2019 wurden bundesweit gut 73,4 Milliarden Euro in Gewerbeimmobilien investiert. Damit wurde der erst im letzten Jahr aufgestellt Rekordumsatz pulverisiert und noch einmal um gut 19 % übertroffen. Erstmals wird mit dem neuen Allzeithoch die 70-Milliarden-Euro-Schwelle übersprungen. Rechnet man noch die Investitionen in Wohnimmobilien (ab 30 Einheiten) hinzu, die sich auf rund 19,5 Milliarden Euro belaufen, ergibt sich ein Gesamtumsatz von fast 93 Milliarden Euro. Dies zeigt die Analyse von BNP Paribas Real Estate. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
- Mit gut 73,4 Milliarden Euro (+19 %) wurde erstmals die 70-Milliarden-Euro-Schwelle übertroffen und eine neue historische Bestmarke aufgestellt.
- Neuer Rekordumsatz auch bei Einzeldeals mit knapp 51,4 Milliarden Euro (+12 %)
- Paketverkäufe mit starkem Umsatzplus (+42 %) und drittbestem Resultat aller Zeiten (gut 22 Milliarden Euro)
- Büro-Investments mit 53 % (38,7 Milliarden Euro) klare Nummer eins der Assetklassen
- Sowohl Berlin (12,8 Milliarden Euro) als auch München (knapp 10,7 Milliarden Euro) durchbrechen die 10-Milliarden-Euro-Marke
- Netto-Spitzenrenditen haben an allen A-Standorten weiter leicht nachgegeben
- Anteil ausländischer Käufer mit 41 % im langjährigen Durchschnitt
- Mehr als 1.700 erfasste Transaktionen (nur Gewerbe)
„Zwar zeichnete sich bereits Anfang des zweiten Halbjahres ab, dass ein neues Rekordergebnis nicht auszuschließen ist, die Marktdynamik gerade im letzten Quartal hat aber alle Erwartungen noch einmal deutlich übertroffen. Die Attraktivität der deutschen Investmentmärkte ist demzufolge nicht nur ungebrochen groß, sondern kann sowohl im internationalen Kontext als auch im Vergleich zu anderen Assetklassen sogar noch zulegen. Unterstrichen wird diese Aussage dadurch, dass sowohl nationale als auch internationale Anleger weiterhin händeringend auf der Suche nach attraktiven Anlageobjekten sind und ihr Investitionsvolumen noch einmal signifikant gesteigert haben. Als Beispiele stehen der von BNP Paribas Real Estate begleitete Verkauf des Millennium-Portfolios für gut 2,5 Milliarden Euro, das sich Commerzreal gesichert hat und bei der ein überproportional großes Interesse von deutschen und global aktiven Investoren zu verzeichnen war. Aber auch die Übernahme des kanadischen REIT Dream Global durch Blackstone für gut 3 Milliarden Euro (deutscher Anteil) untermauert das große Interesse. Auch der in den ersten drei Quartalen bereits zu beobachtende Trend einer zunehmenden Beteiligung an bestehenden Beständen, teilweise auch mit vergleichsweise geringen Prozentsätzen, hat sich fortgesetzt. Im Gesamtjahr belief sich dieses Marktsegment auf gut drei Milliarden Euro, was gemessen am Gesamtumsatz aber immer noch einen relativ geringen Anteil darstellt“, erläutert Piotr Bienkowski, CEO von BNP Paribas Real Estate Deutschland.
„Ausschlaggebend für die Dynamik der Märkte ist eine Vielzahl von Gründen. Als wichtigste Rahmenbedingung ist das unverändert gute Finanzierungsumfeld anzusehen, sodass auch bei niedrigen Renditen ein erheblicher Spread zu Staatsanleihen besteht und gleichzeitig eine im Vergleich zu anderen Assetklassen auskömmliche Eigenkapitalverzinsung gegeben ist. Dies gilt insbesondere, wenn man das Rendite-Risiko-Profil berücksichtigt. Darüber hinaus spielen die weiterhin guten Perspektiven der Nutzermärkte eine entscheidende Rolle, wie der 2019 noch einmal gestiegene Büroflächenumsatz in Deutschland belegt, der erneut die 4 Millionen m²-Schwelle übertroffen hat und das zweitbeste jemals registrierte Resultat darstellt. Die etwas schwächelnde Konjunktur im vergangenen Jahr wurde scheinbar von übergeordneten Trends wie weiter sinkenden Arbeitslosenzahlen, der demografischen Entwicklung, dem War for Talents und einer sich insgesamt gut entwickelnden Dienstleistungsbranche überlagert. Die damit einhergehenden Mietsteigerungen bilden die Voraussetzung, um auch bei hohen Einstiegspreisen zukünftige Wertsteigerungspotentiale zu realisieren. Dies gilt nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass wichtige Stimmungsindikatoren wie der Ifo- oder ZEW-Index bereits wieder anziehen, sodass eine Stabilisierung bzw. leichte Erholung der Wirtschaft 2020 immer wahrscheinlicher wird. Fasst man die skizzierten Einflussfaktoren zusammen, dann überrascht es nicht, dass Anleger weiter händeringend auf der Suche nach Immobilieninvestments sind. Nicht nur eine im Vergleich attraktive Rendite, sondern auch eine relativ hohe Sicherheit, gerade im Kontext mit globalen Risikofaktoren, sind aus Investorensicht nachhaltige Gründe für ein umfassendes Engagement“, so Piotr Bienkowski.
Beigetragen zur neuen Bestmarke hat eine positive Entwicklung sowohl von Einzel- als auch Portfoliotransaktionen. Mit knapp 51,4 Milliarden Euro verzeichnen Einzeldeals ein neues Rekordvolumen, womit das im Vorjahr aufgestellte Allzeithoch nochmal um knapp 12 % übertroffen wurde. Ihr Anteil am Gesamtumsatz liegt bei 70 % und damit leicht unter dem zehnjährigen Durchschnitt. Überproportional zugelegt haben Paketverkäufe, die den Vorjahreswert um gut 42 % auf rund 22 Milliarden Euro steigern konnten. Nur 2006 und 2007 konnte ein noch besseres Resultat erzielt werden. Mit über 9,2 Milliarden Euro entfallen fast 42 % auf Büroportfolios, bei denen in den Vorjahren häufig noch ein Angebotsmangel zu verzeichnen war.
Da der Büroanteil bei Einzelverkäufen noch höher ausfällt, tragen sie mit knapp 53 % über die Hälfte zum gesamten Transaktionsvolumen bei und können mit rund 38,7 Milliarden Euro ebenfalls eine neue Bestmarke aufstellen. Hier spiegeln sich die starken Nutzermärkte, steigende Mieten und die auch mittelfristig weiterhin sehr guten Perspektiven der deutschen Büromärkte eindrucksvoll wider. Auf Platz zwei finden sich Einzelhandelsobjekte, die mit einem Volumen von fast 12,9 Milliarden Euro knapp 18 % zum Ergebnis beisteuern und ihr Vorjahresresultat um 15 % steigern können. Zwar tragen einige große Portfoliotransaktionen wie die Übernahme der Kaufhof-Objekte durch Signa, die zu den größten Abschlüssen des Jahres zählt, wesentlich zum Umsatz bei, aber auch andere Einzelhandelsimmobilien, insbesondere Fachmärkte und Nahversorger, stießen auf großes Investoreninteresse. Auf Logistikimmobilien entfallen gut 10 %, was einem Transaktionsvolumen von rund 7,5 Milliarden Euro entspricht. Dies stellt das zweitbeste jemals registrierte Ergebnis dar und entspricht einer Steigerung um knapp 5 %. Ebenfalls den zweitbesten Wert erreichen Hotelverkäufe, die auf gut 5 Milliarden Euro kommen und das Vorjahresergebnis um knapp ein Viertel übertreffen. Damit liegen sie erst das zweite Mal über der 5- Milliarden-Euro-Schwelle. Im tendenziell wachsenden Segment der Healthcare-Immobilien wurden knapp 2,2 Milliarden Euro umgesetzt (+11 %), was das zweitbeste Ergebnis nach 2016 darstellt.
Ausländische Käufer konnten ihren Anteil aufgrund eines starken vierten Quartals etwas ausbauen und kommen insgesamt auf einen Umsatzanteil von knapp 41 %, was dem durchschnittlichen Niveau der letzten zehn Jahre entspricht. Traditionell sind sie vor allem im Portfoliosegment besonders stark, wo sie mit fast 56 % sogar für den größten Teil des Volumens verantwortlich zeichnen. Absolut betrachtet haben sie mit fast 30 Milliarden Euro so viel investiert wie schon seit über zehn Jahren nicht mehr. Am aktivsten waren erwartungsgemäß europäische Anleger, die auf einen Anteil von 19 % kommen, gefolgt von nordamerikanischen Investoren mit rund 13 %. Jeweils etwa 4 % steuern asiatische Anleger und Käufer aus dem Nahen Osten zum Ergebnis bei, was einem absoluten Investitionsvolumen von jeweils knapp 3 Milliarden Euro entspricht.
„Auch die deutschen A-Standorte (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München, Stuttgart) haben ihre Rekordjagd fortgesetzt und legen um gut 20 % zu, sodass mit 46,56 Milliarden Euro wiederum eine neue Bestmarke aufgestellt wurde. Nachdem im letzten Jahr Frankfurt als erste deutsche Stadt die 10-Milliarden-Marke geknackt hatte, muss sich die Bankenmetropole dieses Jahr mit gut 8,94 Milliarden Euro (-13 %) mit Rang drei begnügen. Trotzdem stellt dies das zweitbeste Resultat aller Zeiten dar. Unangefochtener Spitzenreiter ist dagegen Berlin mit 12,8 Milliarden Euro (+72 %). Die Hauptstadt eilt weiter von Rekord zu Rekord und steht nicht zuletzt bei ausländischen Investoren sehr hoch im Kurs, die für über die Hälfte des Umsatzes verantwortlich sind“, betont Marcus Zorn, Deputy CEO von BNP Paribas Real Estate Deutschland. Eine neue Bestmarke stellt auch München auf: Mit fast 10,7 Milliarden Euro (+60 %) liegt die bayerische Landeshauptstadt bundesweit auf Platz zwei und erzielt als dritte deutsche Stadt mehr als 10 Milliarden Euro innerhalb eines Jahres. Auf dem vierten Platz folgt Hamburg, wo 4,4 Milliarden Euro umgesetzt wurden. Für ein noch besseres Resultat fehlte in der Hansestadt ein ausreichendes Angebot, sodass der Vorjahreswert um etwa ein Viertel verfehlt wurde. Neue Allzeithochs verzeichneten demgegenüber die beiden rheinischen Metropolen Düsseldorf und Köln. Erstmals mehr als 4 Milliarden Euro wurden in Düsseldorf umgesetzt (4,12 Milliarden Euro; +6 %), sodass die erst im Vorjahr aufgestellte Bestmarke bereits wieder gerissen wurde. Auch Köln hat sehr stark zugelegt und das Resultat um 60 % auf über 3,1 Milliarden Euro gesteigert. Nur knapp das im Vorjahr aufgestellte Allzeithoch verfehlt hat dagegen Stuttgart. Hier wurde ein Transaktionsvolumen von 2,48 Milliarden Euro erfasst und damit lediglich gut 2 % weniger als 2019.
„Die starke Nachfrage der Investoren sowie der unverändert positive Spread zu AAA-Staatsanleihen, von denen immer noch viele negativ rentieren, aber auch zu vielen Corporate Bonds mit Investment Grade Qualität, haben den Druck auf die Renditen aufrechterhalten, sodass die Spitzen-Netto-Anfangsrenditen an allen A-Standorten auch im letzten Quartal noch einmal leicht nachgegeben haben. In Berlin liegt sie mit 2,60 % weiter am niedrigsten, allerdings muss sich die Hauptstadt den Spitzenplatz jetzt mit München teilen, wo ebenfalls 2,60 % anzusetzen sind. Gemeinsam auf dem dritten Platz folgen Frankfurt und Hamburg mit jeweils 2,80 %. Außerhalb der vier absoluten Top-Standorte, also in Köln, Düsseldorf und Stuttgart, sind sie ebenfalls leicht gesunken und notieren mittlerweile bei 3,00 %“, ergänzt Marcus Zorn.
„Auch wenn nicht jedes Jahr ein neuer Rekord aufgestellt werden kann, spricht vieles für ein erneut überdurchschnittliches Transaktionsvolumen im Jahr 2020. Verantwortlich für diese Einschätzung ist eine ganze Reihe von Gründen. Unterstützend wirken dürften die verbesserten Aussichten für eine wieder anziehende Konjunktur, insbesondere im Dienstleistungsbereich und einer weiterhin stabilen bis positiven Arbeitsmarktsituation. Hierdurch werden die Nutzermärkte gestärkt, was zu perspektivischen Wertsteigerungspotentialen führt. Gleichzeitig mehren sich die Anzeichen dafür, dass sich große Risiken, vor allem der Handelsstreit zwischen den USA und China sowie der Brexit, entspannen könnten. Hiervon wird die globale Konjunktur spürbar profitieren. Und last but not least ist unverändert viel Kapital am Markt, das tendenziell sogar noch anwachsen dürfte. Hierfür sprechen nicht nur in diesem Jahr auslaufende deutsche Anleihen im hohen dreistelligen Milliardenbereich, sondern auch das spürbar gewachsene Privatvermögen, das überproportional in Sichteinlagen „geparkt“ ist. Sollten die Kreditinstitute Negativzinsen auf private Girokonten ausweiten, wovon aus heutiger Sicht auszugehen ist, wird auch hier ein erheblicher zusätzlicher Anlagebedarf entstehen. Da gleichzeitig keine Änderung der Zinspolitik der EZB absehbar ist, Bonds nach Ansicht vieler Großbanken auch 2020 negativ rentieren werden und auch sichere Corporate Bonds kaum Rendite abwerfen, wird ein erheblicher Teil des zusätzlich auf die Märkte kommenden Kapitals nach Immobilieninvestments Ausschau halten. Untermauert wird diese Einschätzung dadurch, dass sich bereits wieder eine ganze Reihe großvolumiger Einzel- als auch Portfoliodeals in konkreter Vermarktungsvorbereitung befinden“, erläutert Piotr Bienkowski.
„Im globalen Kontext mehren sich außerdem die Anzeichen dafür, dass sich Risiken wie der Handelsstreit zwischen den USA und China entspannen könnten oder der Brexit endlich einer Umsetzung zugeführt wird. Hierdurch dürften sich bestehende Unsicherheiten etwas verringern und sich gleichzeitig die Planungssicherheit der Unternehmen erhöhen. Andererseits drohen neue Risiken, insbesondere im Zusammenhang mit den aktuellen Entwicklungen im Nahost-Konflikt. Insgesamt müssen sich die Kapitalmärkte also auch 2020 auf schwer kalkulierbare Risiken einstellen. In einem solchen Umfeld rücken vergleichsweise sichere Anlagen in den Blickpunkt vieler Investoren, was nicht zuletzt den deutschen Investmentmärkten zu Gute kommen könnte. Vor diesem Hintergrund gehen wir auch für 2020 von einem Transaktionsvolumen jenseits der 60 Milliarden Euro aus. Gleichzeitig ist nicht auszuschließen, dass die Renditen weiter leicht nachgeben, solange sich der Spread zu vergleichsweise sicheren Alternativanlagen weiterhin so positiv darstellt wie momentan“, fasst Bienkowski die Aussichten zusammen.