Lockdown bedeutet nicht gleich Stillstand - dies hat bereits die von BNP Paribas Real Estate veröffentlichte Analyse zu den Retail-Vermietungsmärkten in A-Städten aus dem Frühjahr 2021 gezeigt. Dass sich trotz Pandemie und Lockdown-Zeiten auch im großflächigen Segment einiges bewegt hat und vorangegangen ist, unterstreicht die aktuelle Untersuchung zu Einzelhandels-Nachvermietungen von ehemaligen Galeria Karstadt Kaufhof-Objekten.
Allein in den ersten fünf Monaten des Jahres 2021 wurden rund 30.000 m² Einzelhandelsfläche in vormals von der Warenhauskette genutzten Immobilien neu vermietet. Damit liegt der Flächenumsatz kurz vor Halbjahresende bereits fast auf dem Gesamtniveau der Vorjahre 2019 und 2020 mit jeweils rund 40.000 m². „Hier wird ganz deutlich, dass das Vertrauen vieler Retailer in den Standort Innenstadt ungebrochen ist. Sie sehen in der Wiedereröffnung der Geschäfte, im bundesweiten Impffortschritt und in den sinkenden Inzidenzwerten mehr Chancen als Risiken und scheuen sich trotz der weiterhin unsicheren Lage in der Pandemie nicht, diese Chancen zu ergreifen. Ganz im Gegenteil: Die Einzelhändler erobern neue Standorte und das oftmals mit neuen Konzepten, wobei sie vom teilweise erhöhten Flächenangebot profitieren“, sagt Christoph Scharf, Geschäftsführer der BNP Paribas Real Estate GmbH und Head of Retail Services.
Der Löwenanteil der nachvermieteten Flächen (59 %) wird in Zukunft von Textil-Einzelhändlern bespielt werden. Das mag auf der einen Seite wenig überraschend erscheinen, da für diese Händler die Innenstadt oft ein „Heimspiel“ ist und das auch im großflächigen Segment. Auf der anderen Seite ist aber auch für sie der Druck im Zuge des wachsenden E-Commerce-Handels in der Pandemie ungleich höher als zuvor. Großflächige Anmietungen im Jahr 2021 wie die von Peek&Cloppenburg in Bonn (7.500 m²) und von SiNN in Gütersloh (4.400 m²) sind dabei nur zwei Beispiele, dass traditionelle Bekleidungshäuser weiter an die Shopping-Destination City glauben und sich jetzt Standorte sichern, in denen sie zuvor noch nicht vertreten waren.
Abseits von den Textil-Einzelhändlern wird es bei den erfassten Nachvermietungen durchaus spannend, neu und vielfältig. 15 % der seit 2019 registrierten Nachvermietungen entfallen auf den Bereich Freizeit, weitere 11 % auf das Segment Food. Stärker in die Innenstädte streben auch Einzelhändler im Einrichtungssegment, die 7 % der Vermietungen generiert haben. Sie alle werden nicht nur große Lücken schließen, sondern gleichzeitig die Attraktivität der Cities weiter erhöhen und zu mehr Abwechslung beim Shoppingerlebnis beitragen.
„Zu den bemerkenswerten Abschlüssen im laufenden Jahr 2021 zählen sicher die 8.500 m²- Anmietung von Zweirad Stadler im ehemaligen Kaufhof-Gebäude am Düsseldorfer Wehrhahn und der 2.900 m²-Vertrag des Einrichtungshauses Rusta in Norderstedt bei Hamburg. Sie zeigen die Bandbreite der Branchen, der Größenklassen wie auch der Städtekategorien, in denen diese Nachnutzungen stattfinden. Besonders in den kleineren Städten ist seit 2019 Bewegung bei der Nachvermietung der Galeria Karstadt Kaufhof-Objekte zu beobachten“, so Christopher Wunderlich, Head of Retail Advisory bei BNP Paribas Real Estate. Auf sie entfallen 52 % der registrierten Nachnutzungen, gefolgt von den B-Städten mit 30 %. In Deutschlands A-Städten wurden 18 % der erfassten Abschlüsse getätigt.
Es dürften nicht zuletzt die gerade in den vergangenen Jahren gesunkenen Mietpreisniveaus in Deutschlands Klein- und Mittelstädten sein, die diese Marktdynamik stützen. So notieren beispielsweise die indexierten Spitzenmieten in den Highstreet-Lagen, die durchaus auch als Indikator für die Entwicklung im großflächigen Segment gelten können, in den Städten unter 100.000 Einwohnern nur noch bei 75 % des 2010er-Ausgangsniveaus.
Die Mietpreisbelastung ist demnach im Langzeitvergleich in vielen Städten spürbar gesunken. Die Innenstadt wird für viele Einzelhändler jetzt erschwinglich. Wer den Mut, ein schlüssiges Konzept und die finanzielle Kraft hat, nutzt jetzt die Chance zur Expansion bzw. zum Neueinstieg in den Markt. Die Analyse zeigt deutlich, dass viele damit bereits begonnen haben.