Sowohl an den A-Standorten[1] als auch in den übrigen Groß- und Mittelstädten sind erneut die mittleren Angebotsmieten gestiegen. Die starke Marktdynamik in allen Städtekategorien spiegelt sowohl die anhaltende Angebotsknappheit als auch die Verschiebung der Nachfrage vom Eigentumswohnungs- hin zum Mietwohnungsmarkt deutlich wider. Dies ergibt eine aktuelle Analyse von BNP Paribas Real Estate. Um im aktuellen Marktumfeld Orientierungshilfen und einen schnellen Überblick auch über kleinere Standorte zu liefern, veröffentlicht BNPPRE bereits zum siebten Mal ein Research-Produkt, das sich speziell an institutionelle Investoren richtet. Neben einem Überblick zu den bundesweiten Investment- und Vermietungsmärkten enthält der Report komprimierte Darstellungen der wichtigsten Marktindikatoren der großen Standorte und Fact Sheets für über 100 Städte.
„Mit durchschnittlich 14,90 €/m² belegen die A-Städte mit deutlichem Abstand die Spitzenposition unter den Städtekategorien. Auch in Bezug auf die Marktdynamik liegen sie zusammen mit den Mittelstädten diesmal leicht vorne. Die übrigen Großstädte konnten kaum zu den A-Städten aufschließen. In den Top 7 liegen die mittleren Mieten rund 57 % über dem Wert in den übrigen Großstädten“, so Christoph Meszelinsky, Geschäftsführer und Head of Residential Investment der BNP Paribas Real Estate GmbH. Berlin bleibt sowohl im Neubau- als auch im Bestandssegment der dynamischste Mietwohnungsmarkt in Deutschland: Gegenüber 2014 verdoppelten sich die Mieten im Bestand im Mittel um 99 %, die Neubaumieten um 98 % auf aktuell 20,85 €/m². München hingegen blieb, schon 2014 absoluter Spitzenreiter (15,85 €/m²), auch 2023 (22,85 €/m²) der teuerste Mietwohnungsmarkt in Deutschland.
Preis-Gap zwischen Bestand und Neubau wird größer
Das Mietpreisniveau in den kreisfreien Städten liegt 2023 wesentlich höher als 2014. Auch wenn der Mietwohnungsmarkt nicht mit derselben Preisdynamik wie der ETW-Markt aufwarten kann, haben sich die Mieten im Bestand im Mittel mit +40 % und im Neubau mit +44 % deutlich verteuert. Aktuell zeichnet sich jedoch ab, dass der relative Gleichauf in der Entwicklung von Bestands- und Neubaumieten so nicht mehr stattfindet: So verteuerten sich im Mittel die Angebotsmieten (über alle kreisfreien Städte) gegenüber 2021 im Bestand um rund +8 % und im Neubau mit +12 % deutlich dynamischer. Kurz- und mittelfristig dürfte sich dieser Trend stärker steigender Neubaumieten, aufgrund deutlich gestiegener Gestehungskosten, weiter fortsetzen.
Energieeffiziente Mietwohnungen mit deutlich höherer Marktdynamik
Im Zusammenhang mit der seit Anfang 2022 virulenten Energiekrise und den deutlich gestiegenen Energiekosten ist das Thema Energieeffizienz auch im Mietwohnungsmarkt zu einem nachfragebestimmenden Faktor geworden. Anfang 2022 konnte noch kein signifikanter Unterschied in der Angebotsdauer zwischen Mietwohnungen mit sehr guter Energieeffizienz (Energieeffizienzklassen A+ und A; 3,4 Wochen) und mit sehr schlechter Energieeffizienz (Energieeffizienzklassen G und H; 3,3 Wochen) festgestellt werden. Bis zum dritten Quartal 2022 hingegen stieg die durchschnittliche Angebotsdauer deutlich auf 4,4 Wochen für Mietwohnungen mit sehr guter und noch deutlicher auf 5,3 Wochen für Wohnungen mit sehr schlechter Energieeffizienz an. Obgleich die Angebotsdauer seitdem für Mietwohnungen mit sehr guter Energieeffizienz wieder deutlich zurückgegangen ist, verharrt die Angebotsdauer für Mietwohnungen mit sehr schlechter Effizienz auf einem erhöhten Niveau (5,1 Wochen). Zuletzt lag die Differenz zwischen den beiden Gruppen bei 1,8 Wochen. Mietwohnungen mit sehr guter Energieeffizienz werden also stärker nachgefragt und zügiger vom Markt absorbiert. Mietwohnungen mit sehr guter Energieeffizienz verteuerten sich dementsprechend mit +5 % deutlich stärker gegenüber dem ersten Quartal 2022 als Mietwohnungen mit sehr schlechter Energieeffizienz, deren Mietpreis stagnierte. Energetische Sanierungen können eine Maßnahme für eine deutliche Inwertsetzung von Mietwohnungen durch höher erzielbare Mieten sein.
Knappes Angebot bestimmt weiterhin das Mietpreisniveau
Die hohen Mietpreisniveaus in den A-Städten stehen in einem starken Zusammenhang mit den sehr niedrigen Leerstandsquoten. Alle Top-7-Städte weisen eine Leerstandsquote deutlich unter der 3-%-Marke auf, die als Fluktuationsreserve als Mindestmaß für einen funktionierenden Wohnungsmarkt gilt. Die Preise in den sehr marktengen Mietwohnungsmärkten dürften weiter getrieben werden durch eine anhaltend hohe Nachfrage (hohe Anziehungskraft der A-Städte und nachfragewirksamer Zusatzbedarf durch Ukraine-Geflüchtete) auf der einen und einer ruckläufigen Bautätigkeit auf der anderen Seite.
„Das erste Halbjahr 2023 setzte nahtlos dort an, wo 2022 aufgehört hatte: Unsicherheiten, dynamische Entwicklungen und ein ganz neues Zinsumfeld prägen weiterhin die Wohnimmobilienmärkte. Das Ende der Covid-19-Pandemie, Lieferkettenprobleme und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine sind nur einige Faktoren, die zu einem sprunghaften und viele Jahre nicht gesehenen Anstieg des Verbraucherpreisindexes führten. Infolgedessen straffte die Europäische Zentralbank ihre Zinspolitik und hob die Zinsen in beachtlicher Geschwindigkeit in nur 14 Monaten von 0 % auf jüngst 4,5 % sehr deutlich an. Eine Folge sind die erheblich gestiegenen Finanzierungskonditionen. Diese haben zu einer abwartenden Haltung der Investoren sowie zur Rückstellung oder Stornierung von Projekten beigetragen und auch bei Privatpersonen zu einer einbrechenden Nachfrage nach Hypothekenkrediten geführt. Damit befinden sich die Wohnungsmärkte weiter in einer Preisfindungs- und Konsolidierungsphase. Neu entstehender Zusatzbedarf durch Geflüchtete aus der Ukraine und den demographischen Wandel dürfte für weiter steigende Haushaltszahlen und für einen persistent hohen Nachfragedruck auf die Mietmärkte sorgen. Die schon 2022 lahmende Bautätigkeit setzt sich verstärkt auch 2023 fort und dürfte in diesem und zumindest in den beiden kommenden Jahren zu einer deutlich geringeren Anzahl an Baufertigstellungen zu jeweils deutlich höheren Preisen führen. Kurz- und mittelfristig dürften die Mieten, insbesondere im Neubau, deshalb weiter ansteigen“, fasst Christoph Meszelinsky die Aussichten zusammen.
[1] A-Standorte: Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München, Stuttgart