Trotz des Pandemie-Umfelds entwickeln sich die deutschen Wohn-Investmentmärkte positiv. Das Interesse seitens der Investoren ist ungebrochen groß, so wurden in den ersten sechs Monaten bundesweit knapp 9,9 Mrd. € in größere Wohnungsbestände (ab 30 Wohneinheiten) investiert. Dies ergibt die Analyse von BNP Paribas Real Estate.
„Damit liegt das Ergebnis zwar 16 % niedriger als im Vorjahreszeitraum, was aber aufgrund der im Jahr 2020 getätigten Übernahme der Adler Real Estate durch Ado Properties wenig aussagekräftig ist. Da in diesem Jahr bislang noch kein vergleichbarer Mega-Deal registriert wurde, bietet sich eher der zehnjährige Schnitt als Vergleichsmaßstab an, der um fast 14 % übertroffen wurde. Wie gut das Resultat ausgefallen ist, zeigt sich, wenn man nur das zweite Quartal betrachtet. Hier wurde mit knapp 3,5 Mrd. € das beste Q2-Transaktionsvolumen der letzten sechs Jahre erzielt“, erläutert Christoph Meszelinsky, Geschäftsführer der BNP Paribas Real Estate GmbH und Head of Residential Investment. Insgesamt wurden bislang 17 Verkäufe im dreistelligen Millionenbereich registriert. Ein Indiz für das unverändert lebhafte Marktgeschehen ist auch die Anzahl der erfassten Deals, die erneut im Bereich von 200 Transaktionen liegt. Limitierend wirkt momentan lediglich das nicht ausreichende Angebot. Ein Mehrfaches des investierten Kapitals wartet an der Seitenlinie darauf, ebenfalls in deutsche Wohnimmobilien angelegt zu werden.
Neue Bestmarke für Projektentwicklungen
Zwar stellen Bestandsportfolios erneut den Löwenanteil am Umsatz, mit knapp 53 % fällt dieser aber spürbar kleiner aus als in den meisten Vorjahren. Einen neuen Rekordumsatz haben demgegenüber Projektankäufe aufgestellt. Insgesamt steuern sie über 3,07 Mrd. € zum Ergebnis bei, womit sie ihre bisherige Bestmarke aus dem Jahr 2018 um knapp 40 % übertreffen. Hinsichtlich des Gesamtumsatzes zeichnen sie damit für gut 31 % verantwortlich und bewegen sich damit auf einem Niveau, das bislang nur einmal (2017) erreicht wurde. Die Anleger setzen also auf eine weiterhin positive Entwicklung der Wohnungsmärkte mit entsprechenden Wertsteigerungspotenzialen. Auf Sonderwohnformen, zu denen unter anderem Studentenwohnheime und betreutes Wohnen zählen, entfallen 858 Mio. € (knapp 9 %).
Nachfrage in allen Marktsegmenten, breite Investorenpalette
Mit rund 49 % entfällt knapp die Hälfte des Resultats auf Großdeals im dreistelligen Millionenbereich. Der Anteil fällt allerdings deutlich unterproportional aus und liegt etwa 11 Prozentpunkte niedriger als im zehnjährigen Schnitt. Im Vorjahreszeitraum lag er beispielsweise bei gut 71 %. Alle übrigen Größenklassen konnten dagegen ihre Umsatzanteile ausbauen. Auf Rang zwei folgen Deals zwischen 50 und 100 Mio. € (23 %) und auf dem dritten Podiumsplatz Verkäufe von 25 bis 50 Mio. € (gut 16 %).
Anders als in einigen Vorjahren, als Immobilien AGs aufgrund von Übernahmen einsam an der Spitze standen, sind aktuell eine Vielzahl unterschiedlicher Investoren am Marktgeschehen beteiligt. Führend sind Spezialfonds mit einem Umsatzanteil von 27 %, gefolgt von Pensionskassen mit 15,5 %. Aber auch die öffentliche Hand, überwiegend durch ihre Wohnungsgesellschaften, sowie Immobilien AGs und Investment Manager steuern Umsätze zwischen 9 und 10 % bei. Die Ausgewogenheit des Anlegerspektrums unterstreicht das Vertrauen in deutsche Wohnungsbestände mit stabilen und sicheren Cashflows. Der Anteil ausländischer Käufer fällt mit gut 24 % vergleichsweise hoch aus.
Preise steigen weiter
Aufgrund des zu geringen Angebots und des hieraus resultierenden Wettbewerbs um attraktive Investmentprodukte hält der Druck auf die Preise weiter an. Dies gilt sowohl für Bestands– als auch Neubauobjekte. An den deutschen A-Standorten liegen die Netto-Spitzenrenditen im Neubausegment mittlerweile bei 2,75 % oder niedriger. Am teuersten ist es erwartungsgemäß in München, wo eine Spitzenrendite von 2,55 % anzusetzen ist. Aber auch in Berlin liegt sie mittlerweile bei 2,65 %.
Nachdem der Anteil der A-Standorte am bundesweiten Investmentumsatz letztes Jahr deutlich gesunken war, ist er im laufenden Jahr wieder auf rund 49 % gestiegen und erreicht damit wieder ein Spitzenniveau. Insgesamt wurden 4,83 Mrd. € in die sieben großen Metropolen investiert, was dem besten Ergebnis seit 2015 entspricht. Das höchste Volumen entfällt erneut auf Berlin mit 1,44 Mrd. €, gefolgt von München (954 Mio. €), Frankfurt mit 753 Mio. € und Hamburg, wo 678 Mio. € erfasst wurden. Aber auch in Düsseldorf, Köln und Stuttgart wurden im ersten Halbjahr größere Investmentumsätze erfasst, die sich in einer Bandbreite zwischen 270 Mio. € und 380 Mio. € bewegen.
Perspektiven
„Auch für die zweite Jahreshälfte ist von einer starken Nachfrage mit entsprechend hohen Umsätzen auszugehen. Deshalb sind vereinzelt weiter sinkende Renditen nicht auszuschließen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Übernahme der Deutsche Wohnen AG durch Vonovia mittlerweile vom Kartellamt genehmigt wurde, sodass ein Abschluss der Transaktion im zweiten Halbjahr wahrscheinlich ist. Damit zeichnet sich, getrieben durch diese Großakquisition, ein neuer, einmaliger Rekordumsatz ab. Unter Einbezug des genannten Deals erscheint ein Jahresergebnis zwischen 45 und 50 Mrd. € durchaus realistisch. Zusammen mit dem gewerblichen Investmentvolumen besteht damit eine gewisse Chance, dass in diesem Jahr erstmals die magische Grenze von 100 Mrd. € übertroffen werden könnte“, fasst Christoph Meszelinsky die Aussichten zusammen.