Deutscher Wohn-Investmentmarkt setzt Erholung fort

Wohn-Investmentmarkt Deutschland

Nach einem schwachen ersten Quartal setzte eine deutliche Belebung des Investmentgeschehens im zweiten Quartal 2024 auf dem deutschen Wohn-Investmentmarkt ein, die sich auch im dritten Quartal fortsetzte. Das Investmentvolumen auf den deutschen Wohn-Investmentmärkten konnte gegenüber dem Vorjahr signifikant zulegen. Bundesweit wurden im bisherigen Jahresverlauf 5,9 Mrd. € in größere Wohnungsbestände (ab 30 Wohneinheiten) investiert. Damit wurde der langjährige Durchschnitt zwar um 51 % unterschritten, das Vorjahresergebnis allerdings um 50 % übertroffen und zum dritten Quartal bereits das Gesamtvolumen von 2023 erzielt. Darüber hinaus wurden Grundstücke über gut eine halbe Milliarde Euro veräußert. Die deutliche Marktbelebung dürfte sich im Schlussquartal fortsetzen, vor dem Hintergrund des eingeschlagenen geldpolitischen Expansionskurses der EZB, größtenteils bereits abgewerteter Immobilienbestände und einer aktuell sehr hohen Mietpreisdynamik. Dies ergibt eine Analyse von BNP Paribas Real Estate.

„In den ersten neun Monaten 2024 belief sich das Investitionsvolumen auf 5,9 Mrd. €, wovon mit 2,6 Mrd. € fast die Hälfte auf das dritte Quartal zurückgeht. Die spürbare Marktbelebung aus dem zweiten Quartal setzte sich somit auch im dritten fort. Damit übertrifft das Investmentvolumen der ersten neun Monate das Jahresendergebnis aus 2023 bereits jetzt um rund 12 %. Auch im Schlussquartal sollte sich die Dynamik fortsetzen, wenngleich nicht von einer typischen Jahresendrallye wie in den Jahren vor 2022 auszugehen ist“, erläutert Christoph Meszelinsky, Geschäftsführer und Head of Residential Investment der BNP Paribas Real Estate GmbH. „Positiv hervorzuheben ist, dass wieder erste größere Value Add Deals abgeschlossen wurden. Eine erhöhte Anzahl an registrierten großvolumigen Core Deals belegt, dass sich nach den Unsicherheiten der vergangenen Quartale ein marktgängiges Preisgefüge herausgebildet hat. Die ungebrochen hohe Nachfrage im Mietwohnungsmarkt, die anhaltend hohen Mietpreiszuwächse seit Jahresanfang insbesondere in den Top-Standorten und die bereits konsolidierten Bewertungsrelationen in Verbindung mit dem geldpolitischen Expansionskurs sprechen für einen kurz- und mittelfristig weiter an Fahrt gewinnenden deutschen Wohn-Investmentmarkt.“

Großvolumiges Segment über 100 Mio. € mit überdurchschnittlichem Marktanteil

In den ersten neun Monaten wurde in allen Größenklassen absolut betrachtet weniger investiert als im langjährigen Durchschnitt. Eine Ausnahme bildet hier die kleinste Größenklasse bis 10 Mio. €, in der mit 366 Mio. € ein überdurchschnittliches Investmentvolumen verbucht werden konnte. Klar positiv zu werten und ein Beleg für die vorhandene Kapitalverfügbarkeit ist die anziehende Bedeutung von großvolumigen Deals: So gehen 59 % des Investmentvolumens auf Deals aus dem Segment über 100 Mio. € zurück (Ø 10 Jahre: 55 %). Kumuliert wurden hier immerhin 3,5 Mrd. € investiert. Obgleich der deutsche Wohn-Investmentmarkt im Vergleich zu den Vorjahren weiterhin eher kleinteilig geprägt ist, geht der Trend seit Jahresanfang wieder zu im Durchschnitt höheren Investmentvolumina je Transaktion. Mit rund 37 Mio. € hat das durchschnittliche Investmentvolumen je Deal seit Jahresanfang bereits spürbar zugelegt und erreicht in etwa das Niveau aus dem Vorjahresquartal, was als weiteres Indiz für die abgeschlossene Konsolidierungsphase gewertet werden darf.

Forward Deals mit hohem Marktanteil von 33 %

Die strukturelle Verteilung des Investitionsvolumens auf die einzelnen Assetklassen ist zwar nach wie vor nicht unbedingt typisch für die deutschen Wohnungsmärkte, jedoch dominieren größere Bestandsportfolios mit einem Umsatzanteil von 38 % (Ø 10 Jahre: 51 %) wieder deutlich stärker den Markt als in den beiden vergangenen Jahren. Auf überdurchschnittliche Marktanteile kommen Forward Deals mit 33 % (Ø 10 Jahre: 24 %) sowie moderne Bestandsobjekte mit 14 % (Ø 10 Jahre: 5 %). Die Treiber dürften hier die hohe Nachfrage nach modernen Wohnformen bei abnehmendem Angebot und die zunehmende Relevanz von ESG sein.

Immobilien AGs/REITs erstmals wieder vermehrt auch auf der Käuferseite aktiv

Entgegen den vergangenen Quartalen kommt US-amerikanisches Kapital nach den ersten neun Monaten nicht mehr auf einen überdurchschnittlichen Marktanteil. Hingegen notiert der Anteil des asiatischen Kapitals mit 4 % über dem langjährigen Durchschnitt (Ø 10 Jahre: 1 %). Einen wesentlichen Beitrag hierzu leistet eine größere Transaktion an den singapurischen Staatsfonds GIC. Deutsches Kapital trägt rund 84 % zum Umsatz auf dem deutschen Wohn-Investmentmarkt bei (Ø 10 Jahre: 75 %) und dominiert damit deutlich stärker als in den Vorjahren den Markt.

Nach wie vor ist eine veränderte Struktur der Käufergruppen gegenüber den Vorjahren zu beobachten. Die öffentliche Hand ist mit einem Umsatz von rund 1,5 Mrd. € bzw. einem Marktanteil von 25 % (Ø 10 Jahre: 9 %) die mit Abstand stärkste Käufergruppe. Investment-/Asset Manager können in den ersten neun Monaten mit rund 900 Mio. € den zweiten Platz im Käufergruppenranking für sich verbuchen. Auffällig ist, dass Immobilien AGs/REITs mit einem Umsatzanteil von 11 % wieder etwas stärker auf der Käuferseite in Erscheinung treten. Nichtsdestotrotz ist die Dominanz dieser Käufergruppe weiterhin weniger stark ausgeprägt als in den vergangenen Jahren (Ø 10 Jahre: 24 %). Auch Family Offices verbuchen wieder Marktanteilsgewinne und tragen 9 % zum Umsatz bei (Ø 10 Jahre: 4 %).

Berlin dominiert klar den deutschen Wohn-Investmentmarkt

Weiterhin ist das solide Investmentumfeld der A-Städte stark nachgefragt. Die A-Städte zeichnen für einen überdurchschnittlichen Anteil von rund 55 % (Ø 10 Jahre: 48 %) des Investmentvolumens auf dem deutschen Wohn-Investmentmarkt verantwortlich. Besonders die Bundeshauptstadt setzt mit dem höchsten je gemessenen Umsatzanteil (39 %) bzw. einem Investmentvolumen von 2,3 Mrd. € ein starkes Ausrufezeichen. So gehen allein fünf Großdeals über 100 Mio. € aus dem Core/Core Plus-Bereich auf Berlin zurück. Solche Benchmark-Transaktionen belegen das intakte hohe Investoreninteresse an Berlin sowie die mittel- und langfristig guten Perspektiven auf den deutschen Wohnungsmärkten. Jedoch ist auch abseits der A-Städte wieder eine verstärkte Ankauftätigkeit zu registrieren, wie etwa in Leipzig und Dresden mit Investmentvolumina im Bereich von jeweils knapp 200 Mio. €.

Renditen bleiben konstant

Auch im dritten Quartal sind die Netto-Spitzenrenditen für Neubauobjekte gegenüber dem zweiten Quartal unverändert geblieben. München und Berlin sind die teuersten Standorte (3,60 %). Dahinter rangieren Frankfurt bei 3,65 %, Hamburg und Stuttgart bei 3,70 % sowie Düsseldorf bei 3,80 % und Köln bei 4,0 %.

Perspektiven

„Der Anstieg an abgeschlossenen Transaktionen im Allgemeinen und im großvolumigen Segment im Besonderen in den ersten neun Monaten sowie das wiedergekehrte Investoreninteresse im Value Add- Bereich belegen das Auslaufen der Konsolidierungs- und Preisfindungsphase. Unter den großvolumigen Transaktionen konnten bereits erste marktbereitende Deals abseits der Top-Standorte sowie größere bundesweite Portfolios registriert werden. Parallel dazu haben sich die Fundamentaldaten weiter verbessert. Schon in den letzten Monaten wurde deutlich, dass neben fertiggestelltem Neubau bereits auch wieder Forward Deals zum Abschluss kommen. Die zuletzt unter die von der EZB avisierte 2-%-Zielmarke und auf den niedrigsten Stand seit gut dreieinhalb Jahren gesunkene Inflation im Euroraum erhöhen die Wahrscheinlichkeit von ein bis zwei weiteren Zinssenkungen noch in diesem Jahr. Dies dürfte 2025 zu einer besseren Planbarkeit in der Fremdkapitalbeschaffung und zur weiteren Reduktion der Kapitalkosten beitragen. Der deutliche Bevölkerungszuwachs in den letzten zwei Jahren trifft auf eine schwächelnde Angebotsseite aufgrund des eingebrochenen Wohnungsneubaus in Deutschland. Das stark unausgewogene Verhältnis von Angebot und Nachfrage insbesondere in den Top-Standorten artikuliert sich in einer außerordentlich hohen Mietpreisdynamik. So verteuerten sich die Medianangebotsmieten im Neubau etwa in Hamburg um 10 %, in Berlin um 6 % und in München um 5 % allein im ersten Halbjahr 2024. Die hohe Mietpreisdynamik dürfte sich in den kommenden Quartalen fortsetzen. Zusammen mit den vollzogenen Bewertungskorrekturen und den bereits signifikant gesunkenen Anleiherenditen spricht dies für ein Investment in deutsche Wohnimmobilien. Für das Schlussquartal gehen wie von einer ähnlichen Marktdynamik wie in den beiden vergangen Quartalen und von einer sich stärker entfaltenden Erholung am deutschen Wohn-Investmentmarkt im kommenden Jahr aus. Die Chancen stehen gut, dass die Netto-Spitzenrenditen im Neubau 2025 wieder erstmals sinken“, fasst Christoph Meszelinsky die weiteren Aussichten zusammen.