Auch wenn der Retail-Investmentmarkt mit einem Gesamtumsatz von gut 2 Mrd. € den langjährigen Durchschnittswert um knapp 20 % verfehlt hat, gibt es nach den ersten drei Monaten des laufendes Jahres einiges Positives zu vermelden: So wurde zum einen das Ergebnis aus dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum um fast 39 % getoppt und zum anderen der zweitbeste Jahresauftakt der vergangenen fünf Jahre bei den Einzeltransaktionen (1,8 Mrd. €) registriert. Dies ergibt die Analyse von BNP Paribas Real Estate.
„Zurückzuführen ist das dynamische Marktgeschehen im Einzeldealsegment auf mehrere Faktoren, wobei in erster Linie die gestiegene Zahl an Transaktionen, aber auch einzelne Großdeals, die den Umsatz in die Höhe getrieben haben, zu nennen sind. Zu den größten Retail-Investments gehörte hierbei unter anderem der Verkauf des Highstreet-Objekts Q207 in Berlin mit dem Ankermieter Galeries Lafayette. Insgesamt entfielen 86 % des Umsatzes auf Einzeldeals, was im Umkehrschluss mit lediglich 299 Mio. € ein bisher unterdurchschnittliches Resultat im Portfoliosegment bedeutet. Vor dem Hintergrund der hohen Attraktivität von Portfolios vor allem im Food-Segment ist dies – ein entsprechendes Angebot vorausgesetzt – allerdings als Momentaufnahme zu bewerten“, erläutert Christoph Scharf, Geschäftsführer der BNP Paribas Real Estate GmbH und Head of Retail Services.
Insgesamt 822 Mio. € und damit fast 40 % des Gesamtumsatzes im Retail-Segment wurden im ersten Quartal in den Top-Märkten investiert. Allerdings ist hierbei darauf hinzuweisen, dass Berlin, wo alleine knapp 561 Mio. € umgesetzt wurden (anteilig 68 %) maßgeblich am Gesamtergebnis der A-Standorte beteiligt ist. Zu den entscheidendsten Umsatztreibern gehörte in diesem Zusammenhang wie bereits erwähnt der Verkauf des Q207 in der Top-Lage Friedrichstraße. Mit großem Abstand folgt München (94 Mio. €), wo mit der Nahversorgungsimmobilie „Life“ eins der großvolumigsten Fachmarktzentren der vergangenen drei Monate den Eigentümer wechselte. Mehr als 50 Mio. € wurden zudem in Hamburg (71 Mio. €) und Köln (65 Mio. €) investiert, während Frankfurt (24 Mio. €), Düsseldorf und Stuttgart (jeweils 4 Mio. €) deutlich unter dieser Marke bleiben.
Fachmärkte und Geschäftshäuser dominieren – Investment/Asset Manager an der Spitze
Das Marktgeschehen auf dem Retail-Investmentmarkt wurde im ersten Quartal entscheidend von zwei Objektarten geprägt: Zum einen sind es erneut die Fachmarkt-Investments, die auf knapp 55 % kommen und ihren Umsatz um 30 % steigern. Zum anderen profitierten Geschäftshäuser durch vereinzelte größere Investments und legen sowohl gemessen am Volumen, als auch am Anteil (etwa 39 %) deutlich zu. Einen geringen Einfluss auf das Gesamtergebnis haben dagegen bisher Kaufhäuser (fast 5 %) und Shoppingcenter (knapp 2 %).
Die Verteilung des Investmentvolumens auf die unterschiedlichen Käufergruppen wurde im ersten Quartal klar von den Investment/Asset Managern dominiert, die für gut 31 % des Gesamtergebnisses verantwortlich zeichnen. Hierbei konnten sie ihren Umsatz im Vorjahresvergleich durch Großdeals von Highstreet-Objekten, wie dem Q207 in Berlin, mit 643 Mio. € mehr als verdreifachen. Dahinter folgen die traditionell im Retail-Sektor sehr aktiven Spezialfonds, die mit 456 Mio. € auf ein vergleichbares Volumen kommen wie bereits im Vorjahr (anteilig 22 %). Investitionsschwerpunkte liegen hierbei erneut bei Fachmarktobjekten, wobei im Einzeldealsegment vor allem auch viele kleinere und mittelgroße Transaktionen in den Kategorien bis 50 Mio. € ausschlaggebend sind. Auf umfangreichere Beiträge kommen zudem noch Immobilien AGs/REITs (knapp 13 %), Projektentwickler (11 %) sowie Family Offices und private Anleger (jeweils knapp 5 %). Internationale Anleger generieren fast jeden dritten Euro des Gesamtumsatzes.
Stabile Renditen in allen A-Städten und Segmenten
Bezogen auf die verschiedenen A-Standorte wurden bei den im ersten Quartal abgeschlossenen Verkäufen von Core-Objekten im Highstreet-Segment weitestgehend vergleichbare Renditen wie zum Jahresende 2021 erzielt. Vor diesem Hintergrund liegen bei den Spitzenrenditen für Geschäftshäuser in den absoluten Top-Lagen Berlin und München weiterhin gleichauf (jeweils 2,80 %), vor Hamburg (3,00 %), Frankfurt (3,10 %), Düsseldorf (3,20 %), Stuttgart (3,20 %) und Köln (3,30 %). Im ersten Quartal stabil zeigten sich zudem auch die im Jahresverlauf 2021 gesunkenen Spitzenrenditen in der Fachmarktsparte: Bei gut funktionierenden und verkehrsgünstig angeschlossenen Fachmarktzentren sowie einzelnen Fachmärkten liegen sie aktuell bei 3,50 % bzw. 4,70 %. Vorerst gestoppt ist zudem der steigende Trend im Shoppingcenter-Sektor (4,70 %), der sich insbesondere im ersten Krisenjahr bei den Spitzenrenditen abgezeichnet hatte.
„Insgesamt sprechen zahlreiche Indizien dafür, dass sich das Marktsentiment auf dem Retail-Investmentmarkt spürbar verbessert hat, auch wenn sich dies noch nicht abschließend im Gesamtumsatz widerspiegelt. Neben der hohen Anzahl an registrierten Transaktionen und der ungebrochen hohen Attraktivität von Fachmarkt– und Food-Investments kommen vermehrt wieder Highstreet-Objekte sowie innerstädtische Shoppingcenter und Kaufhäuser auf den Markt und treffen auf ein erhöhtes Investoreninteresse. Hinzu kommt, dass im Jahresverlauf von einer Belebung des Portfoliosegmentes ausgegangen werden kann, was ein maßgeblicher Faktor für hohe Investmentvolumina ist. Dementsprechend ist es zu früh, von einer Trendumkehr zu sprechen, die Ampeln stehen jedoch auf Grün für eine gute erste Jahreshälfte auf dem Retail-Investmentmarkt“, so Christoph Scharf.