VERHALTENES ERSTES HALBJAHR
Nachdem bereits der Jahresauftakt auf dem deutschen Wohn-Investmentmarkt deutlich verhaltener als noch im Vorjahr ausgefallen ist, hat sich dieser Trend im Laufe des zweiten Quartals fortgesetzt. Im ersten Halbjahr 2022 wurden bundesweit gut 7 Mrd. € in größere Wohnungsbestände (ab 30 Wohneinheiten) investiert. Rund 3 Mrd. € entfallen dabei auf das zweite Quartal. Gegenüber dem Halbjahresergebnis aus dem Rekordjahr 2021 entspricht dies einem Rückgang um knapp 30 %. Auch der langjährige Durchschnitt wurde um 19 % verfehlt. Die Haltung vieler Investoren ist in den vergangenen Monaten nicht zuletzt aufgrund der nun von der EZB eingeläuteten Zinswende deutlich abwartender geworden. Die steigenden Finanzierungskosten führen dazu, dass viele Anleger laufend gezwungen sind, neu zu kalkulieren. Dies spiegelt sich in einem gewissen Umfang natürlich auch im Investmentvolumen wider. Nichtsdestotrotz konnten für das zweite Quartal insgesamt rund 80 Transaktionen registriert werden, was im langjährigen Vergleich ein überdurchschnittlicher Wert ist. Von einem Stillstand auf dem Wohn-Investmentmarkt, wie er in den ersten Wochen der Corona-Pandemie zu beobachten war, kann also keine Rede sein.
PROJEKTE MIT BISHER HÖCHSTEM UMSATZANTEIL
Die Verteilung des Investitionsvolumens auf die einzelnen Assetklassen zeigt aktuell ein ungewohntes Bild. Anders als in den Vorjahren liegen aktuell Projekte mit einem Umsatzanteil von gut 38 % an der Spitze des Rankings, worin sich immer noch der über Jahre sukzessive aufgebaute Produktmangel im Bestand widerspiegelt. Angesichts des aktuellen Zinsumfelds und der deutlich gestiegenen Baupreise sind die Kosten für Neubauprojekte allerdings immer schwerer zu kalkulieren. Für die Marktteilnehmer stellt sich daher die Frage, wer die steigenden Risiken letztlich trägt und wie sich dies auf die Preise auswirkt. Die Vertragsverhandlungen zwischen Investoren und Projektentwicklern dürften sich in den kommenden Monaten somit deutlich schwerer gestalten als noch zu Jahresbeginn.
MITTLERES SEGMENT VERGLEICHSWEISE DYNAMISCH
Ein Blick auf die Verteilung des Investitionsvolumens nach Größenklassen verdeutlicht, dass bisher deutlich weniger Großdeals als in den Vorjahren abgeschlossen wurden. Im Gegenzug ist dafür aber im ersten Halbjahr 2022 deutlich mehr Bewegung im kleinen und mittleren Größensegment zu beobachten gewesen. Im Bereich bis 100 Mio. € schlägt mit einem Volumen von mehr als 4,3 Mrd. € dadurch gar das zweitbeste Resultat der letzten 10 Jahre zu Buche.
SPEZIALFONDS AN DER SPITZE
Mehr als 2,2 Mrd. € wurden in den ersten sechs Monaten des Jahres von Spezialfonds in Wohnimmobilien investiert. Damit liegen sie aktuell im Ranking der Käufergruppen an der Spitze. Dass zudem mit anteilig 27 % Investment Manager (bei denen das dahinterstehende Investmentkonstrukt nicht eindeutig bekannt ist) auf dem zweiten Rang folgen, belegt eindrücklich, dass Wohn-Investments weiter zu den beliebtesten Anlageklassen vieler institutioneller Investoren zählen. Ebenfalls nennenswerte Umsatzanteile entfallen zudem auf Immobilienunternehmen (9 %) und offene Fonds (8 %).
TRENDWENDE BEI RENDITEN
Der Wandel bei den Finanzierungsbedingungen wird mittlerweile zunehmend auch in der Entwicklung der Yields sichtbar. So sind die Netto-Spitzenrenditen für Neubauobjekte erstmals seit der Finanzkrise wieder flächendeckend gestiegen. In den deutschen A-Standorten bewegt sich der Anstieg seit Jahresende 2021 im Bereich von 15 bis 20 Basispunkten. Am teuersten ist weiterhin München (2,55 %), gefolgt von Stuttgart (2,60 %), Berlin (2,60 %) und Hamburg (2,70 %). Köln und Düsseldorf liegen jeweils bei 2,75 %. Ein wenig differenzierter fällt die Entwicklung in vielen B-Städten aus. Während bspw. in Dresden (3,10 %) ebenfalls ein Anstieg um 20 Basispunkte verzeichnet werden konnte, fällt dieser in Leipzig (2,90 %) mit 10 Basispunkten moderater aus.
ANTEIL DER A-STANDORTE IM LANGJÄHRIGEN SCHNITT
Der Anteil der A-Städte am Investitionsvolumen liegt genau wie im Vorjahr bei knapp 49 %. Damit wurden in den sieben größten deutschen Städten rund 3,45 Mrd. € investiert, was ein Wert leicht über dem langjährigen Durchschnitt darstellt. Wie gewohnt entfällt auf Berlin mit 1,43 Mrd. € das höchste Volumen. In Hamburg konnte mit 1,17 Mrd. € nach 2015 das zweitbeste Halbjahresresultat in der langjährigen Betrachtung verzeichnet werden.
PERSPEKTIVEN
Aufgrund der geänderten Finanzierungsbedingungen und der Lage am Finanzmarkt befindet sich der Wohn-Investmentmarkt vorerst in einer Preisfindungsphase, in der Verkäufer und Käufer sich zuerst auf ein neues Niveau einigen müssen, das für beide Seiten tragbar ist. Dieser Prozess dürfte erfahrungsgemäß einige Monate in Anspruch nehmen und sich schrittweise vollziehen. Am wahrscheinlichsten erscheint aktuell, dass sich die Renditen je nach Standort stärker ausdifferenzieren und insgesamt weiter nach oben bewegen. Für eine seriöse Aussage darüber, bei welchem Niveau sie sich schließlich einpendeln werden, fehlt aktuell in der Breite noch die nötige Evidenz. Es erscheint aus heutiger Perspektive nicht unwahrscheinlich, dass das Transaktionsgeschehen zum Jahresende wieder an Fahrt gewinnt.
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Herausgeber und Copyright: BNP Paribas Real Estate GmbH | Bearbeitung: BNP Paribas Real Estate Consult GmbH | Stand: 30.06.2022