Das herausfordernde Finanzierungsumfeld hat den gewerblichen Investmentmarkt im gesamten Jahresverlauf maßgeblich geprägt, was sich nicht zuletzt im erzielten Transaktionsvolumen von Retail-Investments widerspiegelt. Vor diesem Hintergrund ist der erreichte Investmentumsatz von insgesamt rund 5,7 Mrd. € nur bedingt ins Verhältnis zum Vorjahr (-40 %) und zum langjährigen Durchschnitt (-51 %) zu setzen. Dies ergibt die Analyse von BNP Paribas Real Estate.
Der Blick hinter das Zahlenwerk verdeutlicht, dass hierbei vor allem der Umsatz in den größeren Segmenten ab 50 Mio. € (-47 %) gegenüber dem Vorjahr fehlt, während der Rückgang bei kleineren Objekten mit einem Volumen von höchstens 50 Mio. € vergleichsweise moderat ausgefallen ist
(-25 %). „Im vierten Quartal, in dem die meisten Einzeldeals registriert wurden, lag das durchschnittliche Dealvolumen sogar nur bei rund 12 Mio. €, was die Kleinteiligkeit des Marktgeschehens unterstreicht. Dass dieser Trend ein übergeordneter und kein retail-spezifischer ist, wird zudem dadurch unterstrichen, dass Büro- und Logistik-Investments das Jahr ebenfalls mit Gesamtergebnissen im Bereich der 6-Mrd.-€-Marke abschließen. Im Retail-Portfoliosegment ist generell eine gute Marktdynamik zu beobachten, was sich jedoch lediglich in der Deal-Anzahl und weniger im Umsatz ausdrückt, der 2,5 Mrd. € betrug“, erläutert Christoph Scharf, Geschäftsführer der BNP Paribas Real Estate GmbH und Head of Retail Services.
Die fehlenden Großtransaktionen im dreistelligen Millionenbereich drücken sich auch im Investmentvolumen der A-Standorte aus. Mit einem Umsatz von rund 1,7 Mrd. € bleiben sie gut 51 % hinter ihrem Vorjahresresultat (gut 3,3 Mrd. €) zurück. Neben dem Teilverkauf des KaDeWe in Berlin aus der ersten Jahreshälfte sind in den größten Investmentstandorten im Jahr 2023 in erster Linie kleinere Transaktionen in die Auswertung eingeflossen. Dass jedoch auch auf dem gesamten gewerblichen Investmentmarkt keine A-Stadt an ihre Vorjahresbilanz anknüpfen kann, zeigt allerdings, dass der Retail-Investmentmarkt auch mit diesem Ergebnis weiterhin keine Ausnahme darstellt.
Fachmärkte dominieren den Retail-Investmentmarkt, Investment/Asset Manager und Corporates vorne
Die Fachmarktsparte bzw. vor allem der Food-Sektor hat seine marktdominierende Stellung im zweiten Halbjahr weiter ausgebaut (knapp 58 %). Als größte Transaktionen des Jahres sind das X+Bricks- und das Royal-Blue-Portfolio zu nennen, die beide im dritten Quartal zum Abschluss gekommen sind. Das Kaufhaussegment (fast 21 %) wird durch Transaktionen der Städte oder von Projektentwicklern bestimmt. Bei Geschäftshäusern (gut 12 %) fokussiert sich das Marktgeschehen im wesentlichen auf viele kleinere Objekte, und Shoppingcenter (knapp 10 %) sind vorwiegend mit Verkäufen in kleineren Städten anzutreffen.
In der Verteilung des Investmentvolumens nach Käufergruppen spiegelt sich der Einfluss der wenigen Großdeals im Jahr 2023 wider: So zeichnen Investment/Asset Manager u. a. für die Transaktion des X+Bricks-Portfolios und mit insgesamt fast 27 % auch für den höchsten Beitrag des Gesamtumsatzes verantwortlich. Nur knapp dahinter folgen Corporates (knapp 21 %), bei denen die KaDeWe-Anteile und das Royal-Blue-Portfolio zu den nennenswertesten Umsatztreibern gehörten. In der Fachmarktsparte zeigten sich zudem Spezialfonds erneut aktiv und kommen auf weitere fast 14 % des Volumens. Über der 5-%-Marke liegen darüber hinaus noch Immobilienunternehmen, die knapp 8 % zum Umsatz beisteuern sowie Immobilien AGs/REITs (gut 7 %), Family Offices (rund 7 %) und die u. a. in der Kaufhaussparte aktiven Projektentwickler (gut 6 %). Bei der Herkunft der Investoren liegen deutsche Käufer mit rund 54 % vor den internationalen Anlegern (46 %). Damit erreichen ausländische Investoren im Vergleich zu den Gewerbe-Investments insgesamt (37 %) jedoch trotzdem einen überdurchschnittlichen Wert.
Renditeanstieg setzt sich weiter fort
Durch die deutlich veränderten Finanzierungskonditionen mussten die Preise im Premium-Highstreet-Sektor im Jahresverlauf kontinuierlich korrigiert werden. Insgesamt waren weitere Anpassungen bei den Netto-Spitzenrenditen auch in den Top-Märkten unausweichlich. Im Ranking der A-Standorte positioniert sich München (3,45 %) aktuell vor Berlin (3,70 %). Hamburg verweilt zusammen mit Frankfurt auf dem dritten Rang (jeweils 3,75 %), während Köln, Stuttgart (jeweils 3,85 %) und Düsseldorf (3,95 %) die hinteren Plätze belegen. Weitere Preisanpassungen gab es seit Jahresbeginn aber auch bei den anderen Objektarten: So legten Fachmarktzentren (4,75 %), Supermärkte/Discounter (4,90 %), Shoppingcenter (5,60 %) und Baumärkte (5,70 %) um jeweils zwischen 55 und 75 Basispunkte zu.
„Die übergeordneten Einflussfaktoren haben die Investmentaktivitäten im Jahr 2023 assetklassenübergreifend maßgeblich negativ beeinflusst. Das durchaus lebhafte Marktgeschehen in den kleineren Größenklassen im Einzeldeal- sowie im Portfoliosegment macht jedoch Hoffnung, dass bei stabilisierten Finanzierungsbedingungen auch Großdeals wieder funktionieren werden und das Investmentvolumen weiter ankurbeln. Hierbei kommt dem Retail-Segment die diversifizierte Struktur und vor allem die Krisenresilienz des Food-Sektors zugute. Bei Geschäftshäusern sendet die konstante Entwicklung der Highstreet-Spitzenmieten positive Signale, in der Kaufhaussparte ergeben sich weitere Investmentpotenziale für Projektentwickler, und Shoppingcenter befinden sich mitten in der Neupositionierungsphase, aus der auch sie gestärkt hinauskommen könnten. Hinsichtlich der Spitzenrenditen wird das erste Quartal Klarheit darüber bringen, ob sich bei den Preisen die registrierten Stabilisierungstendenzen verfestigen“, so Christoph Scharf.