Deutscher Wohn-Investmentmarkt mit spürbarer Marktbelebung im zweiten Quartal

Wohn-Investmentmarkt Deutschland

Nach einem schwachen Jahresstart konnte eine deutliche Belebung des Investmentgeschehens im zweiten Quartal 2024 auf dem deutschen Wohn-Investmentmarkt registriert werden. Das Investmentvolumen auf den deutschen Wohn-Investmentmärkten konnte gegenüber dem Vorjahr signifikant zulegen. Bundesweit wurden in den vergangenen sechs Monaten 3,3 Mrd. € in größere Wohnungsbestände (ab 30 Wohneinheiten) investiert. Damit wurde das Halbjahresergebnis des Vorjahres um 25 % übertroffen. Jedoch wurde der langjährige Durchschnitt um 59 % unterschritten. Der deutliche Anstieg der Marktdynamik sollte sich in der zweiten Jahreshälfte fortsetzen, vor dem Hintergrund der begonnenen Zinssenkungen der EZB, größtenteils bereits abgewerteten Immobilienbeständen und einer aktuell sehr hohen Mietpreisdynamik. Dies ergibt eine Analyse von BNP Paribas Real Estate.

 

„In den ersten sechs Monaten 2024 belief sich das Investitionsvolumen auf 3,3 Mrd. €, davon 2,5 Mrd. € aus dem zweiten Quartal. Gegenüber dem ersten Quartal 2024 konnte bereits eine spürbar größere Marktdynamik registriert werden, wozu nicht zuletzt die umfangreiche Ankaufstätigkeit seitens der öffentlichen Hand mit einem Marktanteil von 36 % beigetragen hat. Dies spiegelt sich auch in einer im Vergleich zum Vorjahr deutlich höheren Anzahl von rund 125 registrierten Transaktionen wider. Damit zeigt sich, dass angebahnte und fortgeschrittene Verkaufsgespräche zunehmend zum Abschluss kommen. Dieser Trend sollte sich in der zweiten Jahreshälfte weiter fortsetzen“, erläutert Christoph Meszelinsky, Geschäftsführer und Head of Residential Investment der BNP Paribas Real Estate GmbH. „Im ersten Halbjahr konnten wir erstmals wieder ein verstärktes Investoreninteresse im großvolumigen Segment und in Bestandsportfolios beobachten. Dabei konnten erste Transaktionen mit Leuchtturmcharakter verbucht werden, die es für einen weiter an Marktdynamik gewinnenden deutschen Wohn-Investmentmarkt bedarf. Die gesunden Fundamentaldaten auf der Nachfrageseite, insbesondere im Mietwohnungsmarkt, die im Vergleich zu anderen sicheren Assets vergünstigten Bewertungen im Wohnbereich, und die stärkste Mietpreisdynamik seit Jahren sowie der erste Schritt der EZB zu einer wieder expansiveren Geldpolitik sprechen für einen weiter an Fahrt aufnehmenden Wohn-Investmentmarkt in der zweiten Jahreshälfte 2024“, erklärt Meszelinsky weiter.

Großvolumiges Segment dominiert wieder stärker den Markt

In den ersten sechs Monaten wurden in den Größenklassen über 10 Mio. € absolut betrachtet weniger investiert als im langjährigen Durchschnitt. Erfreulich hingegen ist, dass sich der Marktanteil des großvolumigen Segments gegenüber dem ersten Quartal erholt hat. So gehen fast die Hälfte (49 %) des Investmentvolumens auf Deals aus dem Segment über 100 Mio. € (Ø 10 Jahre: 51 %) zurück. Hier wurden immerhin 1,61 Mrd. € investiert. Dies kann als Zeichen für die sich im Abschluss befindliche Konsolidierungsphase gewertet werden. Der Trend einer sich beschleunigenden Marktdynamik im großvolumigen Segment dürfte sich in der zweiten Jahreshälfte fortsetzen. Nichtsdestotrotz ist der Markt insgesamt weiterhin durch eine kleinteiligere Struktur im Vergleich zu den Vorjahren geprägt. So kommt das Segment bis 25 Mio. € auf einen weit überdurchschnittlichen Umsatzanteil (Ø 10 Jahre: 15 %) von 26 % (854 Mio. € Investitionsvolumen). Hingegen tragen mittelgroße Deals (25–50 Mio. €) mit einem Anteil von 9 % weniger als im langjährigen Durchschnitt (Ø 10 Jahre: 16 %) zum Umsatz bei. Mit rund 26 Mio. € hat das durchschnittliche Investmentvolumen je Deal im Vergleich zum ersten Quartal jedoch spürbar zugelegt, was auch als Beleg für die abgeschlossene Konsolidierungsphase gewertet werden darf.

Deutliche Marktanteilsgewinne der Bestandsportfolios

Nach wie vor ist die Verteilung des Investitionsvolumens auf die einzelnen Assetklassen als eher untypisch für die deutschen Wohnungsmärkte zu bezeichnen. Die sonst so dominanten größeren Bestandsportfolios (Ø 10 Jahre: 47 %) kommen auf einen Umsatzanteil von 31 %, tragen damit aber zumindest wieder deutlich mehr zum Umsatz als in den beiden vergangenen Jahren bei. Mit 15 % wurden moderne Bestandsobjekte stark überdurchschnittlich (Ø 10 Jahre: 3 %) nachgefragt. Gründe hierfür dürften die ESG-Konformität und die hohe Nachfrage nach modernen Wohnformen bei abnehmendem Angebot sein.

Die öffentliche Hand ist die mit Abstand stärkste Käufergruppe

Wie schon in den vergangenen Quartalen zu beobachten, kommt US-amerikanisches Kapital auch in den ersten sechs Monaten auf einen überdurchschnittlichen Anteil von rund 12 % (Ø 10 Jahre: 6 %). Deutlich dominanter als noch im Vorjahr ist deutsches Kapital, was 76 % zum Umsatz auf dem deutschen Wohn-Investmentmarkt (Ø 10 Jahre: 75 %) beisteuert. Europäische Käufer kommen mit ebenfalls 12 % auf einen Umsatzanteil im Bereich des langjährigen Durchschnitts.

Gegenüber den vergangenen Jahren hat sich besonders die Käufergruppenstruktur verändert. Die öffentliche Hand ist mit einem Umsatz von rund 1,18 Mrd. € bzw. einem Marktanteil von 36 % (Ø 10 Jahre: 9 %) die mit Abstand stärkste Käufergruppe. Equity/Real Estate Funds können im ersten Halbjahr mit rund 450 Mio. € den zweiten Platz im Käufergruppenranking für sich verbuchen. Weiterhin treten die sonst so dominanten Immobilien AGs/REITs mit einem Umsatzanteil von 1 % bislang kaum auf der Käuferseite in Erscheinung (Ø 10 Jahre: 26 %). Die noch im vergangenen Jahr so starken Family Offices verbuchen einen durchschnittlichen Marktanteil von 4 %.

Berlin mit höchstem je registriertem Marktanteil

Besonders stark wurde das solide Investmentumfeld der A-Städte in den ersten sechs Monaten aufgesucht. Die Big-Six-Städte können einen weit überdurchschnittlichen Anteil von rund 69 % (Ø 10 Jahre: 46 %) für sich verbuchen und dominieren damit das Transaktionsgeschehen auf dem deutschen Wohn-Investmentmarkt. In der Gruppe der Big-Six-Städte sticht besonders Berlin mit dem höchsten je registrierten Umsatzanteil von 57 % heraus. Auch absolut betrachtet sendet die Bundeshauptstadt mit einem Investmentvolumen von 1,87 Mrd. € ein starkes Signal. So wurde der Umsatz aus dem Halbjahr des Vorjahres (790 Mio. €) mehr als verdoppelt und notiert damit ebenfalls signifikant über dem langjährigen Durchschnitt (1,68 Mrd. €). Einen großen Beitrag hierzu steuert der Verkauf eines größeren Bestandsportfolios (700 Mio. €) von Vonovia an das kommunale Wohnungsunternehmen Howoge bei. Solche Transaktionen mit Leuchtturmcharakter untermauern die mittel- und langfristig guten Aussichten auf den deutschen Wohnungsmärkten und das hohe Grundvertrauen in die Bundeshauptstadt.

Renditen bleiben weiter stabil

Wie schon im ersten Quartal sind die Netto-Spitzenrenditen für Neubauobjekte auch im zweiten Quartal unverändert geblieben. München und Berlin sind die teuersten Standorte (3,60 %). Dahinter rangieren Frankfurt bei 3,65 %, Hamburg und Stuttgart bei 3,70 % sowie Düsseldorf bei 3,80 % und Köln bei 4,0 %.

Perspektiven

„Das erste Halbjahr belegt, dass die Konsolidierungs- und Preisfindungsphase nun ihren Abschluss findet. Investoren haben sich mittlerweile mit dem neuen „Normalzustand“ - den anhaltend höheren Finanzierungkosten - arrangiert. Käufer nehmen wieder vermehrt die verbesserte und fundamental gute Nachfrageseite in den Fokus und nutzen die Gunst der Stunde, um Opportunitäten zu realisieren. Zwar konzentrieren sich die Transaktionen noch überdurchschnittlich stark auf das sichere Umfeld der Big-Six-Städte, jedoch konnten schon erste marktbereitende Deals abseits der Top-Standorte beobachtet werden. Gleichzeitig verbessern sich die Rahmenbedingungen weiter. Die Leitzinssenkung durch die EZB im Juni war der erste Schritt des Abstiegs vom Zinsplateau. Vor dem Hintergrund einer in der Tendenz rückläufigen Inflation dürften weitere Schritte in den nächsten Quartalen folgen. Dies wird die Fremdkapitalbeschaffung vereinfachen und Kapitalkosten reduzieren. Die gesunden Fundamentaldaten der Nachfrageseite werden u.a. bestimmt durch einen deutlichen Bevölkerungszuwachs in den letzten zwei Jahren, der sich in abgeschwächter Form kurz- und mittelfristig fortsetzen dürfte. Der Druck auf den Mietwohnungsmarkt bleibt damit weiterhin groß, was bereits seinen Ausdruck in der höchsten Mietpreisdynamik seit vielen Jahren gefunden hat. Angebotsseitig ist jedoch absehbar kaum Entlastung, aufgrund des eingebrochenen Wohnungsneubaus, zu erwarten. Daher spricht ein sich weiter verbesserndes Verhältnis von Angebot und Nachfrage für ein Investment in deutsche Wohnimmobilien. Wir gehen entsprechend von einer fortschreitenden Erholung und deutlich höheren Dynamik am deutschen Wohn-Investmentmarkt in der zweiten Jahreshälfte aus“, fasst Christoph Meszelinsky die weiteren Aussichten zusammen.