Die bereits in den ersten drei Quartalen lebhafte Marktdynamik hat zum Jahresende noch einmal deutlich zugenommen. Aufgrund eines bärenstarken Schlussquartals konnte für das Gesamtjahr mit gut 64,1 Mrd. € der zweithöchste jemals erzielte Investmentumsatz mit Gewerbeimmobilien registriert werden. Das Vertrauen der Investoren in die deutschen Märkte ist trotz der wieder gestiegenen Corona-Inzidenzen ungebrochen groß. Das aktuelle Resultat liegt damit knapp 23 % über dem zehnjährigen Durchschnitt. Berücksichtigt man noch die Investitionen in Wohnimmobilien (ab 30 Einheiten), die sich auf 51 Mrd. € summieren, beläuft sich das Gesamtvolumen auf gut 115 Mrd. €. Erstmalig wird damit die 100-Mrd.-€-Marke überschritten – und das deutlich. Dies zeigt die aktuelle Analyse von BNP Paribas Real Estate. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
• Mit 64,1 Mrd. € erzielt der Investmentumsatz den zweithöchsten Wert aller Zeiten
• Anteil von Einzeldeals bleibt mit rund 75 % (rund 48 Mrd. €) überproportional hoch
• Portfolioverkäufe mit einem Viertel (knapp 16 Mrd. €) etwas unterdurchschnittlich
• Büro-Investments mit 48 % (knapp 31 Mrd. €) unangefochten wichtigste Assetklasse
• Berlin bleibt führender Investitionsstandort (11,2 Mrd. €)
• Netto-Spitzenrenditen im vierten Quartal teilweise weiter gesunken
• Ausländische Käufer mit rund 39 % Marktanteil in etwa auf Vorjahresniveau
• Über 1.600 erfasste Transaktionen (nur Gewerbe)
„Die bereits in den Vorquartalen zu beobachtende Dynamik auf den gewerblichen Investmentmärkten hat zum Jahresende noch einmal deutlich zugenommen. Mit einem Transaktionsvolumen von ca. 24,7 Mrd. € wurde das zweitbeste Schlussquartal aller Zeiten verzeichnet. Auch im Gesamtjahr konnte dadurch mit 64,1 Mrd. € ein außergewöhnlich gutes Ergebnis erzielt werden, das Rang zwei in der ewigen Bestenliste entspricht. Nur im Ausnahmejahr 2019 wurde dieser Wert, vor allem aufgrund einiger großer Portfoliotransaktionen, noch deutlich übertroffen“, erläutert Marcus Zorn, CEO von BNP Paribas Real Estate Deutschland. Bemerkenswert ist dieses Spitzenresultat insbesondere, wenn man berücksichtigt, dass es durchaus eine ganze Reihe von Störfaktoren gab. Seien es die Lieferengpässe bei den Vorprodukten, die stark gestiegene Inflation oder nicht zuletzt die wieder anziehenden Corona-Fallzahlen und das Auftauchen der schwer einzuschätzenden Omikron Variante. Das alles hat sich in der Gesamtwirtschaft stimmungsdämpfend bemerkbar gemacht, was sich auch im gesunkenen ifo-Index widerspiegelt. Es zeigt sich aber auch, dass Immobilienkäufer langfristig orientiert sind und für Anleger die nachhaltigen Fundamentaldaten und Aussichten entscheidend sind. Daran ändert auch die Verschiebung des erwarteten starken konjunkturellen Aufschwungs und umfangreicher Nachholeffekte um zwei oder drei Quartale nicht grundsätzlich etwas. “Insbesondere die positive Entwicklung der Nutzermärkte, allen voran im Logistikbereich, wo neue Umsatzrekorde verzeichnet wurden, aber auch die Büromärkte, die beim Flächenumsatz um rund ein Viertel zulegen konnten und sich wieder auf dem Niveau des zehnjährigen Durchschnitts bewegen, stimmen die Investoren zuversichtlich, die sich dadurch in ihrer positiven Grundhaltung bestätigt sehen. Deshalb spricht vieles dafür, dass die Investmentmärkte den Schwung mit ins neue Jahr nehmen können“, ist sich Zorn sicher.
Büros bleiben Top-Assetklasse – Logistik mit neuer Bestmarke
Wie sich bereits im gesamten Jahresverlauf abgezeichnet hat, bleiben Büroimmobilien das Maß aller Dinge. Mit einem Transaktionsvolumen von gut 30,7 Mrd. € entfallen rund 48 % des Umsatzes auf diese Assetklasse. Dies stellt das drittbeste jemals erzielte Ergebnis dar, das gleichzeitig ein Viertel über dem Vorjahreswert liegt. Bemerkenswert ist vor allem der mit knapp 26,8 Mrd. € hohe Anteil von Einzeltransaktionen, wozu nicht zuletzt viele großvolumige Objekte beigetragen haben. Insgesamt konnten 61 Verkäufe im dreistelligen Millionenbereich erfasst werden. Davon mehrere auch jenseits der 500-Mio.-€-Schwelle, wie beispielsweise die von BNPPRE vermittelten Käufe des Uptown, der Highlight Towers und des Elementum in München oder des Skyper in Frankfurt. Ein Highlight stellt auch der bislang größte jemals in Deutschland getätigte Einzeldeal dar: der im Buy-Side-Mandat von BNPPRE begleitete Forward-Deal des Büroturms T1 in der Frankfurter Quartiersentwicklung Four durch die Allianz im Wert von rund 1,4 Mrd. €. Auf Rang zwei folgen Logistikobjekte, die gut 15 % zum Gesamtumsatz beitragen. Mit einem Volumen von knapp 9,9 Mrd. € legen sie ebenfalls um rund ein Viertel gegenüber dem Vorjahr zu und stellen ein neues Allzeithoch auf. Die Beliebtheit von Logistikimmobilien ist also ungebrochen, was vor dem Hintergrund der starken Nutzermärkte und der anhaltenden Erfolgsstory des E-Commerce nicht überrascht. Vervollständigt wird das Siegerpodest von Einzelhandelsobjekten, die auf einen Umsatzanteil von knapp 14 % kommen. Im Vorjahresvergleich mussten sie jedoch erhebliche Einbußen hinnehmen, sodass gut 8,7 Mrd. € eines der schwächeren Ergebnisse der letzten zehn Jahre darstellt. Allerdings sind zwischen den einzelnen Marktsegmenten deutliche Unterschiede zu beobachten. Während Objekte mit einem Schwerpunkt im Lebensmittelbereich weiterhin stark nachgefragt werden, was sich auch in einigen größeren Portfolioverkäufen niedergeschlagen hat, und die Preise hier spürbar steigen, herrscht bei Shoppingcentern nach wie vor eine gewisse Unsicherheit. Ähnlich stellt sich die Situation bei Hotels dar, auch wenn hier gerade im letzten Quartal eine erhebliche Nachfragebelebung zu beobachten war. Mit einem Gesamtvolumen von gut 2,5 Mrd. € konnte das Resultat um über 15 % gegenüber dem Vorjahresresultat gesteigert werden. Der Anteil am gesamten Transaktionsvolumen liegt mit knapp 4 % allerdings nur leicht über dem Wert aus 2020. Weiter auf Erfolgskurs befinden sich Healthcare-Immobilien, die auf gut 4,4 Mrd. € Investmentumsatz kommen, was einer Steigerung gegenüber dem bereits sehr guten Vorjahreswert um knapp 12 % entspricht und eine neue Bestmarke bedeutet. Ihr Anteil am Transaktionsvolumen beläuft sich auf knapp 7 %. Zu berücksichtigen ist, dass mit gut 1,1 Mrd. € ein nicht unerheblicher Teil des Umsatzes auf die Pflegheime entfällt, die in der Übernahme der Deutsche Wohnen durch Vonovia enthalten sind. Aber auch ohne diesen Sondereffekt wäre es das zweitbeste Ergebnis aller Zeiten.
Einzeldeals mit starker Steigerung
Einzeltransaktionen konnten ihren Umsatz um 28 % auf knapp 48,2 Mrd. € steigern. Damit zeichnen sie für drei Viertel des Investmentvolumens verantwortlich. Ein Wert, der deutlich über dem langjährigen Durchschnitt liegt. Portfolioverkäufe weisen mit einem Umsatzanteil von lediglich 25 % einen im langfristigen Vergleich zwar unterdurchschnittlichen Prozentsatz auf, liegen mit fast 16 Mrd. € absolut betrachtet aber nahezu exakt im zehnjährigen Schnitt. Bemerkenswert ist, dass Büro-, Einzelhandels- und Logistikpakete sehr dicht beieinanderliegen und alle auf Umsatzbeiträge zwischen 3,7 und gut 3,9 Mrd. € kommen. Hier zeigt sich, dass sich Investoren nicht nur auf eine Assetklasse fokussieren, sondern den deutschen Immobilienmärkten auf breiter Front vertrauen.
Ausländische Käufer haben 2021 rund 24,8 Mrd. € in deutsche gewerbliche Immobilien investiert. Ihr Marktanteil liegt mit knapp 39 % in etwa auf Vorjahresniveau. Deutlich höher fällt ihr Anteil erwartungsgemäß und wie üblich im Portfoliosegment mit aktuell fast 61 % aus. Nicht zuletzt die in weiten Teilen des zweiten Halbjahres gelockerten Kontakt- und (internationalen) Reisebeschränkungen haben dazu beigetragen, dass sich ausländische Käufer wieder verstärkt an Verkaufs- und Due-Diligence-Prozessen beteiligen konnten und Deals leichter zum Abschluss zu bringen waren als während der Lockdown-Phasen.
Auch A-Standorte mit überdurchschnittlichem Investmentvolumen
„In den deutschen A-Standorten (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München, Stuttgart) wurde ein Investitionsvolumen von gut 37,1 Mrd. registriert. Das Vorjahresergebnis wurde damit um rund 14 % übertroffen. Bemerkenswert ist vor allem der hohe Anteil der Einzelverkäufe, der sich auf rund 88 % beläuft. Verantwortlich hierfür ist insbesondere auch eine Vielzahl von Großabschlüssen im dreistelligen Millionenbereich. Von insgesamt 94 erfassten Deals entfielen alleine 79 auf die A-Städte. Ein klares Indiz dafür, welchen Stellenwert die Anleger den Metropolregionen beimessen. Auf anteilig eingerechnete Portfoliotransaktionen entfallen dagegen lediglich 12 %, einer der niedrigsten jemals registrierten Werte“, erläutert Nico Keller, Deputy CEO der BNP Paribas Real Estate GmbH. An die Spitze gesetzt hat sich erneut Berlin mit einem Ergebnis von 11,2 Mrd. € (+25 %). Für die Hauptstadt ist dies das zweitbeste Resultat; nur im Ausnahmejahr 2019 wurde hier mehr umgesetzt. Vergleichbar ist die Situation in München, wo gut 7,7 Mrd. € nicht nur einem Umsatzplus von 53 % entsprechen, sondern der bayerischen Landeshauptstadt ebenfalls den zweitbesten Wert aller Zeiten bescheren. Auf Platz drei folgt Frankfurt mit knapp 6,7 Mrd. €, womit sich die Bankenmetropole in etwa auf Vorjahresniveau und leicht über dem zehnjährigen Schnitt bewegt. Den stärksten Zuwachs verzeichnet Köln mit +182 % auf 3,8 Mrd. €, womit ein neuer Umsatzrekord aufgestellt wurde. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass rund 1,1 Mrd. € auf den Verkauf eines ehemaligen Oppenheim/Esch-Fond entfallen. Aber auch ohne diesen Mega-Deal wäre es das zweitbeste Ergebnis für die Domstadt. Um gut 54 % zulegen konnte auch Stuttgart, wo zwei Großtransaktionen für einen fulminanten Jahresendspurt sorgten. Mit 2,1 Mrd. € liegt das Resultat deutlich über dem langjährigen Schnitt. Erhebliche Rückgänge des Investmentvolumens verzeichneten dagegen Hamburg mit gut 3,1 Mrd. € (-43 %) sowie Düsseldorf mit knapp 2,4 Mrd. € (-34 %). In beiden Städten resultiert das eher moderate Transaktionsvolumen aber nicht aus mangelndem Investoreninteresse, sondern ganz eindeutig aus einem nicht ausreichenden Angebot, sodass insgesamt auch relativ wenig Verkaufsprozesse registriert wurden.
Rendite-Kompression bei Büro und Logistik hat sich fortgesetzt
„Indiz für das große Anlegerinteresse sind teilweise weiter gesunkene Renditen in den besonders nachgefragten Assetklassen und Standorten. Ein begrenztes Angebot an Premiumobjekten, das auf eine hohe Nachfrage trifft, führt dazu, dass an der einen oder anderen Stelle die Preise nochmal gestiegen sind“, stellt Nico Keller fest. Für Büroimmobilien haben die Netto-Spitzenrenditen im vierten Quartal in einigen Städten um 5 bis 20 Basispunkte nachgegeben. Dies betrifft Köln (2,60 %), Frankfurt (2,65 %) sowie Düsseldorf und Stuttgart mit jeweils 2,75 %. In den drei teuersten Standorten, Berlin (2,40 %), München (2,50 %) und Hamburg (2,55 %) zeigten sie sich dagegen stabil. Auch im Logistiksegment hat sich der deutliche Renditerückgang fortgesetzt. Mit 3,00 % liegen die Netto-Spitzenrenditen in den A-Standorten 20 Basispunkte niedriger als in Q3. Noch stärker fiel die Preisentwicklung bei Fachmarktzentren aus, bei denen die Renditen um 40 Basispunkte auf 3,50 % gesunken sind. Ähnlich sieht die Entwicklung bei Fachmärkten aus, wo sie auf 4,40 % nachgegeben haben.
Positive Perspektiven auch für 2022
„Aus heutiger Sicht spricht vieles dafür, dass auch die Perspektiven für das Jahr 2022 positiv sind. Die Investitionsbereitschaft der Anleger ist unverändert hoch und gleichzeitig wurde eine Reihe größerer, laufender Transaktionen mit ins neue Jahr genommen, sodass von einem lebhaften ersten Quartal auszugehen ist. Zu den stützenden Rahmenbedingungen, die den Investmentmärkten auch 2022 Schwung verleihen dürften, gehört nicht zuletzt die sehr gute Entwicklung der Vermietungsmärkte. Trotz der noch nicht überwundenen Pandemie bewegen sich die Flächenumsätze der Büromärkte bereits wieder im Zehnjahresschnitt und die Logistikmärkte verzeichnen Rekordumsätze. Und selbst die Einzelhandelsumsätze haben 2021 trotz Lockdowns zugelegt. Sollte das Wirtschaftswachstum nach Übergang von der pandemischen in die endemische Phase und Überwindung der Lieferengpässe voll anspringen und entsprechende Nachholeffekte wirksam werden, dürfte sich die positive Entwicklung noch einmal spürbar beschleunigen“, erläutert Nico Keller.
„Gleichzeitig sind neue Entwicklungen zu berücksichtigen. Hierzu gehört insbesondere die wachsende Bedeutung von ESG-Themen. Vor diesem Hintergrund ist nicht auszuschließen, dass es zu Umschichtungen von Beständen kommen könnte, dass also klassische Bestandshalter sich entschließen, nicht umfangreich in ältere Bestände in diesem Zusammenhang zu investieren, sondern diese zu veräußern. Hier entstehen Investitionschancen für Anlegergruppen mit entsprechendem Know-how, um ältere Bestände zukunftssicher zu entwickeln. Auch hierdurch könnten die Investmentmärkte zusätzlich belebt werden. Ein Effekt dürfte ein relativ hohes Transaktionsvolumen im Portfoliosegment sein“, analysiert Marcus Zorn.
Eine noch offene Frage ist auch, wie sich die Inflation weiter entwickeln wird und was dies für die Märkte bedeutet. Neben dem Szenario, dass die Inflation aufgrund auslaufender Sondereffekte ab Mitte des Jahres deutlich zurückgeht, ist auch ein längerfristig höheres Inflationsniveau nicht auszuschließen, das Auswirkungen auf die Zinsentwicklung hätte. „Aber selbst bei leicht steigenden Zinsen wären die Finanzierungsbedingungen historisch betrachtet immer noch sehr günstig, sodass Immobilieninvestitionen unter Chance-Risiko-Aspekten weiterhin ausgesprochen attraktiv bleiben würden“, fasst Zorn die Aussichten zusammen.