Mit einem Transaktionsvolumen von knapp 1,1 Mrd. € schneidet der Healthcare-Investmentmarkt im Jahr 2023, wie auch die anderen Assetmärkte, unterdurchschnittlich ab. Der langjährige Durchschnitt (2,4 Mrd. €) wurde im abgelaufenen Jahr um rund 55 % verfehlt. Dies zeigt die aktuelle Analyse von BNP Paribas Real Estate.
„Im Vergleich zu den anderen Assetklassen fällt der Rückgang jedoch etwas moderater aus. Die 2023 sprunghaft gestiegenen Zinsen haben den Healthcare-Investmentmarkt in eine Konsolidierungs– und Preisfindungsphase versetzt. Die Gemengelage aus den Nachwirkungen der Pandemie und einer hohen Preisinflation haben deutlich negative Auswirkungen auf das Betreiberrisiko, da entstandene Kosten häufig nicht vollumfänglich bzw. unmittelbar an den Kunden weitergegeben werden können“, erklärt Christoph Meszelinsky, Geschäftsführer und Head of Residential Investment der BNP Paribas Real Estate GmbH. Daher mangelt es weiterhin an adäquaten neuen Produkten mit entsprechend attraktiven Betreiberverträgen. Ein weiterer Grund für das schwache Investmentgeschehen am deutschen Healthcare-Investmentmarkt ist der wesentlich erschwerte Zugang zu Fremdkapital und die stark verschlechterten Finanzierungskonditionen. Daneben haben strukturelle Probleme bereits zu einigen größeren Insolvenzen in der Branche geführt, wodurch gerade risikoaverse Investoren sich in Zurückhaltung üben. Dies spiegelt sich deutlich in dem geringen Volumen (458 Mio. €) durch Portfoliodeals wider, welches rund 70 % unter dem langjährigen Durchschnitt liegt.
Betreutes Wohnen vergleichsweise stark, Projektentwicklungen gehen deutlich zurück
Pflegeimmobilien tragen mit knapp 60 % (655 Mio. €) wie üblich mehr als die Hälfte zum Transaktionsvolumen bei (Ø 10 Jahre: 69 %). Gesundheitsimmobilien (schwerpunktmäßig Ärztehäuser, Kliniken & MVZ) kommen auf einen Umsatzanteil von rund 19 %. Mit 205 Mio. € wurde der langjährige Durchschnitt jedoch um rund 65 % verfehlt. Das Rekordergebnis dieses Segments aus dem Vorjahr wurde um rund 82 % unterschritten. Hingegen wird für betreutes Wohnen ein vergleichsweise solider Wert (234 Mio. €) notiert. Mit 21 % ist dies der höchste Umsatzanteil dieses Segments innerhalb der vergangenen zehn Jahre (Ø 10 Jahre: 7 %).
Das Volumen von Projektentwicklungen ist deutlich von 755 Mio. € im Vorjahr auf rund 247 Mio. € zurückgegangen. Vor dem Hintergrund des insgesamt geringen Investmentvolumens bleibt der Anteil von Projektentwicklungen mit knapp 23 % jedoch recht konstant. In Anbetracht der deutlich verschlechterten Finanzierungsbedingungen und der stark gestiegenen Gestehungskosten ist es nicht verwunderlich, dass auch deutlich weniger Forward Deals angeschoben wurden.
Segment 50-100 Mio. € vergleichsweise solide, Spezialfonds dominieren
Ein Grund für das insgesamt schwache Investmentgeschehen ist das Ausbleiben von großvolumigen Paketverkäufen. In dem Segment über 100 Mio. € konnte 2023 kein Deal verzeichnet werden. Jedoch kommt das Segment der mittelgroßen Transaktionen zwischen 50 und 100 Mio. € auf einen relativ hohen Anteil von knapp 40 %. Mit einem Investmentvolumen von 434 Mio. € wird in diesem Segment der geringste Rückgang gegenüber dem Vorjahr (‑33 %) registriert. Die Größenkategorien 25-50 Mio. € und 10-25 Mio. € steuern mit 28 % bzw. 30 % jeweils rund ein Drittel zum Investmentumsatz bei. Der stärkste Rückgang ist indes im Segment der kleinen Deals bis 10 Mio. € zu verzeichnen. Nur 28 Mio. € sind auf dieses Segment zurückzuführen.
Wie in den beiden Vorjahren wird die Verteilung des Investitionsvolumens klar von Spezialfonds dominiert. Sie tragen knapp 72 % bzw. 783 Mio. € zum Ergebnis bei und liegen damit mit großem Abstand vor den zweitplatzierten Corporates, die knapp 14 % des Umsatzes auf sich vereinen. Indes kommen dahinter geschlossene Fonds, die öffentliche Hand und Investment/Asset Manager nur auf Umsatzanteile im einstelligen Prozentbereich.
Vor dem Hintergrund der schnellen und deutlichen Anhebung der europäischen Leitzinsen haben sich auch die Finanzierungskosten für Immobilien im Jahresverlauf deutlich verteuert. Wie schon im Vorjahr setzten die Renditen für Pflegeimmobilien ihre Aufwärtsbewegung fort. So ist für die Netto-Spitzenrendite ein Plus von 40 Basispunkten seit der Jahresmitte auf nun 4,90 % zu verzeichnen. Damit notiert die Spitzenrendite nichtsdestotrotz weiterhin deutlich unter dem Niveau von 2014, wo die Spitzenrendite bei 6,25 % lag.
„Die Gemengelage aus einer deutlich erschwerten Beschaffung vom Fremdkapital, stark angezogenen Finanzierungskosten und strukturellen Problemen lastet auf den deutschen Immobilienmärkten. Trotz einer nach wie vor hohen Nachfrage nach Pflegeeinrichtungen, vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft, wirken sich diese Faktoren derzeit negativ auf den deutschen Healthcare-Investmentmarkt aus. In Erwartung eines weiteren Preisrückgangs haben institutionelle Investoren im Jahresverlauf 2023 größtenteils eine abwartende Haltung eingenommen, wodurch kaum größere Transaktionen getätigt wurden. Vieles spricht jedoch derzeit für stabile bzw. leicht fallende Zinsen im Jahr 2024. In Kombination mit gesunden Fundamentaldaten auf der Nachfrageseite und in Erwartung deutlich rückläufiger Baufertigstellungszahlen ist 2024 wieder mit einem allmählichen Anstieg der Investmentaktivitäten im Jahresverlauf zu rechnen“, fasst Christoph Meszelinsky die Aussichten zusammen.