In den ersten drei Quartalen wurde auf den deutschen Investmentmärkten spürbar mehr umgesetzt als im Vorjahreszeitraum. Der Gesamtumsatz mit gewerblichen Immobilien beläuft sich bis Ende September 2024 auf gut 17,9 Mrd. €. Im Vorjahresvergleich entspricht dies einem Ergebnisplus von rund 15 %. Überproportional zugelegt haben vor allem die Umsätze in den A-Standorten. Der bereits im ersten Halbjahr zu beobachtende Aufwärtstrend hat sich also tendenziell fortgesetzt. Spürbar stärker fällt der Anstieg auf dem Wohninvestmentmarkt aus. Mit knapp 5,9 Mrd. € liegt das Investitionsvolumen (ab 30 Einheiten) sogar fast 50 % höher als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Der Gesamtumsatz des deutschen Marktes beläuft sich demzufolge auf fast 23,9 Mrd. €. Dies zeigt die aktuelle Analyse von BNP Paribas Real Estate.
Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
- Mit gut 17,9 Mrd. € notiert der gewerbliche Investmentumsatz 15 % über dem Vorjahreswert
- Das Ergebnis liegt in etwa auf dem Niveau der Jahre 2011 bis 2013
- 78 % (13,98 Mrd. €) entfallen auf Einzeldeals
- Portfolioverkäufe kommen insgesamt auf 3,93 Mrd. €
- Retail-Investments mit gut 4,9 Mrd. € an der Spitze, Logistik-Investments auf Platz zwei mit rund 4,4 Mrd. € vor Büroobjekten mit gut 3,6 Mrd. €
- Berlin liegt wieder an der Spitze der deutschen A-Standorte (2,66 Mrd. €)
- Netto-Spitzenrenditen im dritten Quartal unverändert
- Marktanteil ausländischer Investoren weiterhin bei gut 38 %
- Fast 800 erfasste Transaktionen (nur Gewerbe)
„Die bereits seit Anfang des Jahres zu beobachtende Erholung der Investmentmärkte setzt sich fort. Mit einem Transaktionsvolumen von gut 17,9 Mrd. € wurde der Vorjahreswert um rund 15 % übertroffen. Auch die Zahl der registrierten Verkaufsfälle liegt mit knapp 800 etwa ein Fünftel höher als 2023. Diese insgesamt positive Entwicklung ist besonders bemerkenswert, wenn man gleichzeitig berücksichtigt, dass die Märkte von Seiten der Konjunktur weiterhin Gegenwind spüren“, erläutert Marcus Zorn, CEO von BNP Paribas Real Estate Deutschland. Nach einer leicht optimistischeren Einschätzung im Frühjahr dieses Jahres haben sich die Prognosen aktuell wieder deutlich eingetrübt und gehen eher von einem Nullwachstum oder sogar einem ganz leichten BIP-Rückgang aus. „In der Konsequenz haben sich auch die wichtigsten Stimmungsindikatoren wieder negativ entwickelt. Nachdem der ifo-Geschäftsklimaindex im Frühjahr spürbar angezogen hatte, ist er die letzten vier Monate kontinuierlich gesunken. Ähnlich zeigte sich der Verlauf der ZEW-Konjunkturerwartungen, der ebenfalls seit drei Monaten wieder nach unten zeigt. Dass die Anleger trotzdem sichtbar mehr investieren, spricht dafür, dass sie die langfristigen Perspektiven Deutschlands besser einschätzen als diese momentan vielfach dargestellt werden – auch wenn es bei den einzelnen Assetklassen erhebliche Unterschiede hinsichtlich der mittelfristigen Aussichten gibt“, so Marcus Zorn.
Anders als das insgesamt schwierige konjunkturelle Umfeld wirkt sich die eingeleitete Zinswende positiv auf das Marktgeschehen aus. Aufgrund der rückläufigen Inflationsraten hat die EZB mittlerweile zweimal den richtungsweisenden Einlagenzins auf aktuell 3,5 % gesenkt. Und die FED hat das Zinsniveau in den USA im ersten Schritt sogar um satte 50 Basispunkte reduziert. Vor dem Hintergrund, dass die Inflation in Deutschland im September auf 1,6 % gesunken ist, spricht vieles für weitere Zinsschritte der EZB bis zum Jahresende. „Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Swap-Sätzen wider, die aktuell um mehr als 50 Basispunkte niedriger liegen als Anfang Juli. Die Finanzierungskonditionen dürften sich auch in den folgenden Quartalen verbessern, wodurch auch die Investitionsbereitschaft weiter zunehmen sollte, was für leicht steigende Investmentvolumina auch im vierten Quartal spricht“, ergänzt Nico Keller, Deputy CEO von BNP Paribas Real Estate Deutschland.
Einzelhandelsinvestments verteidigen Platz 1
Wie bereits im ersten Halbjahr führen Einzelhandelsobjekte weiterhin das Ranking der am Gesamtumsatz beteiligten Assetklassen an. Mit einem Transaktionsvolumen von gut 4,9 Mrd. € zeichnen sie für mehr als 27 % des Gesamtergebnisses verantwortlich. Gegenüber dem vergleichbaren Vorjahresresultat entspricht dies einer Zunahme um fast 30 %. Den höchsten Anteil steuern dabei Kaufhäuser mit etwa 1,5 Mrd. € bei. Gerade in diesem Marktsegment vollziehen sich aktuell viele Umstrukturierungen, die mit entsprechenden Verkaufsprozessen einhergehen. In vergleichbarer Größenordnung bewegt sich der Anteil von Geschäftshäusern, wozu nicht zuletzt auch einige Großabschlüsse beigetragen haben, wie der Verkauf der Fünf Höfe sowie der Maximilianstraße 12–14 in München. Über 1,2 Mrd. € des Volumens entfallen darüber hinaus auf Fach- und Supermärkte, wodurch unterstrichen wird, dass insbesondere Märkte mit einem Lebensmittelschwerpunkt unverändert relativ weit oben auf dem Einkaufszettel der Investoren stehen.
Nur knapp hinter den Retail-Objekten folgen Logistikinvestments auf Platz zwei der beteiligten Assetklassen. Mit einem Investmentumsatz von etwa 4,4 Mrd. € liegt ihr Anteil insgesamt bei 24,5 %, womit der Vorjahreswert immerhin um 20 % übertroffen wurde. Bemerkenswert ist, dass am erfreulichen Ergebnis sowohl Einzel- als auch Portfolioabschlüsse umfangreich beteiligt sind. Allerdings haben vor allem Portfoliotransaktionen spürbar zugelegt und ihren Umsatz gegenüber 2023 um rund 40 % gesteigert. Hierdurch wird unterstrichen, dass gerade im Segment großvolumiger Paketverkäufe wieder deutlich mehr Investoreninteresse zu beobachten ist. Ein Indiz hierfür ist auch, dass von 14 Portfoliodeals im dreistelligen Millionenbereich im laufenden Jahr bisher acht im Logistiksegment abgeschlossen wurden.
Weiterhin liegt die dominierende Assetklasse der vergangenen Jahre lediglich auf Platz drei im aktuellen Ranking: Gut 3,6 Mrd. € und damit rund 20 % des Gesamtumsatzes wurden in Büroobjekte investiert. Damit wurde auch etwa ein Fünftel weniger umgesetzt als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Allerdings konnte das Bürosegment seine relative Position gegenüber dem Halbjahresergebnis ein wenig verbessern. Trotzdem stellt es absolut betrachtet das schwächste Ergebnis der vergangenen 15 Jahre dar. Gerade das Bürosegment leidet aktuell stark unter dem konjunkturellen Gegenwind und der eingetrübten Stimmung in der Wirtschaft. Für viele Anleger ist es momentan schwer einzuschätzen, wie sich die Nachfrage nach Büroflächen zukünftig entwickeln wird, was sich in verhaltenen Investmentumsätzen widerspiegelt. Gleichwohl ist aber darauf hinzuweisen, dass der Büroflächenumsatz auf den Vermietungsmärkten in den ersten drei Quartalen etwas höher ausfällt als im Vorjahr und sich bei größerem BIP-Wachstum perspektivisch wieder eine spürbar stärkere Nachfrage abzeichnet.
Den vierten Platz im Ranking sichern sich Hotelimmobilien, die immerhin 5,5 % zum Resultat beisteuern. Mit einem Gesamtumsatz von 992 Mio. € verfehlen sie nur knapp die Milliardenschwelle und bestätigen das schon seit längerem zu beobachtende gestiegene Investoreninteresse damit auch eindrucksvoll in konkreten Transaktionen. Das schwache Vorjahresergebnis können sie um gut 73 % übertreffen. Gegenläufig stellt sich die Entwicklung im Healthcare-Segment dar. Mit gut 720 Mio. € fiel das Resultat 23,5 % niedriger aus als im Vergleichszeitraum 2023.
Deutlich mehr Investmentumsatz mit Einzeltransaktionen
Die positive Entwicklung des Transaktionsvolumens ist in erster Linie auf deutlich gestiegene Investmentumsätze mit Einzeltransaktionen zurückzuführen. Etwa 78 %, entsprechend 13,98 Mrd. €, entfallen auf dieses Marktsegment. Damit konnte das Investmentvolumen des Vorjahreszeitraums um 20 % gesteigert werden. Anders stellt sich die Situation bei Portfolioverkäufen dar. Hier wurde der entsprechende Vorjahreswert mit gut 3,9 Mrd. € in etwa gehalten. Anzumerken ist allerdings, dass sich eine Reihe größerer Portfoliotransaktionen aktuell in Verhandlung und kurz vor Unterzeichnung befinden, sodass davon auszugehen ist, dass bei Paketverkäufen im vierten Quartal eine spürbare Belebung zu verzeichnen sein dürfte.
Der Anteil ausländischer Anleger am Gesamtvolumen mit gewerblichen Immobilien liegt bei gut 38 % und damit auf dem gleichen Niveau wie bereits zum Halbjahr. Grundsätzlich lässt sich ein langsam steigendes Interesse ausländischer Investoren verzeichnen, sodass es nicht überrascht, dass sich ihr Anteil sukzessive wieder dem langjährigen Durchschnitt von gut 40 % annähert.
A-Standorte können deutlich zulegen
„Ein Indiz dafür, dass die Zuversicht auf den Investmentmärkten wieder zunimmt, ist darin zu sehen, dass die A-Standorte erhebliche Umsatzzuwächse verbuchen konnten. Mit einem Investmentvolumen von gut 9,1 Mrd. € konnten sie ihr Ergebnis um mehr als die Hälfte steigern. Nachdem gerade die großen Standorte lange unter den schwierigen Finanzierungskonditionen und den Preisanpassungsprozessen gelitten haben, gehören sie im bisherigen Jahresverlauf eindeutig zu den Gewinnern“, erläutert Nico Keller. Auf Platz eins findet sich Berlin mit einem Umsatz von knapp 2,66 Mrd. €, was einem Plus von fast 47 % entspricht. Wesentlich dazu beigetragen hat der Verkauf des KaDeWe an die thailändische Central Group. Auf dem zweiten Rang folgt München mit 2,05 Mrd. €. In der bayerischen Landeshauptstadt wurde damit, genauso wie in Berlin, bereits in den ersten drei Quartalen die 2-Mrd.-€-Marke überschritten. Vervollständigt wird das Führungstrio von Frankfurt, wo ein Ergebnis von knapp 1,26 Mrd. € erfasst wurde, was einem Anstieg um 50 % entspricht. Ebenfalls mehr als eine Milliarde Euro Investmentvolumen wurde in Hamburg registriert. Mit 1,02 Mrd. € konnte das Vorjahrsergebnis sogar um stolze 59 % verbessert werden. Den mit Abstand stärksten Zuwachs verzeichnet Köln, wo der Umsatz von 924 Mio. € fast eine Verdreifachung des Vorjahreswertes bedeutet. Gleichzeitig ist dies das beste Resultat der letzten drei Jahre. Auf dem gleichen Niveau wie 2023 bewegt sich das Transaktionsvolumen in Düsseldorf mit 771 Mio. €. Der einzige Standort mit einem spürbaren Umsatzrückgang von 24 % ist Stuttgart, wo lediglich 423 Mio. € verzeichnet wurden.
Renditen in allen Marktsegmenten unverändert
Die Stabilisierungsphase der Renditen, die bereits im ersten Quartal 2024 einsetzte, hat sich erwartungsgemäß auch noch im dritten Quartal fortgesetzt. Die Spitzenrenditen liegen demzufolge in allen Assetklassen auf dem gleichen Niveau wie Mitte des Jahres. Ende des dritten Quartals notieren die Netto-Spitzenrenditen für Büroobjekte im Durchschnitt der A-Standorte unverändert bei 4,36 %. Teuerster Standort ist nach wie vor München mit einem Wert von 4,20 %. Nur knapp dahinter folgen gleichauf Berlin und Hamburg mit jeweils 4,25 %. In Köln und Stuttgart sind weiterhin 4,40 % anzusetzen und in Frankfurt und Düsseldorf liegt die Spitzenrendite bei 4,50 %. Im Logistikmarkt beläuft sich die Spitzenrendite nach wie vor auf 4,25 %, und für innerstädtische Geschäftshäuser sind im Durchschnitt der A-Standorte unverändert 3,76 % zu verzeichnen. Bei Fachmarktzentren haben 4,75 % Bestand, und auch Discounter/Supermärkte (4,90 %) und Shoppingcenter (5,60 %) liegen auf dem gleichen Niveau wie im Vorquartal.
Perspektiven
Die weitere Entwicklung der deutschen Investmentmärkte in den nächsten Quartalen wird durch zwei unterschiedliche Trends geprägt werden, die gegenläufige Auswirkungen auf das Marktgeschehen haben. Auf der einen Seite ist die stotternde Konjunktur zu nennen, von der, anders als noch im Frühjahr erhofft, dieses Jahr keine Wachstumsimpulse zu erwarten sind. Im Gegenteil, es ist nicht ganz auszuschließen, dass Deutschland eventuell sogar noch in eine leichte Rezession rutscht. Aus Investorensicht bleibt damit eine gewisse Unsicherheit bestehen, wann die Gesamtwirtschaft in Deutschland wieder stärker anspringt und damit auch die Nutzernachfrage auf den Immobilienmärkten beflügelt. Für das in den nächsten zwei Quartalen zu erwartende Investitionsvolumen könnte diese Situation möglicherweise leicht bremsend wirken.
Auf der anderen Seite haben die großen Notenbanken begonnen, in ersten Schritten die Leitzinsen zu senken. Schaut man sich gleichzeitig die deutlich rückläufigen Inflationsraten an, besteht hier voraussichtlich noch Luft für weitere Zinsschritte in diesem und im nächsten Jahr. Hierdurch werden eine Reihe positiver Effekte ausgelöst, von denen die Immobilienmärkte profitieren sollten. Das sind einerseits deutlich verbesserte Finanzierungskonditionen für Investoren und einhergehend damit ein Ende der Preisfindungsphase, andererseits vermutlich auch eine sich aufhellende Verbraucherstimmung mit steigenden Ausgaben aufgrund der geringeren Inflation bei gleichzeitig erheblichen Lohnsteigerungen. Hiervon sollten die Nutzermärkte profitieren und nicht unerheblich Nachholeffekte ausgelöst werden. Für Investoren bieten sich damit sehr attraktive Einstiegschancen mit erheblichen Wertsteigerungspotenzialen.
In der Gesamtbewertung dieser unterschiedlichen Einflussfaktoren spricht aus heutiger Sicht vieles dafür, dass sich der moderate Aufwärtstrend des laufenden Jahres fortsetzen wird. Mitentscheidend hierfür ist auch die spürbare Aufhellung der Stimmung auf Investorenseite sowie die Verbesserung der mittelfristigen Perspektiven in Bezug auf die Gesamtwirtschaft und die Zins- und Finanzierungslandschaft. Ein sprunghafter Anstieg der Transaktionsvolumina, die in Richtung langfristiger Durchschnitt gehen, dürfte dagegen noch etwas länger auf sich warten lassen.
„Zusammenfassend erwarten wir, dass sich die sukzessive Erholung der Investmentmärkte in den folgenden Quartalen fortsetzen wird. Das Investitionsvolumen im Gesamtjahr dürfte etwa 15 bis 20 % höher ausfallen als im Vorjahr, wobei es zwischen den einzelnen Assetklassen noch Unterschiede geben wird. Vor allem Büroinvestments werden vermutlich noch etwas länger unter dem schwachen konjunkturellen Umfeld und der daraus resultierenden Verunsicherung der Anleger leiden, bevor auch hier wieder ein spürbarer Aufschwung einsetzen könnte. Bezogen auf die Spitzenrenditen ist eine leichte Renditekompression Anfang kommenden Jahres das wahrscheinlichste Szenario, auch wenn für einzelne Assetklassen erste Schritte bereits im Schlussquartal 2024 nicht ganz auszuschließen sind“, fasst Marcus Zorn zusammen.