SCHWACHES ERSTES HALBJAHR
Nach Ende des ersten Halbjahres 2023 belief sich das Investitionsvolumen auf nur rund 2,63 Mrd. €. Damit wurde das Halbjahresergebnis des Vorjahres mit 63 % deutlich verfehlt. Auch der langjährige Durchschnitt wurde um 69 % unterschritten. Insgesamt wurde das schlechteste erste Halbjahr seit 2011 verzeichnet. Die Investitionsaktivitäten auf den deutschen Wohn-Investmentmärkten haben auch im zweiten Quartal nicht wesentlich an Fahrt aufnehmen können. Neben einigen makroökonomischen Unsicherheiten haben die erschwerte bzw. verteuerte Fremdkapitalfinanzierung – befördert durch den straffen Zinsanhebungszyklus – weiterhin für ein sehr verhaltenes Transaktionsgeschehen gesorgt. Die Preisfindungsphase ist dabei noch nicht abgeschlossen, sodass zwischen Kauf- und Verkaufsgesuchen größtenteils noch Preisdifferenzen bestehen. Es mangelt daher weiter an der Realisierung von marktbereitenden großvolumigen Deals.
ÄLTERE BESTANDSOBJEKTE UND PROJEKTE AM GEFRAGTESTEN
Das Fehlen von institutionellen Investoren am Markt und das geringe Investitionsvolumen hat auch seine Spuren in den Anteilen der einzelnen Assetklassen hinterlassen. Bestandsportfolios mit großem Volumen dominieren gewöhnlich das Investmentgeschehen (10-Jahresdurchschnitt: 52 %), kamen jedoch im ersten Halbjahr auf gerade einmal knapp 11 %. Ältere Bestandsobjekte waren mit einem Anteil von 46 % verhältnismäßig stark gesucht (Ø 10 Jahre: 17 %). Auch Projekte bzw. Forward Deals kommen ebenfalls auf einen weit überdurchschnittlichen Anteil von gut 40 % (Ø 10 Jahre: 24 %). Nach wie vor scheinen Investoren zunächst ihre älteren Bestandsobjekte zu veräußern, um sich größeren Risiken in ihren Portfolios zu entledigen.
MARKT WEITER KLEINTEILIG
Sehr geringe Investitionsaktivitäten im großvolumigen Segment sind ein Grund für das niedrige Gesamtvolumen. Das Segment über 100 Mio. € kommt zwar auf einen relativ hohen Umsatzanteil von 41 %, absolut betrachtet sind jedoch vier registrierte Großtransaktionen mit einem kumulierten Volumen von 1,08 Mrd. € im langjährigen Vergleich sehr wenig (Ø 10 Jahre: 5,03 Mrd. €). Hingegen zeigt sich das Segment der mittelgroßen Deals (50-100 Mio. €) mit einem Anteil von 21 % deutlich lebhafter (Ø 10 Jahre: 17 %). Das durchschnittliche Investmentvolumen pro Deal betrug nur rund 35 Mio. €. Somit ist der Markt nach wie vor wesentlich kleinteiliger als in den vergangenen Jahren.
US-AMERIKANISCHES KAPITAL KOMMT ZURÜCK
Als positives Zeichen für neue Opportunitäten auf den deutschen Wohn-Investmentmärkten kann die Rückkehr von US-amerikanischem Kapital gewertet werden. Während im ersten Quartal amerikanische Käufer dem Markt weitestgehend ferngeblieben sind, wurden im zweiten Quartal immerhin zwei großvolumige Transaktionen verzeichnet. US-amerikanisches Kapital kommt mit rund 22 % auf einen überdurchschnittlichen Anteil (Ø 10 Jahre: 6 %). Die beiden stärksten Käufergruppen Investment Manager und Family Offices steuerten mit 26 % (Ø 10 Jahre: 9 %) bzw. 22 % (Ø 10 Jahre: 4 %) weit überdurchschnittliche Anteile zum Investmentvolumen bei. Die hohe Ausstattung mit Eigenkapital dürfte das rege Kaufinteresse dieser Käufergruppen erklären.
WEITERER ANSTIEG DER NETTO-SPITZENRENDITEN
Parallel zu den Zinserhöhungen durch die EZB legten auch die Netto-Spitzenrenditen für Neubauobjekte im zweiten Quartal spürbar zu. Der Anstieg gegenüber dem ersten Quartal bewegte sich im Bereich zwischen 35 und 50 Basispunkten. Nach wie vor ist München der teuerste Standort (3,35 %). Dahinter rangieren bei 3,40 % Berlin, Frankfurt, Hamburg und Stuttgart. Für Düsseldorf und Köln werden aktuell 3,50 % angesetzt.
ANTEIL DER A-STANDORTE LEICHT ÜBERDURCHSCHNITTLICH
In den ersten sechs Monaten suchten Investoren besonders stark das solide Investmentumfeld der A-Städte auf. Auf diese entfiel ein Anteil von knapp 67 % (Ø 10 Jahre: 42 %).
PERSPEKTIVEN
Das erste Halbjahr ist ein Beleg für die andauernde Preisfindungsphase auf dem deutschen Wohn-Investmentmarkt. Dennoch zeigen erste marktbereitende Deals, wie der Vonovia-Deal in München, dass sich Käufer und Verkäufer wieder annähern. Trotz der Entschlossenheit der EZB das 2-%-Inflationsziel zu verfolgen, ist davon auszugehen, dass ein Großteil im Zinserhöhungszyklus bereits vollzogen wurde. Aufgrund des zu erwartenden Rückgangs der Inflation ist im zweiten Halbjahr nur noch mit kleineren Zinsschritten bzw. einer Zinserhöhungspause zu rechnen. Gleichzeitig dürften Investoren in den kommenden Monaten langsam das sich stabilisierende Zinsniveau als neue Realität akzeptieren und wieder in den Investitionsmodus umschalten. Denn die nachfrageseitigen Fundamentaldaten, die sehr geringen Neubauvolumina sowie deutliche Mietpreissteigerungen und steigende Mietrenditen dürften perspektivisch für einen relativ starken deutschen Wohn-Investmentmarkt sprechen. Aufgrund des schwachen ersten Halbjahrs und weniger großvolumiger Transaktionen ist für 2023 noch mit einem unterdurchschnittlichen Investmentvolumen zu rechnen. Spätestens 2024 dürften jedoch die Karten neu gemischt werden, gesunde Preisanpassungen nachgeholt worden sein und wieder frisches Kapital in Wohnimmobilien fließen.
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Herausgeber und Copyright: BNP Paribas Real Estate GmbH | Bearbeitung: BNP Paribas Real Estate Consult GmbH | Stand: 30.06.2023