Zur Jahresmitte konnte gemessen an den Umsätzen auf dem Retail-Investmentmarkt bislang keine grundlegende Trendumkehr im Vergleich zum ersten Quartal beobachtet werden: Mit einem Transaktionsvolumen von insgesamt knapp 2,6 Mrd. € bleiben Retail-Investments weiterhin sowohl hinter ihrem Vorjahresergebnis (-36 %) als auch dem langjährigen Durchschnitt (-49 %) zurück. Gleichzeitig schneiden Einzelhandelsobjekte im Assetklassenvergleich allerdings erneut gut ab und positionieren sich nur knapp hinter den Office-Investments (3,2 Mrd. €) und noch vor den Logistiktransaktionen (1,5 Mrd. €). Dies ergibt eine Analyse von BNP Paribas Real Estate.
„Auffallend ist im Vergleich der Objektarten hierbei insbesondere, dass Retail-Assets derzeit die einzige Investmentsparte bilden, in der nennenswerte Marktaktivitäten im Portfoliosegment zu verzeichnen sind. Auch wenn Paketverkäufe mit rund 814 Mio. € zur Jahresmitte zwar kein hohes Volumen generiert haben, tragen Beteiligungen an Shoppingcentern und Galeria-Objekten sowie kleinere Portfolios im Food-Segment immer wieder zur Diversifizierung des Marktgeschehens bei“, erklärt Christoph Scharf, Geschäftsführer und Head of Retail Services der BNP Paribas Real Estate GmbH. Gerade im zweiten Halbjahr dürfte dieses Segment verstärkt als wichtiger Treiber der Investmentaktivitäten im Retail-Sektor fungieren. Bei Einzeldeals (1,8 Mrd. €) fehlen dagegen durch die Rahmenbedingungen auf den Finanzmärkten bislang vor allem die großvolumigeren Transaktionen.
Berlin treibt Umsatz in A-Städten in die Höhe
Die fehlenden Großdeals im dreistelligen Millionenbereich drücken sich im Investmentvolumen der A-Standorte aus. Zwar erreichen die Top-Märkte mit einem Umsatz von 1,25 Mrd. € ein vergleichbares Resultat wie im Vorjahr (1,4 Mrd. €), dies hängt jedoch maßgeblich mit dem Teilverkauf des KaDeWes in Berlin zusammen, der alleine das Gros des Volumens in den A-Städten ausgemacht hat. Neben diesem Deal konnten zum Jahresauftakt lediglich vereinzelte kleinere Transaktionen in den größten Investmentstandorten registriert werden. Insgesamt ist die Zwischenbilanz zunächst allerdings als Momentaufnahme zu werten, die direkt durch die übergeordneten Faktoren mitbestimmt wird.
Das Marktgeschehen auf dem Retail-Investmentmarkt wurde im ersten Halbjahr entscheidend von zwei Objektarten geprägt: Zum einen sind es erneut die Fachmarkt- und hier speziell die Food-Investments, die auf gut 33 % kommen. Zum anderen versuchen Investoren, die hohe Dynamik im Kaufhaussegment für sich zu nutzen, wodurch sich dieses Segment mit knapp 43 % in der Zwischenbilanz an die Spitze des Rankings schiebt. Einen geringeren Einfluss auf das Gesamtergebnis haben dagegen bisher Shoppingcenter (14 %) und Geschäftshäuser (10 %).
Corporates durch KaDeWe vorne, Renditeanstiege über alle Objektarten und Städte
Insbesondere an der Spitze des Rankings zeigt die Verteilung des Investmentvolumens auf die Käufergruppen nach den ersten sechs Monaten bislang ein eher ungewöhnliches Bild: So zeichnen Corporates für die KaDeWe-Anteile und mit insgesamt gut 28 % auch für den höchsten Beitrag des Gesamtumsatzes verantwortlich. In der Fachmarktsparte behaupten sich dagegen erneut Spezialfonds als wichtigste Anleger. Sie sind mit fast 20 % am Volumen beteiligt. Über der 10-%-Marke liegen darüber hinaus noch Immobilienunternehmen, die vor allem durch die Beteiligung an Galeria-Objekten, weitere 14 % zum Gesamtvolumen beisteuern sowie Immobilien AGs/REITs, die mit gut 11 % repräsentiert sind. Bei der Herkunft der Investoren liegen internationale Käufer mit knapp 50 % bislang auf Augenhöhe mit deutschen Anlegern und erzielen damit im Vergleich zu den Gewerbe-Investments insgesamt (42 %) einen überdurchschnittlichen Wert. Dieses Resultat spiegelt jedoch vorerst nur einen Zwischenstand wider, der keinen Markttrend, sondern zunächst den Einfluss der wenigen Großdeals auf die Gesamtbilanz ausdrückt.
Im Jahresverlauf 2022 konnten Retail-Highstreet-Investments noch etwas länger als Büro- oder Logistikobjekte ihre Spitzenrenditen halten, da diese bereits seit mehreren Jahren durch Seitwärtsbewegungen gekennzeichnet waren. Seit der zweiten Jahreshälfte war es jedoch auch im Premium-Highstreet-Sektor kaum möglich, die hohen Preise zu halten. Im ersten Halbjahr mussten weitere Anstiege in den Top-Märkten verzeichnet werden. Im Städte-Ranking der A-Standorte positioniert sich München (3,45 %) aktuell hauchdünn vor Berlin (3,50 %). Hamburg (3,65 %) verweilt auf dem dritten Rang, während Frankfurt und Köln (jeweils 3,75 %) gleichauf liegen und damit Stuttgart (3,80 %) und Düsseldorf (3,90 %) auf die hinteren Plätze verweisen. Weitere Preisanpassungen gab es seit Jahresbeginn aber auch bei den anderen Objektarten: Fachmarktzentren (4,60 %) legten genau wie Supermärkte/Discounter (4,70 %) um 20 Basispunkte zu, bei Baumärkten (5,25 %) und Shoppingcentern (5,10 %) ging es im zweiten Quartal jeweils um weitere 10 Basispunkte nach oben.
„Die übergeordneten Einflussfaktoren haben die Investmentaktivitäten auch im zweiten Quartal assetklassenübergreifend weiter maßgeblich beeinflusst. Hierbei ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Retail-Investmentmarkt aktuell mehr in Bewegung ist als es die Investmentumsätze zunächst vermuten lassen. Zu Gute kommt der Retail-Sparte hierbei ihre diversifizierte Struktur, die Krisenresilienz des Food-Sektors sowie die Dynamik in der Portfoliosparte, die anderen Assetklassen aktuell zu fehlen scheint. Vor dem Hintergrund, dass sich gerade auch in diesem Segment weiterhin mehrere größere Produkte in der Vermarktung befinden, lässt sich für die zweite Jahreshälfte durchaus positiv auf die Entwicklung des Retail-Investmentmarkts blicken“, so Christoph Scharf zu den weiteren Aussichten.