Die deutschen Logistikmärkte sind insgesamt verhalten ins Jahr 2023 gestartet. In den ersten drei Monaten des Jahres wurde ein Flächenumsatz von 1,25 Mio. m² (inkl. Eigennutzer) registriert. Das fulminante Rekordergebnis aus dem Vorjahr, in das nicht zuletzt der Tesla-Baustart in Grünheide bei Berlin mit 327.000 m² Fläche eingeflossen ist, wurde erwartungsgemäß deutlich um knapp 46 % verfehlt. Auch im Langzeitvergleich fällt das aktuelle Ergebnis schwach aus, denn der Zehnjahresdurchschnitt wird mit fast 1,5 Mio. m² nicht erreicht (-16 %). Marktbestimmend bleibt das Missverhältnis von Angebot und Nachfrage. Die weiterhin hohe Nachfrage spiegelt sich durch das fehlende Hallenangebot vielerorts nicht in entsprechenden Flächenumsätzen wider. Dies ergibt die Analyse von BNP Paribas Real Estate.
Verschiedene Faktoren zeichnen für den vergleichsweise moderaten Start ins Jahr verantwortlich. „Sicherlich hat die deutlich eingetrübte konjunkturelle Entwicklung in den Wintermonaten einen nicht unerheblichen Anteil am Zwischenergebnis. Einige Unternehmen zögern Entscheidungen gerade bei großflächigen Anmietungen zunächst hinaus, um die weitere Entwicklung abzuwarten. Durch das spürbar gestiegene Mietpreisniveau beobachten wir darüber hinaus, dass Nutzer verstärkt Optionen ziehen und auslaufende Mietverträge möglichst verlängern, wodurch weniger Bewegung im Markt ist. Parallel spielt die angespannte Situation auf der Angebotsseite eine größere Rolle denn je. In den großen Agglomerationen, aber auch zunehmend in peripheren Lagen, stehen immer weniger adäquate Flächen zur Verfügung, wozu nicht zuletzt die hohen Flächenumsätze in den vergangenen Jahren wesentlich beigetragen haben. Die Angebotsknappheit betrifft dabei sowohl gut ausgestattete, großflächige Bestandsgebäude als auch potenzielle Grundstücke für Neuentwicklungen“, erläutert Christopher Raabe, Geschäftsführer und Head of Logistics & Industrial der BNP Paribas Real Estate GmbH.
Der Neubauanteil des Flächenumsatzes liegt mit 60 % jedoch nur unwesentlich unter dem langjährigen Mittel, wofür die Angebotsknappheit im großflächigen Segment verantwortlich zeichnen dürfte, da nach wie vor großflächige Gesuche im Wesentlichen nur in Neubauflächen abgebildet werden können. Die Tendenz zu sinkenden Eigennutzeranteilen hält derweil an. Mit aktuell 26 % liegt dieser Wert mehr als 10 Prozentpunkte unter dem zehnjährigen Durchschnitt, allerdings sind vor allem produzierende Unternehmen weiterhin sehr aktiv in diesem Segment.
Weniger Großabschlüsse in den bedeutenden Logistikmärkten
Auch die großen Logistikregionen (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leipzig, München) sind überwiegend moderat in das Jahr gestartet. Mit einem Flächenumsatz von zusammen 398.000 m² bleiben sie 30 % unter dem zehnjährigen Durchschnitt. Vor allem das Ausbleiben von Großabschlüssen wirkt sich sehr stark auf die Bilanz der ersten drei Monate aus. Das Gros des Flächenumsatzes wurde mit Abschlüssen bis 12.000 m² generiert. Während Hamburg mit 88.000 m² den höchsten Flächenumsatz unter den großen Logistik-Hubs vorzuweisen hat (-30 %), bleiben Berlin (55.000 m², -89 %), Frankfurt (44.000 m², -6 %), Leipzig (44.000 m², -51 %), und Köln (30.000 m², -70 %) unter ihren Vorjahres- und auch Durchschnittswerten. Lediglich in München konnte mit Siemens Mobility ein Mietvertrag jenseits der 20.000-m²-Marke registriert werden. Dieser hat einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass die bayerische Landeshauptstadt mit 70.000 m² ein Rekordergebnis erzielt, das 37 % über dem Vorjahresresultat liegt. Auch Düsseldorf erreicht durch größere Abschlüsse das beste Ergebnis der letzten zehn Jahre (67.000 m², +24 %). Zwar ist die Nachfrage in den großen Logistikregionen etwas gesunken, sie übersteigt jedoch nach wie vor das Angebot. Zahlreiche großflächige Neubauobjekte wurden bereits im vergangenen Jahr vom Markt komplett absorbiert, sodass entsprechende Gesuche zum Teil nicht innerhalb der Marktgebiete bedient werden konnten. Außerhalb der Top-Agglomerationen summiert sich der Flächenumsatz auf 852.000 m² und notiert damit unterhalb der Ergebnisse der vergangenen Rekordjahre – aber lediglich 7 % unter dem zehnjährigen Mittel. Das Ruhrgebiet erreicht mit 110.000 m² Umsatz fast den langjährigen Durchschnitt und verzeichnet nur einen Rückgang von 8 % gegenüber dem Vorjahr.
Angebotsknappheit hält Mieten unter Aufwärtsdruck
Die weiterhin angespannte Angebotssituation sowie die im Jahresverlauf deutlich gestiegenen Baukosten haben das Mietpreisniveau in den vergangenen zwölf Monaten spürbar steigen lassen. Für die Top-Standorte kann ein Plus der durchschnittlichen Spitzenmiete von 11 % auf jetzt 7,37 €/m² vermeldet werden. Teuerster Standort ist weiterhin München mit 9,00 €/m² (+20 % im Vorjahresvergleich). Nach vielen Jahren hat sich Hamburg erstmals wieder auf Rang 2 mit jetzt 7,90 €/m² geschoben (+17 %). Auch die Durchschnittsmieten sind in allen führenden Logistikstandorten in den abgelaufenen 12 Monaten nachhaltig gestiegen. Im Durchschnitt beläuft sich ihr Plus auf 9 %, und im Mittel werden 5,89 €/m² gezahlt.
Steigende Marktdynamik im weiteren Jahresverlauf
Mit dem Beginn des Frühjahrs hellen sich auch die Aussichten für die deutsche Wirtschaft auf, und die führenden Institute gehen mittlerweile alle von einem, wenn auch moderaten, so doch positiven BIP-Wachstum für das Gesamtjahr aus. „Die Gefahr einer Rezession scheint gebannt, die Lieferketten funktionieren spürbar besser als im vergangenen Jahr, und die chinesischen Märkte sind wieder geöffnet. Im Windschatten einer wieder Fahrt aufnehmenden deutschen Wirtschaft dürfte auch die Marktdynamik auf den Logistikmärkten steigen. In welchem Umfang ein Anstieg der Flächennachfrage dann auch zu höheren Flächenumsätzen führt, ist vorerst nicht final zu beantworten, da Vertragsverlängerungen weiterhin eine attraktive Option für viele Mieter bleiben dürften. „Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit werden wir aber insbesondere in der zweiten Jahreshälfte wieder ein Anziehen der Umsätze registrieren, sodass der Druck auf die Mietniveaus auch vor dem Hintergrund weiterhin hoher Baukosten bestehen bleiben dürfte. Die Spitzen- und Durchschnittsmieten dürften nicht zuletzt angesichts der steigenden ESG-Anforderungen auch im Logistikbereich weiter anziehen“, fasst Bastian Hafner, Head of Logistics & Industrial Advisory der BNP Paribas Real Estate GmbH, die Aussichten zusammen.