Das Transaktionsgeschehen auf dem Retail- sowie dem gesamten gewerblichen Investmentmarkt wurde im ersten Quartal entscheidend durch zahlreiche externe Einflussfaktoren bestimmt, die zu einem sehr verhaltenen Marktgeschehen geführt haben. Somit ist das Investmentvolumen auf dem Retail-Investmentmarkt zum Jahresbeginn mit rund 1,5 Mrd. € um 26 % im Vorjahres- und 41 % im langjährigen Vergleich gesunken. Dies ergibt eine Analyse von BNP Paribas Real Estate.
„Durch das herausfordernde Finanzierungsumfeld und die daraus resultierende Fortsetzung der Preisfindungsphase konnten gerade im Einzeldeal-Segment nur sehr wenige Transaktionen registriert werden. Dass sich Retail-Assets allerdings auf einem vergleichbaren Level bewegen wie Büroimmobilien mit rund 1,3 Mrd. €, ist ein deutliches Indiz für das assetklassenübergreifend schwierige Investmentmarktumfeld für Verkäufer und Investoren“, erklärt Christoph Scharf, Geschäftsführer und Head of Retail Services der BNP Paribas Real Estate GmbH. So entfielen gemessen an der Anzahl rund 90 % der Einzelverkäufe auf Deals mit einem Volumen von unter 50 Mio. €, was die aktuelle Situation auf den Finanzmärkten widerspiegelt. Großvolumige Investments, die in der Regel hauptverantwortlich für hohe Investmentumsätze sind, waren somit in den ersten drei Monaten bisher dem Share-Deal-Sektor in Form von Beteiligung und weniger den Investments in einzelne Assets vorbehalten.
Fehlende Großdeals an A-Standorten
Die fehlenden Großtransaktionen im dreistelligen Millionenbereich drücken sich im Investmentvolumen der A-Standorte aus. Zwar erreichen die Top-Märkte mit einem Umsatz von insgesamt 910 Mio. € ein etwas besseres Zwischenresultat als im Vorjahr (822 Mio. €), dies hängt jedoch maßgeblich mit dem Teilverkauf des KaDeWes in Berlin zusammen, der alleine das Gros des Volumens in den A-Städten ausgemacht hat. Neben diesem Deal konnten zum Jahresauftakt lediglich vereinzelte kleinere Transaktionen in den größten Investmentstandorten registriert werden. Insgesamt ist die schwächere Zwischenbilanz zunächst allerdings als Momentaufnahme zu werten, die direkt durch die wirtschaftliche Gesamtgemengelage mitbestimmt wird.
Das bislang verhaltene Marktgeschehen im ersten Quartal drückt sich ebenfalls in der Verteilung des Volumens auf die unterschiedlichen Objektarten aus: Somit setzen sich die Kaufhäuser getrieben durch den anteilsmäßigen Verkauf des KaDeWes nach dem ersten Jahresabschnitt mit knapp 50 % des Gesamtergebnisses an die Spitze des Rankings. Einige kleinere Transaktionen und Portfolios waren zudem auch in der Fachmarktsparte zu beobachten (fast 27 %). Shoppingcenter liegen bei knapp 17 % und Geschäftshäuser bei rund 6 % Marktanteil.
Corporates durch KaDeWe vorerst vorne, Renditeanstiege über alle Objektarten und Städte
Genau wie die Verteilung des Investmentvolumens auf die Objektarten zeigen auch die Umsatzanteile der Käufergruppen nach dem ersten Quartal ein eher ungewöhnliches Bild: So zeichnen Corporates für die KaDeWe-Anteile und mit insgesamt gut 46 % auch für den höchsten Beitrag des Gesamtumsatzes verantwortlich. Immobilien AGs/REITs, die auf dem zweiten Rang folgen, traten insbesondere durch Beteiligungen an verschiedenen Shoppingcentern in Erscheinung (anteilig knapp 17 %). In der Fachmarktsparte behaupten sich erneut Spezialfonds als wichtigste Anleger. Sie sind mit fast 14 % am Volumen beteiligt. Über der 5-%-Marke liegen darüber hinaus nur noch Family Offices, die weitere knapp 6 % zum Gesamtvolumen beisteuern. Bei der Herkunft der Investoren liegen die internationalen Käufer mit 52 % bislang vorne. Auch dieses Resultat spiegelt jedoch vorerst nur einen Zwischenstand wider, der keinen Markttrend, sondern zunächst den Einfluss der wenigen Großdeals auf die Gesamtbilanz ausdrückt.
Im Jahresverlauf 2022 konnten Retail-Highstreet-Investments noch etwas länger als Büro- oder Logistikobjekte ihre Spitzenrenditen halten, da diese bereits seit mehreren Jahren durch Seitwärtsbewegungen gekennzeichnet waren. Seit der zweiten Jahreshälfte war es jedoch auch im Premium-Highstreet-Sektor kaum möglich, die hohen Preise zu halten. Seit dem Jahreswechsel mussten weitere Anstiege in den Top-Märkten verzeichnet werden. Im Städte-Ranking der A-Standorte positioniert sich München (3,25 %) aktuell hauchdünn vor Berlin (3,30 %). Hamburg (3,45 %) verweilt auf dem dritten Rang, während Frankfurt und Köln (jeweils 3,55 %) gleichauf liegen und damit Stuttgart (3,60 %) und Düsseldorf (3,70 %) auf die beiden hinteren Plätze verweisen. Weitere Preisanpassungen gab es seit Jahresbeginn aber auch bei den anderen Objektarten: Fachmarktzentren (4,40 %) legten genau wie Supermärkte/Discounter (4,50 %) und Baumärkte (5,15 %) um 20 Basispunkte zu. Shoppingcenter notieren inzwischen bei 5,00 % (+10 bps seit Jahresende 2022).
„Die übergeordneten Einflussfaktoren haben im ersten Quartal zu einem generell verhaltenen Marktgeschehen auf den Investmentmärkten geführt, dem sich auch Retail-Investments nicht entziehen konnten. Zu Gute kommt der Retail-Sparte allerdings ihre diversifizierte Struktur mit verschiedenen Objektarten und ganz unterschiedlichen Risiko-Rendite-Profilen. Positiv hervorzuheben ist hierbei vor allem der Food-Sektor als krisenresilientes Produkt, wodurch die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern in der Regel deutlich näher beieinanderliegen als bei anderen Assetklassen. Vor diesem Hintergrund dürfte sich das Portfolio-Segment vor allem im Fachmarktsegment spürbar beleben. Auch wenn die Rahmenbedingungen vorerst angespannt bleiben, stehen im Jahresverlauf die Vorzeichen für steigende Investmentumsätze im Vergleich zu den anderen Top-Objektarten somit gut“, so Christoph Scharf zu den weiteren Aussichten.