Für alle Städtekategorien wurde erneut ein Anstieg der mittleren Angebotsmieten im Bestand festgestellt. Während in den A-Städten[1] (+2 %) und in den Studentenstädten (+3 %) ein leichter Anstieg zu beobachten war, fiel der Preisaufschlag in den übrigen Groß- und Mittelstädten (5 % bzw. 6 %) dynamischer aus. Der anhaltende Nachfragedruck wurde 2022 durch zusätzliche Nachfrage aus dem Eigentumswohnungsmarkt weiter angeheizt. Die persistente Angebotsknappheit sorgt entsprechend für einen angespannten Mietwohnungsmarkt. Dies ergibt die jüngste Analyse von BNP Paribas Real Estate. Um im aktuellen Marktumfeld Orientierungshilfen und einen schnellen Überblick auch über kleinere Standorte zu liefern, veröffentlicht BNPPRE zum sechsten Mal ein Research-Produkt, das sich speziell an institutionelle Investoren richtet. Neben einem Überblick zu den bundesweiten Miet- und Eigentumswohnungsmärkten enthält der Report komprimierte Darstellungen der wichtigsten Marktindikatoren der großen Standorte und Fact Sheets für über 100 Städte.
„Mit einer mittleren Angebotsmiete von 14,15 €/m² im Bestand belegen die A-Städte mit deutlichem Abstand die Spitzenposition unter den Städtekategorien. Mit einem Wachstum von 2 % verzeichneten sie jedoch die geringste prozentuale Veränderung gegenüber 2021. Die übrigen Großstädte (+5 %) konnten somit etwas zu den A‑Städten aufschließen. In den Top-7-Städten liegen die mittleren Mieten jedoch immer noch rund 54 % über den Mieten in den übrigen Großstädten“, so Christoph Meszelinsky, Geschäftsführer und Head of Residential Investment der BNP Paribas Real Estate GmbH. Berlin ist sowohl im Bestands- als auch im Neubausegment der dynamischste Mietwohnungsmarkt unter den Top-7-Städten.
Fraglich ist, ob sich die relative Gleichentwicklung von Mieten im Neubau und im Bestand in Zukunft fortsetzen wird. Aktuell erfordern die stark gestiegenen Gestehungskosten deutlich höhere Mieten im Neubau. Im Bestand hingegen, insbesondere in preissensiblen Segmenten mit hohen Betriebskosten (besonders Heiz- und Energiekosten) und somit einer spürbar gestiegenen Warmmiete, dürfte die Nachfrage verhaltener und der Spielraum für Mieterhöhungen weniger gegeben sein.
Anteil der Mietwohnungen mit guter Energieeffizienz deutlich angestiegen
Vor dem Hintergrund stark steigender Energie- und Heizkosten hat im Jahr 2022 die Energieeffizienzklasse einer Mietwohnung für Vermieter und insbesondere Mieter stark an Bedeutung als Entscheidungs- und Differenzierungsmerkmal gewonnen. Nicht nur die Nachfrage nach energieeffizienten Mietwohnungen ist gestiegen, sondern auch das Angebot konnte einen Zuwachs verzeichnen. So ist von 2019 bis 2022 der Anteil der am Markt angebotenen energieeffizienten Mietwohnungen in Studenten- und Mittelstädten um rund 7 Prozentpunkte jeweils auf knapp 24 % gestiegen. Sie bewegen sich in dieser Hinsicht nahezu auf Augenhöhe mit den A-Städten, denn dort beläuft sich dieser Anteil auf 25 % (2019: 22 %). Auch in den Großstädten ist der Anteil 2022 auf 17 % geklettert (2019: 13 %), allerdings ist dies unter allen Städtekategorien nach wie vor der geringste Wert.
Angebotsknappheit bestimmt Mietniveau
Die Mietpreisniveaus und die Leerstandsquoten in den A‑Städten weisen einen deutlichen kausalen Zusammenhang auf. So ist ein geringer Leerstand, Zeichen für eine besondere Marktenge, ein wichtiger Mietpreistreiber. Von einer weiterhin stabilen bis wachsenden Nachfrage durch die hohe Attraktivität und Anziehungskraft der A-Städte ausgehend, kann in erster Linie eine stärkere Bauaktivität dämpfend auf die weitere Mietpreisentwicklung wirken, was kurzfristig vor dem Hintergrund der oben skizzierten stark gestiegenen Gestehungskosten wenig wahrscheinlich erscheint.
Die Leerstandsquote liegt in Deutschland bei durchschnittlich nur 2,8 %. Die für einen funktionierenden Wohnungsmarkt notwendige Fluktuationsreserve von 3 % wird damit unterschritten. Regional stellt sich jedoch die Situation ganz unterschiedlich dar. Die Spannweite zwischen der kreisfreien Stadt mit dem geringsten Leerstand (München) und dem höchsten (Pirmasens) beträgt rund 9 Prozentpunkte. Die kreisfreien Städte mit der höchsten Leerstandsquote sind überwiegend in den neuen Bundesländern zu finden: Pirmasens (9,3 %), Frankfurt an der Oder (9,1 %), Chemnitz (8,9 %), Schwerin (8,5 %) und Dessau-Roßlau (8,4 %) bilden hier die Schlusslichter. Diese Städte stehen beispielhaft für Märkte, an denen eine geringe Nachfrage der entscheidende preisdämpfende Faktor ist. Die A-Städte zeichnen hingegen ein ganz anderes Bild. Die Leerstandsquote liegt hier weit unter der 3 %-Marke. Sogar die 1 %-Marke wird von allen Standorten (mit Ausnahme von Düsseldorf) unterschritten. Für München und Frankfurt wird die niedrigste Leerstandsquote von 0,2 % bzw. 0,3 % verzeichnet. Spiegelbildlich werden in diesen Städten auch die höchsten Bestandsmieten vermeldet.
„Das Jahr 2022 war von lebhaften Entwicklungen und neuen Unsicherheiten geprägt. Mit der sich abzeichnenden Endemisierung von Covid-19 deutete zu Jahresanfang vieles auf eine Normalisierung der Wohnungsmärkte, mit der gewohnten Dynamik, hin. Danach führten jedoch der russische Angriffskrieg und die stark steigende Inflation die Wohnungsmärkte in ein neues herausforderndes Marktumfeld für alle Marktteilnehmer. Die spürbar verteuerten Finanzierungskonditionen haben zu einer abwartenden Haltung der Investoren sowie zur Rückstellung oder Stornierung von Projekten geführt. Insgesamt sind die Wohnungsmärkte damit in eine Konsolidierungsphase, mit aktuell stabilen oder weniger dynamisch als bislang ansteigenden Preisen und Mieten, übergegangen. Aktuell sorgen die Flüchtlingswellen aus der Ukraine und der demographische Wandel für weiter steigende Haushaltszahlen und für einen beständig hohen Nachfragedruck auf den Mietmärkten. Die sich schon 2022 abzeichnende nachlassende Bautätigkeit dürfte weiter preisstabilisierend wirken. Daneben versprechen Mietwohnungen eine gewisse Inflationsabsicherung“, fasst Christoph Meszelinsky die aktuelle Marktsituation zusammen. Sobald die Notenbanken mehr Visibilität und Klarheit in Bezug auf den weiteren Zinskorridor geben, dürfte eine (neue) Normalität an den Märkten eintreten. „Mittelfristig dürften daher die Mieten, besonders in den nachfragestarken Schwarmstädten, weiter ansteigen“, so Meszelinsky.
[1] A-Städte: Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München, Stuttgart