Green Buildings

GREEN BUILDINGS: NACHHALTIGES BAUEN IN DEUTSCHLAND WEITER AUF DEM VORMARSCH

Der Green Building-Markt boomt: Während bis 2013 lediglich 550 Gebäude zertifiziert worden sind, waren es bis Ende 2022 bereits circa 2.800 – ein Wachstum von rund 250 Gebäuden pro Jahr! Auch das Transaktionsvolumen kann sich sehen lassen: 11,2 Milliarden € wurden 2022 bei Single Deals mit nachhaltig zertifizierten Gebäuden erzielt. Damit wurde zum vierten Mal in Folge die 10-Mrd.-€-Marke für grüne Immobilien überschritten. Es scheint, als würden Zertifikate wie DGNB, BREEAM oder LEED im Zuge von Taxonomie & Co. einen starken Bedeutungszuwachs erleben. Wir haben mit Hermann Horster, Head of Sustainability, darüber gesprochen, was es mit Green Buildings auf sich hat, welche Assetklasse am häufigsten zertifiziert wird und wie BNP Paribas Real Estate die Nachfrage auf dem Markt bedient.

Der seit dem EU Green Deal mit Taxonomie- und Offenlegungsverordnung zu beobachtende sehr dynamische Aufwärtstrend setzt sich unvermindert fort.  Mit einem Anteil von 30,6 % am gewerblichen Investitionsvolumen erreichten zertifizierte Objekte 2022 wiederum eine neue Bestmarke.

Hermann Horster
Hermann Horster
Head of Sustainability

Herr Horster, wie würden Sie den Begriff „Green Buildings“ definieren?

Der Begriff „Green Building“, der aus dem angelsächsischen Raum stammt, ist zugegebenermaßen irreführend. Heute geht es nicht mehr nur um die Umwelt, also ökologische Themen wie die Energie-Effizienz eines Bürogebäudes oder die verwendeten Materialien, sondern auch um soziale Aspekte, beispielsweise, ob sich die Mitarbeitenden an ihren Arbeitsplätzen wohlfühlen. Und natürlich auch um die Verbindung von Wirtschaftlichkeit, Good Governance und Umwelt. Besser als „grünes“ würde deshalb „nachhaltiges Gebäude“ oder „ESG-konforme Immobilie“ passen. Gleichzeitig haben die Themen CO2 und Energie im Zuge der Klimakrise in der Immobilienbranche eine absolut zentrale Rolle eingenommen. Ein Beispiel dafür sind Klimapfade, die inzwischen eine erhebliche Rolle spielen.

Woran erkennt man ein ESG-konformes oder nachhaltiges Gebäude?

Bislang war das einfachste Erkennungszeichen eine entsprechende Zertifizierung. Es gibt derzeit drei anerkannte Zertifikate: DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V.) aus dem deutschsprachigen Raum, LEED oder BREEAM aus dem angelsächsischen Umfeld. Dabei hat die DGNB über 80 Prozent Marktanteil im Neubausegment, insgesamt (mit Bestand) liegt sie bei circa 64 Prozent. Auch die LEED-Zertifizierung wird schwerpunktmäßig im Neubausegment eingesetzt, wohingegen sich BREEAM stärker auf Bestandsobjekte konzentriert.

Mit dem ungeheuren Aufschwung des Themas ESG/Nachhaltigkeit in der Immobilienbranche, den wir seit einigen Jahren erleben, reichen vielen Marktteilnehmenden die Zertifikate nicht mehr aus. Diese erleben zwar einen Bedeutungszuwachs aufgrund der noch nicht zu Ende definierten neuen Verordnungen und Gesetze zu Energie, Nachhaltigkeit und ESG in Gebäuden und Portfolios, zugleich wünschen Asset Manager und Investoren aber detaillierte Antworten auf ihre Fragen zu ESG im Ankauf oder im Asset Management. Deshalb wurden Scoring- und Rating-Tools sowie Verfahren wie GRESB und ECORE, Klimapfade mit CREEM oder eine ESG-Due-Diligence entwickelt bzw. werden vermehrt eingesetzt.

Aber um es klarzustellen: Das heißt im Umkehrschluss nicht, dass Gebäude ohne Zertifikat nicht nachhaltig sind. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen verzichten aus Kostengründen häufig auf eine Zertifizierung ihrer nachhaltig gestalteten Gebäude.

Büroobjekte stellen auch 2022 nach wie vor den größten Anteil an Objektarten. Bei Gewerbeimmobilien wird aber noch gar nicht so lange in diesem intensiven Maße auf das Thema Nachhaltigkeit und ESG-Kriterien geachtet. Was treibt diesen Markt?

Sicherlich leistet das gesamtgesellschaftlich und in der Branche gestiegene Umweltbewusstsein hierzu seinen Beitrag; Treiber der Entwicklung ist aber ganz klar die EU mit der neuen Taxonomie- und Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR). Erstmals gelten gesetzliche Kriterien (Taxonomie) und Kategorien (SFDR) für nachhaltige Investmentprodukte. Mit MIFID II wurden in diesem Jahr zudem bestimmte Immobilienfonds, die nicht Artikel 8 oder 9 der SFDR entsprechen, in der Anlageberatung als nicht nachhaltig eingestuft.

Die Prüfung, ob und in welchem Maße Gebäude den Nachhaltigkeitskriterien der Taxonomie entsprechen, ist damit für Asset Manager und Investoren regulierter Fonds zentral geworden. Hinzu kommen weitere ESG-Kriterien. Da allerdings die regulatorischen Anforderungen noch nicht zu Ende definiert sind – es werden noch weitere Prüfkriterien folgen und es werden auch Ausführungsbestimmungen nachgereicht – herrscht in der Branche im Hinblick auf Nachhaltigkeit und ESG gegenwärtig eine verständliche Verunsicherung, die 2021 und 2022 offensichtlich zu einem verstärkten Interesse nach den bekannten Nachhaltigkeitszertifikaten führte. 

Insbesondere in den Großstädten wächst die Nachfrage kontinuierlich. Rund 80 % des Investmentvolumens zertifizierter Green Buildings entfällt auf A-Standorte. Im Jahr 2022 standen besonders Berlin (3,2 Mrd. €), Frankfurt (1,7 Mrd. €) sowie München (1,6 Mrd. €) bei Green Building-Investoren hoch im Kurs.

Aktuelle Beispiele für zertifizierte Gebäude

  • DGNB PLATIN: T1 Four in Frankfurt
  • DGNB GOLD: Holz-Hybrid Bürogebäude Timber Office in Hamburg
  • LEED GOLD: Highlight Towers in München
     

Und welche Rolle spielen die Vermieter beim Thema „Green Building"?

Die institutionellen und regulierten Anleger, beispielsweise offene Immobilienfonds und Versicherer, investierten auch schon in der Vergangenheit bevorzugt in nachhaltige Gebäude – allein schon aus wirtschaftlichen Gründen. Bei zertifizierten Immobilien haben sie bessere Chancen, internationale Corporates als Mieter mit einer erstklassigen Bonität zu finden, da diese häufig das Zertifikat als ein Anmietungskriterium sehen. Das ist auch der Grund dafür, dass es an attraktiven Bürostandorten wie Frankfurt kaum eine Gebäudesanierung gibt, in deren Rahmen nicht auch eine Nachhaltigkeitszertifizierung durchgeführt wird.

Was bietet BNP Paribas Real Estate den Kunden im Zusammenhang mit nachhaltigen Büroimmobilien an?

Wir bieten zu diesem Thema umfassende Dienstleistungen. Das fängt beim Consulting an: So führen wir eine zeit- und kostenoptimierte ESG-Gebäude- beziehungsweise Portfolio-Analyse anhand zentraler ESG-KPIs durch und leiten, falls nötig, daraus konkrete Maßnahmen ab. Dabei werden stets die Aspekte der Nachhaltigkeit mit denen der Wirtschaftlichkeit verknüpft: Die Verringerung der CO2-Emissionen geht mit der Senkung von Energiekosten einher.

Ein weiteres Element ist ein nachhaltiges Property Management: Dadurch werden in der Bestandsbetreuung Lebenszykluskosten verringert, ökologische Risiken reduziert und Schadstoffe minimiert, um die Arbeitsplätze im Gebäude langfristig sicher und wirtschaftlich gestalten zu können. Im Rahmen des Investment Consulting beraten wir zudem unsere Kunden und klären mit ihnen beispielsweise, ob sich eine ESG-Due-Diligence, ein Energie-Monitoring, ein Nachweis der Taxonomie-Konformität oder auch ein Nachhaltigkeitszertifikat für ihre Bestandsgebäude oder Projekte lohnt.

Wie ist BNP Paribas Real Estate in diesem Bereich am Markt positioniert?

Wir sind in diesem Bereich vielfältig engagiert, was am Markt stark wahrgenommen wird. So sind wir an verschiedenen Arbeitsgruppen zum Thema Nachhaltigkeit beteiligt. Wir arbeiten mit BNP Paribas Real Estate und unserem Asset Manager BNPP REIM aktiv bei der Initiative ECORE mit. Ich selbst bin beim ZIA und in der RICS aktiv und Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB).

Für die Kunden hat das Thema wie oben erläutert ebenfalls enorm an Bedeutung gewonnen. Nachhaltige, ESG-konforme Gebäude sind vom Trend zum absoluten „Must-have“ geworden. So finden kaum noch Transaktionen ohne eine ESG-Prüfung statt. Im Asset Management nimmt das ESG-Screening und die Planung von Maßnahmen eine wichtige Rolle ein.

Podcasts zum Thema nachhaltiges Bauen

Green Buildings in Planung, im Bau, Bestand und Einsatz: Mehr zum Thema erfahren Sie in unseren Podcasts mit Hermann Horster. Der Nachhaltigkeits-Experte verrät in den drei Episoden unter anderem, worauf man bei grünen Gebäuden im Bestand achten muss, was es mit Cradle to Cradle auf sich hat und wo die Immobilienbranche in Sachen Nachhaltigkeit steht.

Hermann Horster
Hermann Horster MRICS
Head of Sustainability
Ob ESG-konforme Portfolio-Ausrichtung oder Klimapfade und Green-Building-Zertifizierung für einzelne Assets, ob marktgerechtes, nachhaltiges Nutzungskonzept für einen Neubau oder die Begleitung eines Investors bei der Objektakquisition – für mich steht im Vordergrund, mit dem spezifischen Know-how unseres Consulting & Valuation-Teams die Ziele der Kunden im Bereich Nachhaltigkeit erfolgreich umzusetzen.
Consulting & Valuation