Der europäische Logistikmarkt erwies sich trotz des schwierigen politischen und wirtschaftlichen Umfelds als widerstandsfähig. Niedrige Leerstandsraten und Grundstücksmangel treiben die Mieten weiter in die Höhe. Dieser Trend wird durch die steigenden Baukosten noch verstärkt. Die Aussichten auf weitere Mietsteigerungen stimmen Investoren positiv, weshalb die Kapitalmärkte in ganz Europa hohe Transaktionsvolumina verzeichneten – obwohl Ende 2022 im Zuge der Preiskorrektur eine Abkühlung erfolgte. Dies ergibt eine Analyse von BNP Paribas Real Estate.
2022 verzeichnete der Logistikmarkt in den sechs führenden europäischen Märkten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Polen und Spanien) zwar einen Rückgang um 10 %, lag jedoch immer noch über dem 5-Jahresdurchschnitt. Das Gesamtvolumen von 27 Mio. m² (Flächen ab 5.000 m²) kann sich neben dem Ausnahmeergebnis von 2021 sehen lassen. „Das Wirtschaftswachstum im Jahr 2022 stützte die Vermietungsmärkte weiter, der Flächenumsatz ging jedoch in einigen Ländern zurück. Die Mieternachfrage nach Flächen zur Effizienzsteigerung nahm zu. Strukturelle Veränderungen im Konsumverhalten der Verbraucher begünstigten das weitere Wachstum des Onlinehandels, wodurch der Bedarf an Logistikflächen weiter stieg. Die Bauzeiten und die Verfügbarkeit von Grundstücken sind in den Märkten ausschlaggebend, in denen die Leerstandsrate deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von 4 % liegt. Neue Projektentwicklungen hinken der Nachfrage immer noch hinterher, und es werden nur wenig spekulative Projekte gestartet”, sagt Craig Maguire, Head of European Logistics bei BNP Paribas Real Estate.
In Deutschland entwickelte sich der Logistikmarkt 2022 besonders dynamisch und verfehlte nur knapp die 8-Mio.-m²-Marke. Jedoch übertraf er deutlich das durchschnittliche Ergebnis von 6 Mio. m² von 2017 bis 2020. Die verlangsamte Dynamik im zweiten Halbjahr ist vor allem auf das mangelnde Angebot zurückzuführen, das sich in den entsprechenden Märkten immer stärker bemerkbar macht. Der Anstieg der Baukosten führte zu deutlichen Mietsteigerungen in Hamburg, München und Köln.
Der Vermietungsmarkt in Großbritannien verzeichnete 2022 einen Rückgang von 19 %, konnte aber nach dem außergewöhnlichen Flächenumsatz im Vorjahr seine Dynamik aufrechterhalten. Der Flächenumsatz von 4,9 Mio. m² ist insbesondere auf das strukturelle Wachstum im Bereich des Onlinehandels und der Optimierung der Lieferketten zurückzuführen. Der akute Mangel an Neubauflächen treibt das starke Mietwachstum an.
In Polen verzeichnete der Flächenumsatz einen Rückgang von 21 %, erreichte aber mit 4,5 Mio. m² das zweithöchste Ergebnis in seiner Geschichte. Der Markt blieb dynamisch, verlor aber in der zweiten Jahreshälfte etwas an Schwung. Durch die niedrigen Leerstandsraten und die steigenden Kosten stehen die Mieten unter Druck. Im Zuge dessen stiegen die Spitzenmieten im Jahr 2022 an den wichtigsten Logistikstandorten stark an (von 41-44 €/m²/Jahr auf 49-59 €/m²/Jahr). In Warschau stieg die Spitzenmiete auf 117 €/m²/Jahr.
In Frankreich ging der Flächenumsatz lediglich um 13 % auf 3,9 Mio. m² zurück. Die starke Nachfrage nach großen Lagerhallen gab dem Markt zum Jahresanfang zusätzlichen Auftrieb, stabilisierte sich jedoch in der zweiten Jahreshälfte. Das Angebot bleibt in den meisten Märkten knapp, sodass sich die Leerstandsrate mit weniger als 3 % auf dem Tiefststand befindet. Aufgrund des anhaltend intensiven Wettbewerbs um erstklassige Immobilien ist mit Mietsteigerungen in Spitzenlagen zu rechnen.
In den Niederlanden stieg der Flächenumsatz um 3 % auf 3,6 Mio. m². Das Angebot an neu gebauten Lagerhallen wird immer knapper, sodass sich Mieter zunehmend für hochwertige Bestandsimmobilien entscheiden. Die robuste Nachfrage und der Angebotsmangel setzen die Mieten nach wie vor unter Druck.
In Spanien stieg der Flächenumsatz um 8 % auf 2,3 Mio. m². Der Markt erzielte 2022 einen weiteren Rekord und verbuchte eine der stärksten Wertentwicklungen in Europa. Dabei wurde das Marktgeschehen insbesondere durch den E-Commerce und den Lebensmitteleinzelhandel angekurbelt. Durch die niedrigen Leerstandsraten besteht Potenzial für weitere Mietpreissteigerungen.
Das Investitionsvolumen im Industrie- und Logistiksegment erreichte den historisch zweithöchsten Stand, auch wenn die Marktdynamik deutlich nachlässt
Im Jahr 2022 wurde ein Rückgang des Investitionsvolumens um 19 % auf 56 Mrd. € verzeichnet, obwohl es fast 15 Mrd. € höher ausfiel als im Jahresdurchschnitt 2017 bis 2020. „Auch nach fünf Jahren, in denen herausragende Investitionsvolumina erzielt werden konnten, ist der Markt weiterhin attraktiv für Käufer. Der Investmentmarkt wurde jedoch durch die zunehmende Angebotsknappheit und die grundlegenden Veränderungen des gesamtwirtschaftlichen und finanziellen Umfelds herausgefordert”, so Craig Maguire. Die Rückkehr zu geldpolitischer Normalität auf globaler Ebene hat die Zinssätze in weniger als sechs Monaten auf das Niveau, das vor der globalen Finanzkrise verzeichnet wurde, steigen lassen. Die Risikoprämie hat sich aufgrund des starken Zinsanstiegs bei 10-jährigen Anleihen deutlich verringert. Der rasche Anstieg der Zinsen führte zu einer Preiskorrektur, wovon das Logistiksegment von allen Immobiliensektoren am stärksten betroffen war. Der Investitionsstopp führte zu einem deutlichen Anstieg der Logistikrenditen.
Diese Entwicklung könnte noch weiter anhalten, zumindest bis zum Ende der Zinserhöhungen, die laut der meisten Prognosen bis Mitte 2023 erfolgen werden. Ein Großteil des Renditeanstiegs bei Prime-Objekten dürfte bereits erfolgt sein, während die Preise für Objekte außerhalb des Top-Segments wahrscheinlich auch im Jahr 2023 noch intensiv verhandelt werden.
Der Investmentmarkt für Industrie und Logistik in Großbritannien verzeichnete einen starken Rückgang des Investitionsvolumens gegenüber dem Vorjahr (-32 % auf 14,4 Mrd. € im Jahr 2022). Dies ist auf ergebnislose Verhandlungen und vom Markt genommene Objekte zurückzuführen. Die Spitzenrendite ist 2022 um 175 Basispunkte gestiegen. Deutschland erzielte ein Rekordvolumen von 10,1 Mrd. €. Dieses Ergebnis ist vor allem auf Großabschlüsse im ersten Quartal zurückzuführen. Die Spitzenrendite ist um 85 Basispunkte gestiegen und auch für dieses Jahr kann von einem weiteren Anstieg ausgegangen werden. In Frankreich kam es aufgrund der starken Marktdynamik nur zu einem geringen Rückgang um 6 % auf 6,4 Mrd. €. Die Spitzenrenditen stiegen 2022 um 60 Basispunkte auf 3,80 %. Diese Entwicklung dürfte sich 2023 weiter fortsetzen.
In den Niederlanden war die Marktaktivität überwiegend gut, bis sie sich im vierten Quartal ebenfalls verlangsamte. Angesichts der starken Nachfrage könnte die Renditeanpassung im ersten Halbjahr 2023 zu einer Ankurbelung der Investitionsaktivität führen.
Italien verzeichnete im vergangenen Jahr ebenfalls ein Rekordvolumen, wobei der Anstieg um 28 % auf Portfoliodeals zurückzuführen ist. Die Rendite stieg um 40 Basispunkte auf 4,4%.
In Spanien nahm das Investitionsvolumen 2022 um 40 % ab, lag aber immer noch über dem 5-Jahresdurchschnitt. Der Rückgang im Schlussquartal führte zu einem Anstieg der Spitzenrendite bei Big-Box-Objekten um 95 Basispunkte.
Polen erzielte nach dem Rekordergebnis aus 2021 ein um 16 % niedrigeres Ergebnis, das mit 1,8 Mrd. € in etwa dem Jahresdurchschnitt seit 2017 entspricht.