ZUKUNFT COWORKING – WAS PASSIERT NACH DER PANDEMIE?
Vor einem Jahr haben wir mit Marco Stahl einen Blick auf den Coworking-Hype geworfen. Das damalige Fazit: Coworking sei ein relativ junges Konzept, das seine Krisenfestigkeit erst noch unter Beweis stellen müsse. Ein Jahr später hat die junge Nutzungsform mit einer der größten Krisen weltweit zu kämpfen gehabt. Ist es dem Konzept gelungen, sich als krisenfest zu beweisen? Wir haben mit den Immobilien- und Büroexperten Andreas Völker und Riza Demirci dazu gesprochen.
Abstand halten & virtuelles Netzwerken: Wie zeitgemäß ist Coworking noch?
Aber ist dieses Modell des Netzwerkens und der gemeinsamen Projekte vor Ort in Corona-Zeiten noch zeitgemäß? „Sicherlich wird man in Zukunft aufgrund der Herausforderungen, die Corona mit sich bringt – beispielsweise nachlassende Nachfrage und Kostenbewusstsein der Unternehmen – in diesem Segment von einer verlangsamten Expansion ausgehen können. Bestimmt wird auch der ein oder andere Standort aufgegeben oder verkleinert, und vielleicht sind auch Coworking-Anbieter in Zukunft nicht mehr diejenigen, die die höchsten Mietpreise zahlen werden. Ich glaube aber auch, dass die Anbieter gerade wegen Corona und dem erhöhten Kostenbewusstsein und dem gesteigerten Bedürfnis nach mehr Flexibilität bei großen Unternehmen, für manche ein passendes Angebot bieten“, erklärt Völker.
So können traditionelle Unternehmen, die zum Beispiel Standorte aufgeben oder zusammenlegen, Überhänge oder vorrübergehende Bedarfe an Büroflächen auch auf Coworking-Flächen abbilden und sich somit von unmittelbaren langfristigen Mietkosten befreien und flexibler auf ihre tatsächlichen Bedürfnisse reagieren.
„Coworking bildet somit eine gute Beimischung für Standortstrategien von Großunternehmen. Daher glaube ich, dass wir sie auch weiterhin als wesentliche Player im Büroflächenmarkt sehen werden.“
Die Standort-Frage
Coworking ist also trotz oder gerade wegen Corona noch zukunftsfähig. Doch auf welche Städte und Standorte werden die Anbieter in Zukunft setzen? „In A-Städten ist das Nachfragepotenzial nach Coworking natürlich generell größer“, lautet die Antwort von Andreas Völker. In den zentralen Lagen der A-Städte sind die Überlebenschancen oder auch die Zukunftsperspektiven demnach besonders gut. Doch auch darüber hinaus gibt es Potenzial:
„Wir beobachten auch in B-, C- und D-Städten im kleineren Umfang einen Trend hin zu Coworking, teilweise wird es sogar von öffentlichen Einrichtungen oder Wirtschaftsförderungen unterstützt, um gerade auch in kleineren Städten oder im ländlichen Raum professionelle Büroflächen anbieten zu können.“
Das ist vor allem für die Mitarbeitenden von Unternehmen von Interesse, die sonst lange zu ihrem bisherigen Büroarbeitsplatz pendeln würden.
In peripheren Räumen kann sich also ebenfalls ein kleiner Markt für Coworking-Spaces herausbilden. Das werden dann wahrscheinlich nicht die ganz großen Player sein, die man sofort vor Augen hat und eher mit 5.000 Quadratmetern arbeiten. „Vielleicht werden diese Flächen eher von örtlichen Unternehmen oder von der öffentlichen Hand betrieben, um Mitarbeitende in der Region zu halten, und damit auch die Stabilität der Bevölkerung und auch der Standorte im ländlichen Raum zu stärken“, überlegt Völker.
So hat das Land Hessen beispielsweise kleine Coworking-Standorte in den peripheren Lagen vor allem für seine eigenen Mitarbeitenden eingerichtet, um das Pendeln, zumindest an einzelnen Tagen in der Woche, nach Kassel, Wiesbaden oder Frankfurt zu ersparen.
Die Zukunft des Coworkings
Wie also sieht er aus, der Coworking-Arbeitsplatz der Zukunft? Flexibilität ist der Schlüssel zum Erfolg: Die Flächen müssen so gestaltet sein, dass schnell reagiert werden kann und man schnell für das "New Normal" bereit ist. „Es müssen neue Konzepte erstellt werden, auch für Gemeinschaftsräume, Telefonkabinen, kleine Lounge-Ecken oder Rückzugsorte. Aber von diesen Veränderungen sind nicht nur Coworking-Konzepte betroffen“, erklärt Riza Demirci. Noch ist es zu früh, um endgültig sagen zu können, wie der Arbeitsplatz der Zukunft aussehen wird. Doch eines ist schon jetzt klar, da sind sich beide Immobilienexperten sicher: Eine Bewegung zurück zu den Einzelbüros der früheren Jahre wird es nicht geben.