Trends und Entwicklungen des Wohnmarkts in Deutschland
Der deutsche Wohnimmobilienmarkt befindet sich seit Mitte 2022 in einer Preis– und Konsolidierungsphase. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges und dem Ende der Corona-Pandemie sind seit Anfang 2022 die Bau– und Energiekosten signifikant gestiegen.
DIE INHALTE IM ÜBERBLICK
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Prolog [»]
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Wohn-Investmentmarkt Deutschland
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Mietwohnungsmarkt Deutschland
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Marktdaten zu den wichtigen deutschen Städten
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Factsheets zu 110 kreisfreien Städten
INVESTMENTMARKT WEITER IN KONSOLIDIERUNGSPHASE
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Der deutsche Wohnimmobilienmarkt befindet sich seit Mitte 2022 in einer Preis– und Konsolidierungsphase. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges und dem Ende der Corona-Pandemie sind seit Anfang 2022 die Bau– und Energiekosten signifikant gestiegen. Auf die deutlich gestiegenen Verbraucherpreise hat die Europäische Zentralbank mit einer beispiellosen Geschwindigkeit die Leitzinsen von 0 % auf aktuell 4,5 % angehoben. Infolgedessen sind die Finanzierungskosten spürbar angestiegen, wodurch einige Projekte unrentabel wurden.
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Seitdem ist der Preisauftrieb von Eigentumswohnungen zum ersten mal seit Jahren wieder ins Stocken geraten. Im ersten Halbjahr 2023 konnten sich Käufer und Verkäufer von Wohnimmobilien selten auf ein für beide Seiten tragbares Preisniveau einigen. Somit nehmen Investoren weiterhin eine sehr abwartende Haltung ein. Dies wird auch durch das sehr geringe Investmentvolumen von 2,6 Mrd. im ersten Halbjahr 2023 deutlich, welches rund 70 % unter dem langjährigen Durchschnitt notiert.
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Trotz der aktuell schwächeren Marktphase am Wohnimmobilienmarkt lassen insbesondere die gesunden Fundamentaldaten der Nachfrageseite und die sehr geringen Neubauaktivitäten einen stärker als bislang beobachteten Anstieg der Mieten erwarten.
BREITES MIETPREISWACHSTUM ÜBER ALLE STÄDTEKATEGORIEN
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Die Angebotsmieten (Median) sind gegenüber 2021 über alle Städtekategorien hinweg in der Breite, im Vergleich zu vorherigen Jahren, deutlich angestiegen. Mieten im Bestand verteuerten sich um gut +8 %, wohingegen der Neubau sogar einen Mietpreiszuwachs von knapp +12 % verzeichnet.
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Die stärkste Mietspreisdynamik ist aktuell, wie schon im Vorjahr, in den noch relativ günstigen Mittelstädten zu beobachten. Mieten im Bestand verteuerten sich hier gegenüber 2021 um +8,3 % und Mieten im Neubau verteuerten sich mit +14,0 % stark.
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Noch stärker rückläufige Baufertigstellungen als 2022 und die zusätzliche Nachfrage durch Geflüchtete sprechen kurz- und mittelfristig für einen anhaltenden Anstieg der Mietpreise. Vor dem Hintergrund bereits vollzogener und in Erwartung zukünftiger Zweitrundeneffekte, insbesondere in Form deutlich höherer nominaler Lohnzuwächse, sollte die Bezahlbarkeit von Mietwohnungen weiterhin gegeben sein.
MIETEN SEIT 2002 WENIGER STARK GESTIEGEN ALS HAUSHALTSEINKOMMEN
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Die Verbraucherpreise haben sich in den letzten zwanzig Jahren (2002—2022) um rund 41 % verteuert. Die Netto-Haushaltseinkommen konnten jedoch die Inflationsentwicklung übertreffen. 2022 kommen deutsche Haushalte im Durchschnitt auf ein Netto-Haushaltseinkommen, welches rund 49 % über dem von 2002 liegt.
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Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes haben sich in Deutschland zwischen 2002 und 2022 die Netto-Haushaltseinkommen stärker entwickelt als die Mieten. Zumindest in Relation zur Entwicklung der Haushaltseinkommen hat sich die Bezahlbarkeit von Mietwohnungsraum in dieser Zeit also nicht generell verschlechtert.
Entwicklung der Median-Angebotsmieten (Bestand) nach Kreisen zwischen 2014 und H1 2023
- Die Median-Angebotsmiete im Bestand ist zwischen 2014 und dem ersten Halbjahr 2023 in Deutschland im Mittel über alle Landkreise Deutschlands um +43 % angestiegen.
- Regional betrachtet sind in Deutschland in diesem Zeitraum die Median-Angebotsmieten im Bestand jedoch ganz unterschiedlich stark angestiegen.
- Besonders starke Mietpreissteigerungen weisen neben Berlin (+99 %), Rostock (+82 %) und die im Berliner Speckgürtel liegenden Landkreise Dahme-Spreewald (+83 %) und Oberhavel (+75 %) auf. Bayern und Baden-Württemberg sind die beiden Länder mit den höchsten Anteilen an Landkreisen mit relativ hohen Mietpreiszuwachsraten zwischen +40 % und +80 %.
- Landkreise mit einer deutlich geringeren Marktdynamik im Analysezeitraum am Mietwohnungsmarkt clustern sich insbesondere in den neuen Bundesländern und in Teilen Nordrhein-Westphalens.
ANGEBOTSPREISE ERFAHREN EINE SELEKTIVE PREISKORREKTUR
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Vor dem Hintergrund signifikant gestiegener Energiekosten ist die Energieeffizienz von Eigentumswohnungen zu einem zunehmend wichtigen Kaufkriterium geworden. Im ersten Quartal 2022 wurde der zuerst annoncierte Angebotspreis von Eigentumswohnungen noch, sofern eine negative Preiskorrektur stattfand, nur um rund –1 % im Angebot nach unten korrigiert — ungeachtet der Energieeffizienz der Eigentumswohnungen. Ein generell signifikanter Anstieg der nachträglichen negativen Preiskorrektur zwischen dem ersten und dritten Quartal 2022 auf –2,0 % bzw. –2,7 % verdeutlicht jedoch den Beginn der neuen Preis- und Konsolidierungsphase.
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Seit Mitte 2022 ist insbesondere die Preiskorrektur von Eigentumswohnungen mit sehr schlechter Energieeffizienz deutlicher angestiegen und fällt höher aus im Vergleich zu Eigentumswohnungen mit sehr guter Energieeffizienz: Zuletzt wurden Eigentumswohnungen mit sehr schlechter Energieeffizienz im Durchschnitt um 80 Basispunkte stärker im Preis korrigiert. Die Korrektur lag im zweiten Quartal 2023 bei -2,7 %, was im Umkehrschluss das erhöhte Energiebewusstsein auf Käuferseite widerspiegelt.
ENERGIEEFFIZIENZKLASSEN-TAXONOMIE IN DEUTSCHLAND DEUTLICH STRIKTER ALS IN ANDEREN EU-LÄNDERN
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Die Sanierung von Wohnungen im Bestand und das Erreichen einer besseren Energieeffizienz steigern nicht nur die Nachhaltigkeit im weiteren Lebenszyklus, sondern können sowohl für Eigentümer als auch für Mieter und Vermieter Kostenvorteile und bessere Verkaufsmöglichkeiten implizieren.
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Die EU-Vorgabe, dass Wohnimmobilien bis 2030 mindestens die Klasse E erreichen müssen, ist in den EU-Ländern an ganz unterschiedliche Schwellenwerte bzw. Hürden gekoppelt. Die in Deutschland geltende Taxonomie sieht deutlich geringere Schwellenwerte für die einzelnen Energieeffizienzklassen vor als in anderen Ländern. Während eine Wohnimmobilie mit einem Endenergiebedarf von z.B. 270 kWh/m² in Deutschland in die schlechteste Klasse H fällt, würde diese in den Niederlanden noch in die Klasse D eingeordnet werden. Um eine europäische Vergleichbarkeit herzustellen, müssten zunächst die Skalen der Effizienzklassen, deren Schwellenwerte sowie die Rechnungsmethoden der Länder harmonisiert werden.
KEY TAKEAWAYS
- Im ersten Halbjahr 2023 haben sich die Rahmenbedingungen nicht fundamental gegenüber dem Vorjahr verbessert. Die Energiekrise scheint zwar vorerst abgewendet zu sein, jedoch bestimmen weiterhin deutlich gestiegene Finanzierungs–, Bau– und Grundstückskosten und eine hohe Inflation ein für alle Akteure herausforderndes Marktumfeld.
- Steigende negative nachträgliche Preiskorrekturen, insbesondere von energetisch weniger effizienten Bestandswohnungen, verdeutlichen die weiterhin abgeschwächte Nachfrage im Eigentumswohnungsmarkt.
- Für viele durchschnittliche Privathaushalte ist das Mieten, zumindest im Neubausegment, alternativlos geworden. Die Bezahlbarkeit der Mieten ist jedoch, auch bedingt durch teilweise bereits angestoßene Zweitrundeneffekte in Form von Lohnerhöhungen weiterhin gegeben.
- Der Nachfrageüberhang bleibt kurz– und mittelfristig auf dem Mietwohnungsmarkt, bedingt durch anhaltendes Bevölkerungswachstum und die lahmende Bautätigkeit, weiter bestehen. Die Mietpreisniveaus dürften weiter steigen — an nachfragestarken Standorten im Allgemeinen und im Neubausegment besonders in noch eher günstigen Mietwohnungsmärkten im Speziellen.
- Die absehbaren Mietsteigerungspotenziale und die Stabilität der Cashflows machen Wohnungen weiterhin zu sehr soliden Assets.
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