Der Stuttgarter Investmentmarkt erreicht im Jahr 2020 ein Transaktionsvolumen von knapp 1,4 Mrd. € und muss damit einen Rückgang um gut 45 % gegenüber dem Vorjahr hinnehmen. Auch im Vergleich zum 10-Jahresschnitt ist ein leichtes Defizit von 10 % zu vermelden. Dies ergibt die Analyse von BNP Paribas Real Estate.
„Während nach drei Quartalen noch eine durchschnittliche Bilanz verzeichnet werden konnte, blieb die sonst übliche Jahresendrallye, anders als in anderen Top-Märkten, hierbei aus. Lediglich 313 Mio. € wurde in den Monaten zwischen Oktober und Dezember in Gewerbeimmobilien investiert“, erläutert Matthias Bentz, Stuttgarter Niederlassungsleiter der BNP Paribas Real Estate GmbH. In den beiden sehr guten Vorjahren fiel das Q4-Ergebnis mit jeweils rund einer Milliarde Euro mehr als dreimal so hoch aus. Neben den Unsicherheiten im Zuge der Corona-Pandemie und dem außergewöhnlich ruhigen Jahresende können insbesondere ein geringes Volumen bei den anteilig eingerechneten Portfoliodeals (152 Mio. €) und ein niedriger durchschnittlicher Umsatz pro Verkauf (23 Mio. €) als weitere Gründe für das schwache Abschneiden angeführt werden.
Auch wenn sich das Investmentvolumen relativ ausgewogen auf die unterschiedlichen Größenklassen verteilt, müssen alle Kategorien Umsatzeinbußen verkraften. An die Spitze setzen sich mit knapp 27 % wie im Vorjahr die Großdeals, wozu u. a. die Transaktionen der beiden Büroimmobilien W9 im Wissencampus in Stuttgart-Weilimdorf und das Look 21 im Stadtzentrum entscheidend beitragen konnten. Dahinter folgen Investments mit einem Volumen zwischen 50 und 100 Mio. €, die fast 26 % auf sich vereinen. Gemessen an der Anzahl der Transaktionen bestimmten jedoch die Deals bis 50 Mio. € mit anteilig 86 % der registrierten Investments den Markt. Bezogen auf den Umsatz kommen die drei Klassen im mittleren und kleinen Segment auf einen Anteil von zusammengenommen gut 47 %. Hierbei liegen Verkäufe mit 10 bis 25 Millionen (21 %) vor Deals mit 25 bis 50 Mio. € (17 %) und kleineren Objekten mit weniger als 10 Mio. € (9 %).
Büro-Investments dominieren klar den Markt
Zwar können die Büroimmobilien die beiden ausgezeichneten Vorjahresergebnisse nicht bestätigen (-43 %), bleiben aber dennoch der mit Abstand wichtigste Umsatztreiber des Stuttgarter Marktes (fast 63 %). Hauptursache für den Rückgang ist dabei nicht das durchschnittliche Volumen, dass durch einzelne größere Investments mit 43 Mio. € sogar höher ausfällt als im Vorjahr, sondern die Dealanzahl, die sich insgesamt halbiert hat. Auf den weiteren Plätzen schließen sich die Retail- (knapp 13 %), Logistik- (gut 12 %) und Hotel-Investments (rund 9 %) an, wobei nur Logistikimmobilien ihr Volumen ausbauen können (+36 %).
Nebenlagen mit fast 40 Prozent Marktanteil
Insgesamt sind im Jahr 2020 rund 547 Mio. € in Stuttgarts Nebenlagen (anteilig 40 %) geflossen. Investitionsschwerpunkt waren neben Entwicklungsgrundstücken zudem Büroimmobilien, darunter die Büroprojekte Wissenscampus und Gate 9. Auch am Cityrand, wo fast 398 Mio. € und anteilig gut 29 % des Resultats lokalisiert sind, fällt mit dem Look 21 ein Verkauf im Bürosegment deutlich ins Gewicht. Auf die Stuttgarter Peripherie entfallen weitere 25 % Marktanteil. Während sich die Transaktionen über sämtliche Nutzungssegmente von Light Industrial bis Einzelhandel erstrecken, wird das Investitionsgeschehen in diesen Lagen ganz klar von Deals um die 20 Mio. € Investmentvolumen getrieben. Der Umsatz in Stuttgarts stark nachgefragter City fällt mit knapp 6 % unterdurchschnittlich aus. Hier tritt der Angebotsmangel einmal mehr deutlich zutage.
Mit einem Investmentvolumen von 402 Mio. € haben Spezialfonds 2020 gut 29 % des Gesamtumsatzes generiert und zum wiederholten Male die Spitze des Branchenrankings übernommen. Zusammen mit Versicherungen, die für gut 23 % des Volumens verantwortlich zeichnen, kommen nur zwei Käufergruppen auf insgesamt fast 52 % des Ergebnisses. Alle weiteren Investoren, zu denen Investment/Asset Manager, Immobilien AGs/REITs, Projektentwickler und Immobilienunternehmen gehören, erreichen mit jeweils rund 8 % lediglich einstellige Umsatzanteile. Beachtlich war 2020 in erster Linie auch der Anteil nationaler Käufer, der mit gut einer Milliarde Euro bei gut 78 % lag. Demensprechend unterrepräsentiert waren mit nur 22 % internationale Anleger.
Wie auch in den anderen Top-Märkten hat sich in Stuttgart die Renditekompression in den Assetklassen Büro und Logistik im Jahresverlauf 2020 fortgesetzt. Das Zusammenspiel aus weiterhin vorherrschendem Angebotsmangel und guter Investorennachfrage hat die Netto-Spitzenrendite im Bürosegment um 10 Basispunkte auf aktuell 2,90 % sinken lassen. Für die Logistiksparte, die definitiv zu den Gewinnern der Corona-Pandemie gezählt werden kann, wird sogar ein Rückgang um 35 Basispunkte auf nun 3,35 % vermeldet. Stabil präsentiert sich die Spitzenrendite bei den Geschäftshäusern. Sie notiert seit 2018 bei 3,20 % und liegt damit nur noch geringfügig unter dem Spitzenwert im Logistiksegment.
Perspektiven
„Zusammenfassend ist die Bilanz auf dem Stuttgarter Investmentmarkt angesichts der beiden ausgezeichneten Resultate in den Jahren 2018 und 2019 vor allem auf die konjunkturellen Unsicherheiten im Zuge der Corona-Krise zurückzuführen. Soweit sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Jahresverlauf aufhellen, dürfte sich die Attraktivität der Schwabenmetropole für Investoren auch wieder im Transaktionsvolumen niederschlagen“, fasst Matthias Bentz die weiteren Aussichten zusammen.