baesgen zu sprechen. Thore kann als Head of Data Center Solutions Germany exklusive Einblicke in die scheinbar neue Lieblingsassetklasse vieler Investoren geben.

 

Podcast 58

 

Was ist ein Data Center und welche Arten von Rechenzentren es gibt?

Ein Rechenzentrum ist ein Gebäude, in dem große Mengen digitaler Daten gespeichert, verarbeitet und verwaltet werden. Die genaue Nutzung unterscheidet sich anhand der verschiedenen Subklassen:

  • Unternehmensrechenzentrum (Enterprise Data Center): Eigenes, kleines Datencenter meist direkt auf dem Campus des Unternehmens, welches ausschließlich den eigenen IT Betrieb unterstützt. 
  • Colocation Data Center: Durch ein Drittanbieter betriebenes Data Center, welches Fläche (Whitespace) vermietet. Die IT Hardware wird vom Mieter eingebracht.
  • Hyperscaler/Cloud Data Center: Große Datencenter, die von den Hyperscalern (AWS, Microsoft, Google etc.) für Cloud Computing Dienstleistungen genutzt werden. Ziel ist ein besonders hoher Grad an Flexibilität und Skalierbarkeit der Anwendungen.
  • Edge Data Center: Kleine Rechenzentren, ebenfalls durch Drittanbieter betrieben, die einen regionaleren Ansatz haben und die Nähe zum Endkunden suchen.
  • KI-Rechenzentrum: Datencenter mit besonders hohem Bedarf an Daten- und Rechenressourcen zum Trainieren von KI Modellen.

Data Center entwickeln sich scheinbar zu einer, wenn nicht sogar der liebsten Assetklasse vieler Investoren. Woran liegt das?

Zum einen ist die Rendite und die Profitabilität bei Data Centern deutlich höher als bei klassischen Logistikimmobilien. Die Betreiber können aufgrund der hohen Nachfrage sowohl für Grundstücke als auch für die Objekte deutlich höhere Preise bezahlen. Das hängt damit zusammen, dass die Nachfrage auf dem Data Center-Markt sehr groß ist. Das ist auch der Grund, warum sehr viele Projektentwickler und Investoren in diesen Markt strömen.

Wie stellt sich denn der deutsche Data Center-Markt im europäischen Vergleich dar?

Innerhalb Europas ist der deutsche Markt der größte: Führend mit den beiden Standorten Frankfurt und Berlin, gefolgt vom englischen Markt. Hier hat London als Megametropole große Kapazitäten, aber liegt insgesamt hinter Deutschland. Weitere wichtige Märkte sind Irland oder die Niederlande.

Frankfurt ist die Datacenter-Hauptstadt Deutschlands. Woran liegt das? Und welche anderen Standorte spielen hier eine Rolle?

Frankfurt ist die absolute Data Center-Hauptstadt in Deutschland. Das liegt vor allem am DE-CIX (Deutsche Commercial Internet Exchange), der durch die Hanauer Landstraße verläuft. Der DE-CIX ist der größte Internetknotenpunkt der Welt mit einem Datendurchfluss von circa 17 Terabyte die Sekunde. Dieser Internetknotenpunkt sorgt für sehr geringe Latenzzeiten bei den Betreibern der Rechenzentren beziehungsweise den Nutzern. Das ist eine sehr entscheidende Größe, wonach unsere Kunden schauen. Berlin hat sich als zweiter Hotspot etabliert. Um das aber in Relation zu setzen: In Frankfurt sprechen wir über aktuell eine ungefähre Gesamtleistung von knapp über ein Gigawatt vermieteter IT-Load, mit noch relativ viel in der Pipeline. In Berlin sprechen wir aktuell über 300 Megawatt IT-Load.

Warum Deutschland so eine zentrale Rolle auf dem Markt der Rechenzentren spielt, ist der Tatsache geschuldet, dass es in Zentraleuropa liegt, dass wir eine sehr stabile gesamtwirtschaftliche Lage haben und auch, dass das Thema Datenschutz bei uns großgeschrieben wird.

Spielen Länder im Norden auch eine Rolle auf dem Data Center-Markt?

Es gibt den einen oder anderen Hyperscaler und auch Rechenzentrum-Betreiber, der sich für ein skandinavisches Land entscheidet. Der Hintergrund ist ganz einfach: Einerseits die günstigere Stromverfügbarkeit, unter anderem zum Beispiel durch Atomstrom. Andererseits spielt das Thema Kühlung eine weitere wichtige Rolle. Das heißt, je kälter die Außentemperatur ist, desto weniger Strom wird für die Kühlung benötigt, sodass der Strom für die tatsächliche Leistung der Server benutzt werden kann. 

Wo innerhalb einer Stadt, zum Beispiel in Frankfurt, kann ein Data Center entstehen?

Grundsätzlich können Data Center in Gewerbe- und Industriegebieten entstehen. In Frankfurt haben wir einen Sonderfall, da wir dort einen Data Center Masterplan haben, der vorschreibt, in welchen Gewerbe- und Industriegebieten die Ansiedlung von neuen, nicht unternehmensrelevanten Rechenzentren überhaupt noch gestattet ist. Ansonsten ist das allerallerwichtigste Kriterium die Verfügbarkeit von Strom. Das heißt, die Nähe zu Hochspannungsleitungen beziehungsweise Umspannwerken ist oft ein guter Indikator für funktionierende Data Center-Standorte. Natürlich gibt es auch eine kritische Grundstücksgröße, die benötigt wird. Oft geht man aber eher den anderen Weg und schaut sich die K.-o.-Kriterien an, wo ein Rechenzentrum nicht stehen kann. Betreiber eines Rechenzentrums sind sehr auf ihre Sicherheit bedacht, beziehungsweise sehr darauf bedacht, dass es nicht zu irgendwelchen Störfällen im Betrieb kommt. K.-o.-Kriterien könnten für sie deshalb sein:

  • Betriebe in der Nähe, bei denen es zu Explosionen kommen könnte
  • Flugschneisen, zum Beispiel vom Frankfurter Flughafen
  • Die Nähe zum Main, wenn es um das Thema Überflutung geht

Mit welchen anderen Herausforderungen haben Projektentwickler im Bereich Data Center noch zu kämpfen? 

Hier müssen wir unterscheiden, ob wir über Immobilienprojektentwickler sprechen oder ob wir über Rechenzentrum-Betreiber beziehungsweise -Entwickler sprechen. Für die Immobilienprojektentwickler ist das Thema Data Center eine neue Herausforderung. Es ist eine neue Assetklasse, die wenig mit der klassischen Immobilie zu tun hat. Die Magie findet im Inneren des Data Centers statt. Die Immobilie selbst ist nur eine Hülle, ein Schutz vor äußeren Einflüssen. Das Hauptaugenmerk liegt also auf der Technik, die dort verbaut ist.

Das spiegelt sich auch wirtschaftlich in den Kosten wider. In der Regel ist es so, dass das Innenleben dieser Data Center deutlich die Kosten der eigentlichen Immobilie übersteigt. Die Sever kosten schnell das Drei- bis Vierfache der Gebäudehülle. 

Warum zeigen gerade jetzt so viele neue Projektentwickler Interesse an dieser scheinbar recht komplexen Assetklasse?

Der Markt rund um Rechenzentren ist aktuell ein stark wachsender Markt. Während man teilweise in anderen Assetklassen eher eine Seitwärts- oder gar Abwärtsbewegung beobachtet, funktioniert der Data Center-Markt aktuell sehr gut. Es ist demnach kein Geheimnis, dass man damit Geld verdienen kann, erfolgreich ein Data Center zu entwickeln oder auch nur geeignetes Land zur Verfügung zu stellen. Im Endeffekt sind es einfache makroökonomische Treiber: Es gibt eine riesengroße Nachfrage, getrieben durch Digitalisierung sowie KI und zeitgleich ein sehr begrenztes Angebot. Das treibt die Preise in die Höhe. 

Die Verfügbarkeit von Flächen, gerade hier in Frankfurt, ist ein Problem. Wo kann ein Rechenzentrum überhaupt noch entstehen? Umnutzung und Konversion spielt hier sicher eine wichtige Rolle?

Absolut. Bei der Nachnutzung einer leerstehenden Logistikimmobilie oder auch bei einer Neubauentwicklung wird heutzutage bei sehr vielen Entwicklern geprüft, ob eine Data Center-Nutzung möglich ist. Generell ist das Rechenzentrum, wenn in erster Linie die Stromversorgung gesichert ist, hoch attraktiv, da sich höhere Margen und Gewinne erzielen lassen. Genau das macht es, auch für klassische Projektentwickler, attraktiv,  in diesen Markt einzutreten. Data Center-Entwickler können außerdem deutlich höhere Grundstückspreise zahlen. Die liegen fast immer über dem der klassischen Logistikhalle, oft das Drei- bis Vier-, wenn nicht sogar teilweise das Fünffache von dem, was vielleicht ein klassischer Immobilienentwickler zahlen kann. 

Spielen andere Assetklassen ebenfalls eine Rolle? Werden beispielsweise auch Büroimmobilien zu Data Centern umgenutzt?

Es gibt durchaus das eine oder andere Bürogebäude, das in ein Data Center umgenutzt worden ist oder auch noch umgenutzt wird. Die Umnutzung ist aber mit relativ großen Herausforderungen und Umbaumaßnahmen verbunden. Es werden beispielsweise deutlich höhere Bodentraglasten benötigt. Auch die Decken müssen deutlich höher sein. Hinzu kommt auch die genehmigungsrechtliche Seite, also baurechtliche Themen wie der Brandschutz oder die Verträglichkeit mit dem Umfeld. Aber es gibt Beispiele, die zeigen, dass das funktionieren kann, insbesondere wenn man über die Subklassen der Edge Rechenzentrum oder teilweise auch kleinerer Colocation-Data Center spricht.

Wie sieht die Zukunft des Data Center-Markts aus?

Die Assetklasse Data Center hat ihre Berechtigung und ist eine eigene Assetklasse, die gesondert betrachtet werden muss. Sie wird an Bedeutung zunehmen, aber nie die Volumina erreichen, die wir im Logistikimmobilienmarkt haben oder von anderen Assetklassen kennen. Wenn man an die künstliche Intelligenz-Anwendungen denkt, wird sie, was den Bedarf angeht, ein wachsender Markt bleiben. Insbesondere aufgrund des hohen Spezialisierungsgrad wird es aber nicht der Mainstream, da es eben nicht so ganz banal ist, ein Datacenter zu entwickeln.

Rechenzentren sind Teil der kritischen Infrastruktur für unser Land und die Welt. Dementsprechend wird die Assetklasse nicht mehr wegzudenken sein. Das Wachstum ist aufgrund der eben schon genannten Treiber enorm. Um ein Beispiel zu geben: Wenn ich in eine Suchmaschine das Stichwort „BNP Paribas Real Estate“ eingebe, verbraucht das eine gewisse Menge an Bits und Bytes. Wenn ich jedoch eine Frage stelle, dann fängt dort eine KI-Anwendung an. Und diese verbraucht das Zehnfache von dem, was eine normale Such-anfrage verursachen würde. Natürlich gibt es auf der anderen Seite auch gegenläufige Prozesse: So werden die Server immer effizienter. Das heißt, auf kleinerem Raum kann immer mehr Leistung abgebildet werden.

Und vielleicht als letzten Punkt noch einmal zu den Themen Immobilien, Kapitalmarkt und Assetklassen: Was wir bisher sehen, ist, dass sich Projektentwickler und auch Private Equity-Geld sehr intensiv mit dem Thema Data Center beschäftigen. Was wir bisher aber nicht sehen, ist, dass es ein klassisches Kapitalmarktprodukt wird, wie man es aus anderen Assetklassen kennt. Es ist sicherlich eine spannende Frage, ob das zukünftig auch ein gängiges und handelbares Kapitalmarktprodukt wird oder ob es vielleicht doch eher in Richtung Infrastrukturprodukt geht.

Worauf warten SIe, hören Sie jetzt rein!

Christopher Raabe
Christopher Raabe
Managing Director / Head of Logistics & Industrial
Seit 2018 verantworte ich bei BNPPRE Deutschland den Bereich Logistics & Industrial. Hierzu gehören unter anderem alle bundesweiten Vermietungs- und Investmentaktivitäten in diesem Bereich.
Transaction
Thore Baesgen
Thore Baesgen
Head of Data Center Solutions Germany

Das könnte Sie auch interessieren: