Angebotsknappheit und hoher Nachfragedruck prägten den deutschen Mietwohnungsmarkt im ersten Halbjahr 2022. Es war dann auch diese Faktoren-Kombination, die in sämtlichen Städtekategorien für steigende Angebotsmieten im Bestand sorgte. Dies ergibt eine aktuelle Analyse von BNP Paribas Real Estate zum Wohnmarkt. Um im aktuellen Marktumfeld Orientierungshilfen und einen schnellen Überblick auch über kleinere Standorte zu liefern, veröffentlicht BNPPRE zum fünften Mal ein Research-Produkt, das sich speziell an institutionelle Investoren richtet. Neben einem Überblick zu den bundesweiten Investment- und Vermietungsmärkten enthält der Report komprimierte Darstellungen der wichtigsten Marktindikatoren der großen Standorte und Fact Sheets für über 100 Städte.
Das Mietpreisniveau in den A-Städten (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart) markiert mit durchschnittlich 14,05 €/m² mit deutlichem Abstand die Spitzenposition unter den analysierten Städtekategorien. Wie auch die Studentenstädte verzeichnen die A-Städte ein solides Wachstum um 2 %. Die übrigen Groß- und Mittelstädte weisen mit einem Plus von 3 % eine noch etwas höhere Dynamik auf, allerdings von einem niedrigeren Ausgangsniveau her kommend. „Die anderen Großstädte konnten damit ein Stück weit zu den A-Städten aufschließen; dennoch sind die Mieten in den Top-7-Städten immer noch durchschnittlich um 54 % teurer als in den übrigen Großstädten“, betont Christoph Meszelinsky, Geschäftsführer der BNP Paribas Real Estate GmbH und Head of Residential Investment.
Das Mietpreisniveau ist in den kreisfreien Städten seit 2014 sehr deutlich angestiegen. Dabei stiegen die Medianmieten im Bestand (+33 %) und im Neubau (+32 %) bis zum Halbjahr 2022 in ähnlichen relativen Proportionen an. Ob diese Parallelentwicklung in den kommenden Monaten fortbesteht, bleibt vorerst abzuwarten. Es erscheint aus heutiger Perspektive nicht unwahrscheinlich, dass die enormen Steigerungen bei den Baukosten teilweise an künftige Mieter weitergereicht werden, was insbesondere im Neubausegment zu steigenden Angebotsmieten führen dürfte.
Sehr unterschiedliche Entwicklung von Nettokalt- und Warmmiete
Zwischen 2015 und dem Jahrsende 2021 haben sich die Nettokalt- wie auch die Warmmieten nahezu im Gleichschritt entwickelt (Nettokaltmiete +9,2 %, Warmmiete +9,6 %). Durch die seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs stark gestiegenen Energiepreise divergieren sie seit Frühjahr 2022 jedoch stark: Während sich die Nettokaltmieten gegenüber Dezember 2021 nur um 1,5 Prozentpunkte verteuert haben, ist für die Ausgaben von Wohnung, Wasser und Energie ein sehr deutlicher Zuwachs um 10,8 Prozentpunkte zu verzeichnen. „Bislang spielten vordergründig die steigenden Nettokaltmieten in Bezug auf die Kostenbelastung von privaten Haushalten eine wichtige Rolle. Aktuell rücken angesichts stark gestiegener Energiepreise die Wohnungsnebenkosten immer mehr in den Fokus“, so Christoph Meszelinsky.
Angebotsknappheit bestimmt Mietniveau
Der Vergleich der Leerstandsquoten mit den Mietpreisniveaus der A-Städte unterstreicht noch einmal eindrucksvoll, dass ein geringer Leerstand ein wichtiger mietpreistreibender Faktor ist. Vor dem Hintergrund der weiterhin hohen Attraktivität und Anziehungskraft der A-Städte kann also insbesondere eine anziehende Bautätigkeit den Mietpreisanstieg dämpfen. In Deutschland liegt die Leerstandsquote im Durchschnitt bei nur 2,8 % und unterschreitet damit die für einen funktionierenden Wohnungsmarkt notwendige Fluktuationsreserve von 3 %. Die Leerstände sind jedoch regional sehr unterschiedlich: So beträgt die Spanne zwischen der kreisfreien Stadt mit dem höchsten Leerstand (Pirmasens) und dem geringsten Leerstand (München/Frankfurt am Main) rund 9 Prozentpunkte. Die kreisfreien Städte mit der höchsten Leerstandsquote liegen fast alle in den neuen Bundesländern: Pirmasens (9,3 %), Frankfurt an der Oder (9,1 %), Chemnitz (8,9 %), gefolgt von Schwerin (8,5 %) und Dessau-Roßlau (8,4 %) – Beispiele für Standorte, an denen eine geringe Nachfrage der entscheidende preisdämpfende Faktor ist.
Die A-Städte geben hingegen ein ganz anderes Bild ab. Die Leerstandsquote liegt hier weit unter der 3-%-Marke; an allen Standorten (mit Ausnahme von Düsseldorf) liegt die Leerstandsquote unter 1 %. Für München und Frankfurt wird die niedrigste Leerstandsquote von 0,2 % vermeldet – hier werden auch die höchsten Mieten registriert.
„Das erste Halbjahr 2022 war von unterschiedlichen, sehr dynamischen Entwicklungen geprägt. Zum einen kehrt mit dem andauernden Übergang der Corona-Pandemie in die Endemie langsam wieder die gewohnte Bewegung in die Gesellschaft und die Wohnungsmärkte zurück. Zum anderen sorgte der russische Angriffskrieg und die stark anziehende Inflation für ein neues herausforderndes Marktumfeld. Steigende SWAP-Rates und die sich verschlechternden Finanzierungsbedingungen haben insgesamt für eine abflauende Marktdynamik gesorgt. Insgesamt befinden sich die Wohnungsmärkte damit in einer Phase der Konsolidierung. Im Durchschnitt stabilisieren sich aktuell die Mieten und Preise; lokal bestehen jedoch deutliche Unterschiede. Einige der analysierten kreisfreien Städte verzeichnen aktuell Preisrückgänge, wogegen in den A-Städten tendenziell weiterhin Preiszuwächse registriert werden, die teilweise sehr deutlich ausfallen. Unabhängig von dem sich fundamental verändernden makroökonomischen Umfeld dürften die wichtigen preisbildenden Faktoren gleichbleiben: Zum einen sorgen weiterhin die Folgen einer zunehmenden Urbanisierung und des demographischen Wandels für tendenziell ansteigende Haushaltszahlen und somit für einen beständig hohen Nachfragedruck auf den Mietmärkten. Zum anderen gibt es wenig Indizien für eine anziehende Angebotsausweitung. Ganz im Gegenteil dürfte die nachlassende Bautätigkeit weiter preistreibend wirken“, kommentiert Christoph Meszelinsky die weiteren Aussichten.
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