Der bundesweite Logistikmarkt sah sich im laufenden Jahr der Herausforderung gegenübergestellt, an die beiden Rekordresultate aus den Vorjahreszeiträumen anknüpfen zu müssen. Auch wenn ihm dies mit einem Lager- und Logistikflächenumsatz von insgesamt rund 4,5 Mio. m² nach den ersten drei Quartalen nicht gelingen konnte (-32 % gegenüber Q1-3 2022), ist die Nachfragesituation durch die konjunkturellen und geopolitischen Unsicherheitsfaktoren zwar als etwas verhaltener, insgesamt allerdings weiterhin als gut zu bewerten (lediglich -12 % ggü. dem Zehnjahresschnitt). Zu den wichtigsten Determinanten, die sich hierbei limitierend auf das Gesamtergebnis beim Flächenumsatz ausgewirkt haben, gehören in erster Linie die herausfordernden Rahmenbedingungen für Projektentwicklungen, die weitere Verknappung des Flächenangebots in und außerhalb der großen Logistikregionen sowie die zunehmende Bedeutung von Vertragsverlängerungen in Bestandsimmobilien. Wie sich diese Treiber auf die einzelnen Branchen, Standorte und Mieten ausgewirkt haben, hat BNP Paribas Real Estate anhand der wichtigsten Kennzahlen zum bundesweiten Logistikmarkt in den ersten neun Monaten analysiert.
Automobilbranche kurbelt Vermietungsgeschehen durch Großdeals an, Logistikdienstleister an den großen Standorten stark vertreten
Ein differenziertes Bild ergibt sich vor allem bei den Nachfrageimpulsen der unterschiedlichen Nutzergruppen: Während in den vergangenen Jahren im Zuge der stetig gestiegenen Bedeutung des
E-Commerce-Sektors in erster Linie Handelsunternehmen zu den wichtigsten Umsatztreibern zählten, liegen diese aktuell mit knapp 19 % nur noch auf Position drei im aktuellen Branchen-Ranking. Für eine hohe Vermietungsdynamik sorgen derzeit dagegen Unternehmen aus dem Automotive-Sektor, die mit Daimler Truck in Halberstadt (260.000 m²), Volkswagen in Salzgitter (210.000 m²), eines weiteren namhaften Autobauers in Bitterfeld-Wolfen (86.000 m²) und BMW in Pilsting (73.000 m²) die vier größten Abschlüsse des laufenden Jahres auf sich vereint haben. Hierdurch getrieben konnte die Industrie- und Produktionsbranche mit einem Umsatz von knapp 2 Mio. m² ihr bereits sehr hohes Vorjahresergebnis, das unter anderem durch die Tesla-Gigafactory erzielt wurde, egalisieren und mit gut 44 % im langjährigen Vergleich sogar den höchsten Marktanteil überhaupt erreichen. „Gut abgeschnitten haben jedoch auch Logistikdienstleister, die in der bundesweiten Betrachtung mit fast 28 % zwar einen niedrigeren Wert als noch vor 12 Monaten beitrugen, gleichzeitig jedoch in den Top-Märkten mit über 40 % die wichtigste Nachfragergruppe darstellen. Die hohe Bedeutung für Unternehmen, die eigenen Lieferketten vor allem in großen Metropolregionen sukzessive weiter zu verbessern und um innenstadtnahe Logistikzentren zu ergänzen, kommt hierbei zum Tragen“, so Christopher Raabe, Geschäftsführer und Head of Logistics & Industrial der BNP Paribas Real Estate GmbH. Alle sonstigen Branchen kommen auf weitere knapp 10 % des Gesamtergebnisses.
Parallel zu den Entwicklungen des gesamten Flächenumsatzes hat auch das Volumen, dass auf den Neubausektor entfallen ist, ebenfalls um rund ein Drittel auf fast 3 Mio. m² (anteilig 67 %) nachgegeben. Einen entscheiden Beitrag hierzu konnten in erster Linie die vorgenannten Großdeals von Daimler Truck, Volkswagen und BMW liefern.
Fast alle Top-Märkte angebotsbedingt mit niedrigeren Flächenumsätzen, Aufwärtstrend beim Mietpreisniveau hält weiter an
Die acht bedeutendsten deutschen Logistikstandorte (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leipzig und München) konnten in den ersten neun Monaten nicht mit ihrer Vorjahresbilanz Schritt halten und ordnen sich mit einem Flächenumsatz von rund 1,49 Mio. m² knapp 40 % unter ihrem Wert aus den ersten drei Quartalen 2022 ein. Eine insgesamt moderate Dynamik im Projektentwicklungssektor und die Bestrebung vieler Nutzer, Vertragsverlängerungen wahrzunehmen sind in diesem Zusammenhang hauptursächlich dafür, dass vor allem größere Gesuche oftmals weder in Neubau- noch in Bestandsobjekten realisiert werden können. Auffallend ist zudem, dass mit Leipzig (264.000 m²), Hamburg (246.000 m²), Frankfurt (245.000 m²), Berlin (231.000 m²), München (221.000 m²) und dem Ruhrgebiet (238.000 m²) gleich sechs Top-Logistikregionen vergleichbare Ergebnisse innerhalb einer relativ kleinen Umsatzspanne verbucht haben. Dies ist als Indiz dafür zu werten, dass sich die wichtigsten Metropolen vergleichbaren Rahmenbedingung mit jeweils angespannten Vermietungsmärkten und mehr oder weniger verschärften Flächenengpässen ausgesetzt sehen. Lediglich Düsseldorf (180.000 m²) und Köln (106.000 m²) liegen mit ihren Resultaten unterhalb der 200.000-m²-Marke, wobei auch hier in der Regel die Nachfrage das verfügbare Angebot übersteigt. Demzufolge verwundert es nicht, dass sich der Aufwärtstrend bei den Mietpreisniveaus im Jahresverlauf standortübergreifend weiter fortgesetzt hat. Im Durchschnitt ging es in den vergangenen 12 Monaten sowohl bei den Spitzen-, als auch bei den Durchschnittsmieten um weitere rund 12 % nach oben. Teuerster Standort bleibt hierbei weiter München (10,50 €/m²), aber auch Hamburg liegt inzwischen über der 8-€/m²-Marke (8,10 €/m²). Dahinter folgen Berlin (7,90 €/m²), Frankfurt (7,75 €/m²), Düsseldorf und Köln (jeweils 7,50 €/m²). Deutlich um 16 % beziehungsweise 18 % zugelegt haben auch das Ruhrgebiet (6,90 €/m²) und Leipzig (5,80 €/m²).
Nachfrageentwicklung von Konjunkturaussichten und Angebotssituation abhängig
„Der bundesweite Logistikmarkt wird auch zum Jahresende voraussichtlich kein Ergebnis im Bereich der beiden ausgezeichneten Vorjahresbilanzen erzielen können. Nichtsdestotrotz hat das Marktgeschehen in den ersten drei Quartalen gezeigt, dass die Nachfragebasis für Logistikflächen dennoch als sehr vielschichtig zu bewerten ist. Während sich Produktionsunternehmen derzeit vorwiegend außerhalb der Top-Märkte aktiv zeigen, sind es innerhalb der A-Standorte die Logistikdienstleister, die für hohe Nachfrageimpulse sorgen. Mit verbesserten Konjunkturaussichten ist zudem davon auszugehen, dass auch der Umsatzanteil von Handelsunternehmen am Marktgeschehen wieder anziehen dürfte. Darüber hinaus hat sich der Vermietungsmarkt auch angebotsbedingt im laufenden Jahr an vielen größeren Standorten zu Gunsten der kleinen innenstadtnahen Flächen sowie der gut angebundenen mittelgroßen Logistikzentren gedreht. Diese sorgen zwar für eine hohe Dynamik ohne hierbei jedoch wie die großen Big-Box-Vermietungen entscheidend auf den Flächenumsatz einzuwirken. Auf der Angebotsseite sorgen Untervermietungen zunehmend für Entlastung, sind hierbei jedoch eher vereinzelt Lösungen für vorwiegend kleinere Gesuche. Großgesuche bleiben dagegen in der Regel abhängig von den Entwicklungen innerhalb des Neubausektors. Im Zuge der skizierten Verschärfung der Angebots-und- Nachfrage-Relation stehen auch die Mietpreise weiter unter Aufwärtsdruck. Hierbei ist jedoch zukünftig nicht mehr von einer derart dynamischen Entwicklung wie in den vergangenen Jahren auszugehen“, fasst Bastian Hafner, Head of Logistics & Industrial Advisory der BNP Paribas Real Estate GmbH, die Aussichten zusammen.