Die deutschen Logistikmärkte schließen das Jahr 2022 mit einem insgesamt starken Ergebnis ab. Zwar wurde mit einem Flächenumsatz von 8,5 Mio. m² (inkl. Eigennutzer) das Rekordergebnis aus dem Vorjahr um rund 7 % verfehlt, jedoch wurde damit erst zum zweiten Mal überhaupt die Marke von 8 Mio. m² übersprungen. Entsprechend wurde auch der langjährige Durchschnitt um ein Viertel übertroffen. Die deutschen Logistikmärkte beweisen damit einmal mehr ihre hohe Resilienz in Zeiten von gewachsenen geopolitischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten. Dies ergibt die Analyse von BNP Paribas Real Estate.
Auch wenn insgesamt ein erneut herausragendes Resultat verzeichnet werden konnte, entsprach das Marktgeschehen im abgelaufenen Jahr dennoch einer gewissen Zweiteilung. Getrieben durch eine Vielzahl von Großabschlüssen, stand nach den ersten sechs Monaten bereits ein Flächenumsatz von 4,8 Mio. m² (Q1: 2,3 Mio. m²; Q2: 2,5 Mio. m²) und damit die mit Abstand beste je verzeichnete Halbjahresbilanz zu Buche. Demgegenüber sind für das dritte (1,8 Mio. m²; -8 %) und vierte Quartal (1,9 Mio. m²; -3 %) jeweils Ergebnisse leicht unterhalb des Quartalsschnitts der vergangenen fünf Jahre zu vermelden. „Zwar hat die sich abzeichnende Rezession und die damit deutlich abgekühlte wirtschaftliche Stimmungslage sicherlich einen gewissen Anteil an der zum Jahresende etwas gebremsten Dynamik, jedoch ist vor allem weiterhin der akute Angebotsmangel als maßgeblich hemmender Faktor identifizierbar. Dieser erstreckt sich, anders als noch vor wenigen Quartalen, dabei längst nicht mehr nur auf die großen Agglomerationsräume. Entsprechend beobachten wir immer häufiger, dass Mieter ihre Optionen auf Vertragsverlängerungen ziehen. Das spürbar gestiegene Mietpreisniveau, insbesondere im Neubausegment, dürfte viele Unternehmen in dieser Entscheidung weiter bestärken“, erläutert Christopher Raabe, Geschäftsführer und Head of Logistics & Industrial der BNP Paribas Real Estate GmbH.
Der Neubauanteil liegt mit rund 65 % derweil weiter auf einem hohen Niveau, worin sich der nahezu flächendeckende Angebotsmangel im Bestand widerspiegelt. Entsprechend wurden daher auch eine Vielzahl der registrierten Großtransaktionen im vergangenen Jahr in neu entwickelten Flächen realisiert. Obwohl eine ganze Reihe von größeren Fertigungsstätten von Industrieunternehmen in das Ergebnis eingeflossen sind, ist demgegenüber der Eigennutzeranteil mit rund 28 % deutlich niedriger als im Schnitt der vergangenen Jahre. Abgesehen von der Industriebranche gibt es immer weniger Nutzer, die Objekte in Eigenregie errichten lassen.
Großabschlüsse vor allem in peripheren Lagen
Wie der Gesamtmarkt erzielen auch die großen Logistikregionen (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leipzig, München) mit einem Flächenumsatz von insgesamt 3,04 Mio. m² ihr zweitbestes je registriertes Ergebnis. Einen bedeutenden Anteil hieran hat der Berliner Logistikmarkt, der 1,02 Mio. m² zum Ergebnis beiträgt. Die Bundeshauptstadt konnte damit als erster deutscher Markt überhaupt die Schallmauer von 1 Mio. m² durchbrechen. Ermöglicht wurde dieses Resultat für die Ewigkeit zwar hauptsächlich durch die Tesla-Gigafactory, die nach endgültig erteilter Baugenehmigung Anfang 2022 mit 327.000 m² in das Ergebnis einfloss. Aber auch ohne Tesla summiert sich der Flächenumsatz auf beeindruckende 697.000 m² womit ebenfalls ein Rekord zu Buche stehen würde. Während auch Leipzig (398.000 m²; +41 % ggü. 10-Jahresdurchschnitt) und Köln (256.000 m²; +14 %) eine jeweils deutlich überdurchschnittliche Jahresbilanz vermelden, verlief das Jahr in den übrigen Märkten durchwachsener. So verzeichnet Frankfurt mit 347.000 m² gar das niedrigste Resultat der vergangenen zehn Jahre. Deutlich moderater fallen die Rückgänge in München (226.000 m²; -19 %) und Düsseldorf (257.000 m²; -11 %) aus.
Hamburg verzeichnet mit 530.000 m² einen durchschnittlichen Flächenumsatz. Da die meisten Großdeals im abgelaufenen Jahr in peripheren Lagen zu verorten sind, entfallen rund 5,46 Mio. m² des Flächenumsatzes auf Standorte außerhalb der großen Logistikregionen, was in etwa dem Rekordergebnis aus 2021 entspricht.
Niedriger Leerstand und hohe Baukosten treiben Mietniveau
Die Kombination aus dem teils akuten Angebotsmangel, sowie spürbar gestiegener Baukosten, hat das Mietpreisniveau bundesweit im Laufe der vergangenen zwölf Monate deutlich steigen lassen. So ist die durchschnittliche Spitzenmiete der Top-Märkte innerhalb eines Jahres um 13 % auf nun 7,33 €/m² angestiegen. Teuerster Markt bleibt München, wo derzeit 9,00 €/m² anzusetzen sind. Bei Vertragsverlängerungen konnten vereinzelt jedoch auch schon höhere Werte verzeichnet werden. Bei den Durchschnittsmieten beträgt der Zuwachs bundesweit im Durchschnitt rund 10 % auf nun 5,86 €/m².
Flächenumsatz 2023 voraussichtlich wieder auf langjährigem Niveau
„Der deutsche Logistikmarkt präsentierte sich im abgelaufenen Jahr trotz der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen insgesamt in einer sehr guten Verfassung. Nichtsdestotrotz war in der zweiten Jahreshälfte im Flächenumsatz eine leicht abflachende Dynamik ablesbar. Diese Situation dürfte sich voraussichtlich auch in den kommenden Monaten fortsetzen. So bleibt vor dem Hintergrund der verteuerten Finanzierungskonditionen sowie dem Anstieg der Baukosten vorerst abzuwarten, ob die Projektentwickler die hohe Schlagzahl bei der Flächenproduktion der vergangenen Jahre aufrechterhalten. Zwar dürften zum Jahresstart einige Unternehmen aufgrund der sich anbahnenden leichten Rezession bei der Anmietung neuer Flächen etwas zurückhaltender agieren, jedoch wird sich der Angebotsmangel voraussichtlich weiter verschärfen. Vor diesem Hintergrund erscheint es aus heutiger Perspektive am wahrscheinlichsten, dass sich der Flächenumsatz 2023 wieder auf dem Niveau des langjährigen Schnitts im Bereich der 7 Mio. m²-Marke einpendelt“, fasst Bastian Hafner, Head of Logistics & Industrial Advisory der BNP Paribas Real Estate GmbH, die Aussichten zusammen.