Auch wenn die Geschäfte im Juni wiedereröffnen konnten, die Inzidenzen mittlerweile auf einem geringen Niveau liegen und der Impffortschritt deutlich spürbar ist, spiegeln sich diese verbesserten Rahmenbedingungen zur Jahresmitte noch nicht im Ergebnis auf dem Retail-Investmentmarkt wider. Somit fiel die Zwischenbilanz mit einem Investmentvolumen von knapp 2,8 Mrd. € zum Ende des zweiten Quartals fast 61 % niedriger aus als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Dies ergibt die Analyse von BNP Paribas Real Estate.
„Ein Grund hierfür ist weniger die Anzahl der erfassten Deals, die lediglich um knapp 12 Prozent nachgegeben hat, als vielmehr das durchschnittliche Volumen pro Verkauf, dass sich mit gut 18 Mio. € deutlich unter dem Wert von 42 Mio. € aus dem Jahr 2020 einordnet. Darüber hinaus blieben großvolumige Portfoliodeals sowie Übernahmen und Beteiligungen, die wie im Vorjahr zumeist ausschlaggebend für ein hohes Transaktionsvolumen auf dem Retail-Investmentmarkt sind, im ersten Halbjahr weitestgehend aus. Demnach erzielten Paketverkäufe mit lediglich 781 Mio. € einen historisch niedrigen Umsatz, während Einzelverkäufe zwar unter dem langjährigen Schnitt blieben, ihr Vorjahresresultat jedoch nahezu bestätigen konnten“, erläutert Christoph Scharf, Geschäftsführer der BNP Paribas Real Estate GmbH und Head of Retail Services.
A-Städte: Umsatz um ein Viertel gesunken
Das angesprochene Fehlen großvolumiger Einzelverkäufe, die zumeist den Unterschied zwischen hohen und niedrigen Volumina in den Top-Märkten ausmachen, spiegelt sich im Resultat der
A-Standorte wider: So hat das Transaktionsvolumen in den wichtigsten Einzelhandelsmetropolen mit gut 872 Mio. € im Vorjahresvergleich um fast ein Viertel nachgegeben. Im Städteranking setzt sich wieder einmal Berlin (253 Mio. €) vor Hamburg (217 Mio. €), Düsseldorf (137 Mio. €) und Köln (112 Mio. €) mit Beiträgen von jeweils über 100 Mio. € an die Spitze. Unterhalb dieser Marke bewegen sich dagegen bislang Frankfurt (96 Mio. €), München (36 Mio. €) und Stuttgart (22 Mio. €), wo bislang lediglich vereinzelte kleinere Retail-Objekte den Eigentümer wechselten.
Daran, dass die Fachmarktsparte wie auch in den letzten Jahren für die entscheidendsten Beiträge zum Transaktionsvolumen verantwortlich zeichnet, hat sich auch im laufenden Jahr nichts geändert: Mit einem Umsatz von knapp 1,6 Mrd. € und einem Anteil von fast 57 % bestätigen sie erneut ihre Spitzenposition, verpassen hierbei den zehnjährigen Durchschnittswert jedoch um etwa 26 %. Auf einen Umsatzanteil von gut 29 % kommen Geschäftshäuser, wobei insbesondere kleinere Objekte bis 25 Mio. € im Fokus standen. Kaufhäuser sind mit gut 7 % beteiligt und Shoppingcenter steuern weitere knapp 6 % bei.
Spezialfonds bei Käufern beliebt
Die Verteilung des Investmentvolumens auf die unterschiedlichen Käufergruppen wurde im ersten Halbjahr klar von den Spezialfonds dominiert, auf deren Konto fast 31 % des Gesamtresultates gehen. Mit einem Umsatz von gut 865 Mio. € verfehlen sie hierbei nur knapp ihr Ergebnis aus dem Vorjahr. Die Investitionsschwerpunkte lagen in diesem Zusammenhang insbesondere auf Fachmarktobjekten, wobei vor allem auch im Portfoliosegment die im Zuge der Corona-Pandemie weiter gestiegene Bedeutung der Lebensmittelsparte zu erkennen ist. Mit deutlichem Abstand auf den weiteren Plätzen folgen Investment/Asset Manager, die genau wie Immobilienunternehmen auf knapp 15 % kommen. Größere Volumina investierten u. a. auch Projektentwickler (fast 10 %), Equity/Real Estate Funds (rund 9 %) sowie Versicherungen und Immobilien AGs/REITs (jeweils fast 5 %). Leicht unterdurchschnittlich stellt sich im Vergleich zum gesamten Gewerbeimmobilienmarkt der Anteil internationaler Käufer dar (knapp 28 %).
Bezogen auf die verschiedenen A-Standorte wurden bei den wenigen im ersten Halbjahr abgeschlossenen Verkäufen von Core-Objekten im Highstreet-Segment weitestgehend vergleichbare Renditen wie zum Jahresende 2020 erzielt. Vor diesem Hintergrund liegen bei den Spitzenrenditen für Geschäftshäuser in den absoluten Top-Lagen Berlin und München weiterhin gleichauf (jeweils 2,80 %), vor Hamburg (3,00 %), Frankfurt (3,10 %), Düsseldorf (3,20 %), Stuttgart (3,20 %) und Köln (3,30 %). Differenziert nach Objektarten zeichnen sich gegensätzliche Entwicklungen ab: Bei gut funktionierenden und verkehrsgünstig angeschlossenen Fachmarktzentren (3,90 %) sowie einzelnen Fachmärkten (4,60 %) sind die Spitzenrenditen im Jahresverlauf um 10 bzw. 20 Basispunkte gesunken. Damit sind Fachmarktzentren aktuell in der Spitze teurer als Shoppingcenter, die bei 4,70 % notieren.
Perspektiven
„Der Retail-Investmentmarkt blickt insgesamt auf eine eher schwächere erste Jahreshälfte zurück, die anders als im Vorjahr nicht von Übernahmen, Beteiligungen und größeren Portfolios profitieren konnte. Viele kleinere Transaktionen, u. a. Geschäftshäuser, machen jedoch Hoffnung, dass in der zweiten Jahreshälfte bei deutlich verbesserten Rahmenbedingungen auch wieder größere Investments vermeldet werden könnten — sofern das Angebot dies zulässt. Ein reges Marktgeschehen im Fachmarkt– und vor allem Lebensmittelsegment, die Wiederbelebung der Highstreet-Einzelhandelslandschaft und der nach wie vor hohe Anlagedruck bei Investoren bilden hierbei nur die wichtigsten Faktoren, die für eine deutlich bessere zweite Jahreshälfte sprechen dürften“, betont Christoph Scharf.