Im Windschatten einer weiterhin wenig dynamischen konjunkturellen Entwicklung präsentieren sich die deutschen Büromärkte im ersten Halbjahr insgesamt stabil. Der Flächenumsatz beläuft sich in den ersten sechs Monaten des Jahres 2024 auf rund 1,26 Mio. m² und bewegt sich damit auf Vorjahresniveau (1,23 Mio. m²). Während sich alle Märkte in Berlin, Düsseldorf, Essen, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leipzig und München weiterhin wesentlich unter ihrem Durchschnittsniveau bewegen, fällt der Vorjahresvergleich in den Bürohochburgen sehr inhomogen aus, denn in dieser Marktphase machen Großabschlüsse weiterhin den Unterschied. Dies ergibt die Analyse von BNP Paribas Real Estate. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
- Flächenumsatz mit 1,26 Mio. m² auf Vorjahresniveau, aber 21 % unter Langzeitdurchschnitt
- Leerstand steigt auf 7,1 Mio. m²
- Leerstandsquote in Hamburg, Köln und Leipzig weiterhin unter 5 %
- Bautätigkeit weiter rückläufig
- Spitzenmieten stabil mit weiter steigender Tendenz
„In einem weiterhin von konjunktureller Schwäche geprägten Umfeld präsentieren sich die deutschen Büromärkte im ersten Halbjahr insgesamt robust. Ein sich mehr oder weniger seitwärts bewegendes BIP, die nur unwesentliche Stimmungsaufhellung in den Führungsetagen und eine aktuell noch auf der Stelle tretende deutsche Wirtschaft sind die marktdominierenden Parameter“, so Marcus Zorn, CEO von BNP Paribas Real Estate Deutschland. „Dass die Büromärkte unter diesen anhaltend herausfordernden und durchaus hemmenden Rahmenbedingungen ihr Vorjahresergebnis von knapp 1,3 Mio. m² bestätigen konnten und zum Teil Flächenumsätze über dem 2023er-Niveau vermelden, unterstreicht dabei die Resilienz der deutschen Bürohochburgen. Sicherlich bewegen sich die Märkte weiterhin spürbar unter ihrem Langzeitdurchschnitt von 1,6 Mio. m² und verfehlen diesen dann auch um rund ein Fünftel, aber der Markt konnte sich weiteren Abwärtstendenzen widersetzen, und die getätigten Großabschlüsse senden erste positive Signale aus“, erläutert Marcus Zorn und ergänzt: „Die Zahl der Großverträge jenseits der 10.000-m²-Marke hat sich gegenüber dem Vorjahreszeitraum mit 13 Verträgen zum Halbjahr mehr als verdoppelt und bewegt sich damit nahezu im Durchschnitt. Ins Gewicht fällt dabei, dass die Abschlussdynamik auch im Quartalsvergleich 2024 nicht nachgelassen hat, sondern in Q2 leicht höher als in Q1 ausgefallen ist. Es scheint mittlerweile mehr Sicherheit bei Anmietungsentscheidungen und der Umsetzung von Büroflächenstrategien im Markt zu sein. Bei den kleineren Flächen registrieren wir bereits seit längerem eine relativ rege Anmietungstätigkeit. Nun scheint das Großsegment nachzuziehen.“
München umsatzstärkster Markt, gefolgt von Berlin und Frankfurt
Zur Halbjahresmitte präsentiert sich München als umsatzstärkster Büromarkt. Mit einem Flächenumsatz von 293.000 m² notiert das Ergebnis zwar gut 15 % unter dem Langzeitschnitt, aber das Vorjahresergebnis wird um eindrucksvolle 24 % übertroffen. Auf einen bereits gelungenen Jahresauftakt folgte nun ein dynamischeres zweites Quartal mit 153.000 m² Flächenumsatz, darunter einer der größten bundesweit registrierten Abschlüsse in Q2. Im Langzeitvergleich unterdurchschnittlich, aber gegenüber dem Vorjahr im Plus, fiel auch das Marktgeschehen in Berlin und Frankfurt aus. In der Bundeshauptstadt notiert der Flächenumsatz zum Halbjahr bei 281.000 m², womit sich das Delta zum Langzeitschnitt auf rund 20 % beläuft, aber das Vorjahresergebnis um 7 gut % überschritten wurde. Insbesondere die Großabschlüsse jenseits der 10.000 m², die in Berlin so zahlreich abgeschlossen wurden wie an keinem anderen Standort, zeichnen für das Umsatzplus im Jahresvergleich verantwortlich. Im drittplatzierten Frankfurt war der Flächenumsatz insbesondere mangels Großabschlüssen im zweiten Quartal temporär leicht rückläufig. Dennoch bewegt sich der Markt mit 215.000 m² Flächenumsatz über Vorjahresniveau (+13 %) und der Langzeitschnitt wird nur leicht verfehlt (-5 %). Deutlich mehr Dynamik gegenüber 2023 kann auch für Düsseldorf vermeldet werden, wo der Flächenumsatz um 22 % auf 116.000 m² gestiegen ist, das Durchschnittsniveau aber um ein Drittel verfehlt wird. Der Hamburger Markt reiht sich auf Rang 4 ein, kann aber nicht an die starken Vorjahre anknüpfen. Mit 196.000 m² zum Halbjahr fällt das Anmietungsgeschehen deutlich unterdurchschnittlich aus (-19 %) und verfehlt auch den Vorjahresumsatz um 12 %. Große Stabilität legt einmal mehr der Leipziger Büromarkt an den Tag, dessen Halbjahresresultat von 59.000 m² zwar leicht das Vorjahresergebnis verfehlt (-5 %) sich aber auf Durchschnittsniveau bewegt. Enttäuschend fällt die Marktaktivität in Köln (63.000 m²) und Essen aus (33.000 m²). In beiden Standorten wird das Halbjahresresultat 2023 ganz spürbar verfehlt und auch der Langzeitschnitt bleibt in Köln (-55 %) und Essen (-43 %) in weiter Ferne.
Leerstandsanstieg setzt sich fort
Auch im zweiten Quartal ist das Leerstandsvolumen in den Bürohochburgen weiter gestiegen. Zur Jahreshälfte notiert der Leerstand bei 7,1 Mio. m², was gegenüber dem Vorjahreswert einem Anstieg von rund 26 % entspricht. Trotz des umfangreichen Plus bewegt sich der Leerstand in allen Büromärkten mit Ausnahme von Düsseldorf (Leerstandsquote aktuell bei 11,0 %) weiterhin spürbar unter den Hochniveaus aus vergangenen Zyklen. Dies gilt auch für Frankfurt, wo die Leerstandsquote zum Halbjahr bei 10,5 % notiert. Weiterhin unter der 5-%-Marke liegt die Leerstandsquote an den Standorten Köln (4,5 %), Leipzig (4,6 %) und Hamburg (4,7 %). In München (6,7 %) und Berlin (6,5 %) bewegt sich die Quote jetzt wieder spürbar jenseits der 5 %, und es sind dann auch diese beiden Märkte, für die in den abgelaufenen 12 Monaten der umfangreichste Leerstandsanstieg ausgewiesen wird. Für das Marktgebiet Essen wird aktuell eine Leerstandsquote von 7,1 % registriert.
Bautätigkeit weiter rückläufig
Vor dem Hintergrund deutlich erhöhter Bau- und Finanzierungskosten sowie der insgesamt gedämpften Anmietungsdynamik ist die Bautätigkeit weiter rückläufig. Während sich zum Halbjahr 2022 in den von BNP Paribas Real Estate analysierten acht Standorten noch 4 Mio. m² Büroflächen in Bau befanden, sind es aktuell nur noch 2,6 Mio. m² (-38 %). Auch im direkten Jahresvergleich ist ein spürbarer Rückgang um 34 % zu vermelden.
Ähnlich umfangreich fällt mit einem Minus von 26 % die Reduktion der noch verfügbaren Flächen im Bau gegenüber 2023 aus. Ihr Volumen beläuft sich in den deutschen Bürohochburgen aktuell nur noch auf 1,54 Mio. m² und bewegt sich damit auf dem Niveau des Jahres 2019. Besonders in den führenden Büromärkten München und Berlin mit jeweils Minus 31 % sowie in Düsseldorf (-34 %) und Frankfurt (‑28 %) war das Volumen der noch verfügbaren Flächen im Bau in der ersten Jahreshälfte 2024 deutlich rückläufig. Diese Zahlen unterstreichen eindrucksvoll den für diese Marktphase prägenden Trend: In einem von unterdurchschnittlichen Flächenumsätzen dominierten Markt verharrt die Nachfrage nach Top-Flächen und insbesondere nach ESG-konformen Gebäuden auf einem hohen Niveau. Premiumflächen im Neubau werden zügig vom Markt absorbiert.
Eine wichtige Kenngröße im Markt ist das verfügbare Flächenangebot. Es setzt sich zusammen aus Leerstand und verfügbaren Flächen im Bau. Dieses Volumen ist im zweiten Quartal ein weiteres Mal gestiegen und notiert in den analysierten Städten nun bei knapp 8,7 Mio. m², was gegenüber dem Vorjahreswert einem Anstieg von rund 12 % entspricht.
Spitzenmieten stabil mit weiter steigender Tendenz
In den analysierten Bürohochburgen haben sich die Spitzenmieten im zweiten Quartal 2024 stabil präsentiert und verfestigen sich damit in diesem Sommer auf sehr hohem Niveau. Mit weitem Abstand wird die höchste Spitzenmiete mit 52,00 €/m² für München registriert. Die bayerische Landeshauptstadt vermeldet im Top-Segment dann auch das umfangreichste Mietpreiswachstum von 11 % im Jahresverlauf. Nur für Düsseldorf kann ein entsprechender Anstieg (ebenfalls knapp 11 %) auf 42,00 €/m² vermeldet werden. Einstellige Wachstumsraten gegenüber dem Vorjahr werden für Frankfurt (49,00 €/m²; +2 %), Hamburg (36 €/m²; +3 %), Köln (33,50 €/m²; +5 %), Leipzig (20,00 €/m²; +8 %) und Essen (18,00 €/m²; +2 %) notiert. Einzig in der Bundeshauptstadt Berlin verharrt die Spitzenmiete seit Anfang 2023 auf dem aktuellen Niveau von 45,00 €/m².
Die jüngste Seitwärtsbewegung bei den Spitzenmieten dürfte nur eine kurze Verschnaufpause sein. Zwar wurden im absoluten Premiumsegment im zweiten Quartal keine umfangreichen Vertragsabschlüsse registriert, diese dürften aber in der zweiten Jahreshälfte wieder in engerer Taktung folgen. Die Spitzenmieten werden dann mit aller Wahrscheinlichkeit ihren Aufwärtstrend fortsetzen, da die registrierte Nachfrage im Top-Segment ist ungebrochen hoch ist und aufgrund der rückläufigen Bautätigkeit auf ein immer kleineres Angebot trifft. Der Druck auf das Mietniveau bleibt damit insbesondere im Neubausegment in den zentralen Top-Lagen bestehen.
Die im Gegensatz zur Spitzenmiete volatileren Durchschnittsmieten präsentieren sich vergleichsweise stabil und mit Ausnahme von Berlin, Hamburg und Essen auch über Vorjahresniveau. In allen von BNP Paribas Real Estate analysierten Märkten notieren die Durchschnittsmieten weiterhin auf einem im Langzeitvergleich weit überdurchschnittlichen Niveau. Unverändert wird die höchste Durchschnittsmiete für Berlin mit aktuell 28,80 €/m² registriert. Mit deutlichem Abstand rangieren Frankfurt (25,00 €/m²) und München (24,60 €/m²) auf den Plätzen. Über der 20-€-Marke notiert die Durchschnittsmiete auch in Düsseldorf (21,00 €/m²) und Hamburg (20,40 €/m²). Für Köln werden im Durchschnitt 18,90 €/m² registriert, für Leipzig 12,50 €/m² und für Essen 12,10 €/m².
Perspektiven
Die Rahmenbedingungen für die deutschen Büromärkte dürften in den kommenden Quartalen nur wenig Veränderung erfahren und vorerst durchaus herausfordernd bleiben. Anders als noch zu Jahresbeginn prognostiziert, verzögert sich der Konjunkturaufschwung, und die deutsche Wirtschaft sendet aktuell kaum Signale aus, die bereits jetzt auf eine sich nachhaltig beschleunigende Dynamik schließen lassen. Auch die Stimmung in den Führungsetagen hat sich – anders als noch im Winter erwartet – bis in den Frühsommer hinein nur leicht aufgehellt und wird immer wieder temporär gedämpft, wie die Ergebnisse des ifo Geschäftsklimaindex der vergangenen zwei Monate deutlich machen. Allerdings verdichten sich die Zeichen, die auf eine steigende gesamtwirtschaftliche Aktivität schließen lassen. Dazu zählt die von der EZB im Juni vorgenommene Leitzinssenkung, die mit großer Wahrscheinlichkeit der erste Schritt des Abstiegs vom Zinsplateau gewesen sein dürfte. Im Windschatten schrittweise sinkender Finanzierungskosten und einer sich im Jahr 2024 robust entwickelnden Weltwirtschaft dürfte die deutsche Wirtschaft zunehmend Wachstumskräfte entfalten. Die stark mit der BIP-Entwicklung korrelierende Büroflächennachfrage sollte in Konsequenz wieder anziehen – wenn auch, wie aus anderen Zyklen bekannt, mit zeitlicher Verzögerung.
„Wir gehen verhalten optimistisch in die zweite Jahreshälfte. Die Stabilität, welche die deutschen Büromärkte im vergangenen Halbjahr trotz des weiterhin fehlenden wirtschaftlichen Rückenwinds an den Tag gelegt haben, ist bemerkenswert, und die steigende Zahl an Großabschlüssen sendet ein gutes Signal in den Markt. Vieles deutet im aktuellen Marktumfeld darauf hin, dass die deutschen Büromärkte im Jahresverlauf 2024 die Talsohle beim Flächenumsatz durchschreiten und wir in den Folgemonaten mit wieder steigenden Flächenumsätzen in der Breite rechnen können. Gleichwohl ist es noch zu früh, bereits jetzt von einer sich nachhaltig beschleunigenden Marktentwicklung zu sprechen. Wir halten für 2024 trotz der noch widrigen Rahmenbedingungen ein Ergebnis moderat über Vorjahresniveau für realistisch. Auch der Trend steigender Spitzenmieten wird seine Fortsetzung finden“, fasst Marcus Zorn die Aussichten zusammen.