Nach dem herausragenden Jahresauftakt hat sich das Marktgeschehen auf dem Stuttgarter Investmentmarkt im zweiten Quartal deutlich verlangsamt. Wurden mit Hilfe der alstria-Übernahme durch Brookfield im ersten Quartal noch über 760 Mio. € in Stuttgarter Gewerbeimmobilien angelegt, überschritt das Investitionsvolumen im zweiten Quartal nicht die 100-Mio.-€-Schwelle. Dies ergibt die Analyse von BNP Paribas Real Estate.
„Dank des starken Jahresstarts toppt das Volumen zur Jahresmitte dennoch den Vorjahreswert um 78 % und liegt zudem fast ein Viertel über dem langjährigen Schnitt. Aufgrund der im Stuttgarter Marktgebiet lokalisierten Objekte aus dem alstria-Portfolio ist der Anteil von Immobilien, die innerhalb von Paketverkäufen den Eigentümer wechselten, mit 62 % außerordentlich hoch. Werden nur Einzelverkäufe berücksichtigt, bleibt das Volumen in etwa ein Fünftel unter dem Vorjahreswert“, erläutert Philipp Benseler, Stuttgarter Niederlassungsleiter der BNP Paribas Real Estate GmbH.
Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum hat sich das durchschnittliche Volumen pro Asset von rund 22 Mio. € auf rund 33 Mio. € erhöht. Ursächlich hierfür ist das deutlich gestiegene Investitionsvolumen speziell in den beiden Segmenten zwischen 25 und 100 Mio. €. So hat sich das Volumen in der Kategorie 50 –100 Mio. € in etwa verdoppelt, sodass diese insgesamt für knapp ein Drittel des Resultats verantwortlich zeichnet. Das Volumen von kleineren Transaktionen zwischen 25 und 50 Mio. € hat sich dagegen sogar verdreifacht und sie kommen auf einen Anteil von 22 %. Der Beitrag von Assets im dreistelligen Millionenbereich liegt mit gut 27 % in etwa auf dem Vorjahresniveau, wohingegen Immobilien für 10 bis 25 Mio. € auf einen Anteil 11 % zurückgefallen sind. Tatsächlich ist das Volumen aber sogar höher als zur Jahresmitte 2021. Relativ wie absolut weniger wurde dagegen in der kleinsten Kategorie unter 10 Mio. € investiert (knapp 7 %).
Höherer Büroanteil aufgrund von alstria-Immobilien
Mit über 80 % des Resultats entfällt ein erheblicher Anteil des Marktgeschehens auf Büroimmobilien. In der Vergangenheit lag ihr Beitrag in der Regel bei unter zwei Dritteln. Ursächlich hierfür ist erneut die alstria-Übernahme, durch die eine Vielzahl von Stuttgarter Büroobjekten den Eigentümer wechselten. Mit knapp 10 % erzielen Logistikimmobilien ein ebenfalls sehr gutes Ergebnis, und auch in Hotels wurde überdurchschnittlich viel investiert, obgleich sie anteilig mit knapp 9 % gegenüber dem sehr starken Vorjahreswert deutlich zurückfallen. Die Umsatzbeiträge von Einzelhandelsimmobilien und allen übrigen Assetklassen sind dagegen mit jeweils weniger als 1 % von untergeordneter Bedeutung.
Auch wenn die Nebenlagen im Stuttgarter Marktgebiet eine traditionell starke Rolle einnehmen, entfällt zur Jahresmitte 2022 mit fast 62 % ein außergewöhnlich hoher Anteil auf diese dezentralen Lagen. Begründet ist dies unter anderen mit dem Umstand, dass ein Großteil der alstria-Objekte hier lokalisiert ist. Der im Vorjahreszeitraum noch starke Cityrand fällt dagegen auf einen Anteil von nur noch gut 14 % zurück, was auch im längeren Vergleich einem eher geringen Beitrag entspricht. Gleiches gilt für die peripheren Lagen, die nach dem außerordentlich hohen Anteil aus 2021 derzeit 17 % beitragen. Der Beitrag der im Prinzip begehrten, zentralen City-Lagen ist mit 7 % erneut sehr gering. Nach wie vor ist hier das Angebot außerordentlich begrenzt, sodass nur selten Produkt auf den Markt kommt.
Equity Funds stellen fast zwei Drittel des Ergebnisses, Renditen in Q2 teilweise gestiegen
Wie zu Jahresbeginn wird die Käuferseite in Folge der alstria-Übernahme durch Brookfield von Equity/Real Estate Funds dominiert. Mit einem Anteil von über 64 % gehen zwei von drei investierten Euros auf ihr Konto. Traditionell starke Investoren wie Spezialfonds und Investment/Asset Manager folgen mit weitem Abstand mit Beiträgen von gut 10 % bzw. knapp 8 % auf den weiteren Podiumsplätzen. Ebenfalls die 5 %-Hürde geknackt haben die eigenkapitalstarken Käufergruppen Corporates mit gut 7 % sowie Family Offices mit knapp 7 %. Beim Anteil ausländischer Investoren schlägt sich erneut die alstria-Übernahme nieder: Mit 73 % ist dieser zur Jahresmitte auf dem höchsten Niveau der vergangenen Jahre.
Die veränderten Rahmenbedingungen haben auch am Stuttgarter Markt Spuren hinterlassen. So sind erstmals seit der Finanzkrise die Renditen zumindest in einigen Assetklassen wieder gestiegen. Für Büroimmobilien liegt die Netto-Spitzenrendite zur Jahresmitte bei 2,90 % und damit 15 Basispunkte über dem Vorquartal. Auch im Logistiksegment war ein Anstieg zu beobachten, der mit einem Plus von 10 Basispunkten auf 3,10 % jedoch etwas geringer ausfiel. Stabil blieb dagegen vorerst das Preisniveau für Premium-Geschäftshäuser in den besten Lauflagen, die mit einer Spitzenrendite von 3,20 % ohnehin etwas höher anzusetzen sind.
„Der starke Jahresauftakt hat dem Stuttgarter Investmentmarkt ein gutes Halbjahresergebnis beschert, wobei sich das Marktgeschehen im zweiten Quartal verlangsamt hat. Vor dem Hintergrund des Zinsanstiegs liegen die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern trotz des bereits erfolgten Renditeanstiegs besonders im Core-Segment nach wie vor etwas auseinander. Die Findung einer neuen, gemeinsamen Basis dürfte noch einige Monate beanspruchen. Bis zum Jahresende dürfte das Investmentgeschehen allerdings wieder anziehen“, fasst Philipp Benseler die Aussichten zusammen.