Das aufgrund der veränderten Finanzierungsbedingungen aktuell schwierige Marktumfeld ist auch auf dem Berliner Investmentmarkt spürbar. Wie an allen anderen Standorten ist die Findungsphase für neue und nachhaltige Preisniveaus noch nicht abgeschlossen. In der Konsequenz führt dies zu deutlich geringeren Transaktionsvolumina als in den Vorjahren. Im bundesweiten Vergleich hat sich die Hauptstadt trotzdem vergleichsweise gut geschlagen. Mit einem Investmentumsatz von knapp 1,3 Mrd. € im ersten Quartal wurde der Vorjahreswert um gut 48 % und der zehnjährige Durchschnitt um 22 % verfehlt. Dies ergibt die Analyse von BNP Paribas Real Estate.
„Vor dem Hintergrund des sehr ambitionierten Umfelds ist es aber erstaunlich, dass der langjährige Schnitt bei Einzeltransaktionen sogar leicht um knapp 4 % übertroffen werden konnte. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass ein sehr großer Anteil des Resultats auf den Anteilsverkauf des KaDeWe zurückzuführen ist, wo die Harng Central Department Store Ltd. aus Thailand mit knapp 50 % eingestiegen ist. Mehrere hundert Millionen Euro entfallen alleine auf diese Transaktion. Allerdings ist der Berliner Markt traditionell häufig durch einen hohen Anteil außergewöhnlicher Großdeals geprägt“, erklärt Jan Dohrwardt, Geschäftsführer der BNP Paribas Real Estate GmbH und Berliner Niederlassungsleiter. Mit dem Ergebnis von deutlich über einer Milliarde Euro Umsatz steht Berlin unangefochten an der Spitze aller deutschen Standorte. München, als zweitplatzierte Stadt, registriert nur gut 540 Mio. € Transaktionsvolumen.
Zwei Drittel entfallen auf Großabschlüsse
Knapp zwei Drittel des Investmentvolumens entfallen auf Großabschlüsse im dreistelligen Millionenbereich. In den letzten fünf Jahren lag der Wert durchschnittlich bei gut der Hälfte. Selbst für die Hauptstadt ist der hohe Anteil demzufolge ein außergewöhnlicher Wert, in dem sich insbesondere der anteilige Verkauf des KaDeWe widerspiegelt. Verkäufe zwischen 50 und 100 Mio. € steuern weitere 17 % zum Ergebnis bei und die Größenklasse von 25 bis 50 Mio. € kommt auf 10 %. Absolut betrachtet wurde wie erwartet in allen Marktsegmenten ein geringerer Umsatz erfasst.
Der angesprochene Großdeal schlägt sich auch in der Verteilung des Umsatzes nach Assetklassen nieder. Etwa 62 % des Ergebnisses entfallen demzufolge auf den Einzelhandel, der üblicherweise eher im Bereich zwischen 15 und 20 % liegt. Auf Platz zwei folgen Büroobjekte, die auf einen Umsatzanteil von rund 22 % kommen. Hotelverkäufe steuern weitere 5 % bei, womit sie relativ betrachtet im langjährigen Schnitt liegen. Etwas geringer als üblich fällt der Anteil von Logistikobjekten aus, deren Beitrag ebenfalls im Bereich von 5 % notiert.
Über 80 % des Umsatzes in den Citylagen
Gerade in schwierigen und unsicheren Zeiten stehen zentrale Lagen mit nachhaltig und langfristig guter Standortqualität im Fokus der Anleger. Dies zeigt sich auch im Hauptstadtmarkt. Gut 82 % des Umsatzes wurden im ersten Quartal in den Berliner Citylagen getätigt, wobei der mit Abstand größte Anteil auf den KaDeWe-Abschluss entfällt. Auch die Cityrand-Lagen kommen mit einem Umsatzanteil von knapp 17 % noch auf nennenswerte Investmentumsätze. Demgegenüber wurde in der Topcity keine größere Transaktion realisiert. Gerade hier und insbesondere bei Core-Objekten schlägt sich die noch nicht abgeschlossene Preisfindungsphase aktuell in sehr geringer Marktaktivität nieder.
Ungewöhnlich zeigt sich die Verteilung der Käufergruppen. Da hinter der Harng Central Department Store Ltd., die beim KaDeWe eingestiegen ist, der thailändische Kaufhausbetreiber Central Group steht, haben sich Corporates mit fast 56 % klar an die Spitze der Käufergruppen gesetzt. Auf Rang zwei folgen Staatsfonds, die weitere knapp 12 % zum Ergebnis beisteuern. Vervollständigt wird das Führungstrio von Projektentwicklern, die mit knapp 11 % ebenfalls auf einen zweistelligen Umsatzbeitrag kommen. Hier zeigt sich, dass sie trotz der aktuell schwierigen Marktsituation weiter von den langfristig guten Perspektiven der Hauptstadt überzeugt sind.
Renditeanstieg noch nicht ganz abgeschlossen
Dass die gestiegenen Finanzierungskosten das Marktgeschehen weiter bestimmen, kommt in den nochmals gestiegenen Renditen zum Ausdruck. Nachdem die Notenbanken die Leitzinsen im ersten Quartal 2023 weiter angehoben haben, sind die Kaufpreise nochmals gesunken. Die Netto-Spitzenrendite für Büros ist demzufolge um 20 Basispunkte auf jetzt 3,40 % gestiegen. Auch innerstädtische Geschäftshäuser zeigen eine vergleichbare Entwicklung und notieren aktuell bei 3,30 %. Ein leichter Anstieg war auch im Logistiksegment zu beobachten, wo mittlerweile als Netto-Spitzenrendite 3,95 % anzusetzen sind.
Perspektiven
„Der Berliner Investmentmarkt dürfte sich auch im weiteren Jahresverlauf in einem schwierigen Fahrwasser bewegen. Solange der Zinsgipfel nicht erreicht ist, wird eine gewisse Unsicherheit auf Investorenseite anhalten. Erst wenn sicher ist, dass die Notenbanken die Zinserhöhungen abgeschlossen haben, dürfte sich der Preisfindungsprozess spürbar beschleunigen. Wann dieser Punkt im weiteren Jahresverlauf erreicht sein wird und demzufolge auch die Investmentumsätze wieder spürbar zulegen werden, ist aus heutiger Sicht nicht sicher zu beantworten. Unbestritten scheint aber, dass das Transaktionsvolumen 2023 erheblich hinter den Vorjahresergebnissen zurückbleiben wird“, fasst Jan Dohrwardt die Aussichten zusammen.