Die deutschen Büromärkte haben sich in einem schwierigen Umfeld im Jahr 2022 überzeugend behauptet. Der Flächenumsatz in den acht Standorten Berlin, Düsseldorf, Essen, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leipzig und München beläuft sich zum Jahresende auf gut 3,4 Mio. m². Damit wurde das Vorjahresergebnis (ebenfalls 3,4 Mio. m²) eingestellt, und gleichzeitig liegt das Resultat auf dem Niveau des langjährigen Durchschnitts. Dies ergibt die Analyse von BNP Paribas Real Estate. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
- Flächenumsatz von 3,4 Mio. m² auf Vorjahresniveau und im langjährigen Durchschnitt (3,5 Mio. m²)
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Leerstand steigt um 4,6 % auf 5,3 Mio. m²
- Leerstandsquote nur in Essen, Düsseldorf und Frankfurt über 5 %
- Spitzen- und Durchschnittsmieten an allen Standorten gestiegen mit weiterer Aufwärtstendenz
„Die deutschen Büromärkte haben sich 2022 in einem schwierigen Umfeld überzeugend behauptet und über weite Strecken des Jahres überdurchschnittliche Flächenumsätze erzielen können. Die Rahmenbedingungen, unter denen Unternehmen nach Ausbruch des Krieges gegen die Ukraine agieren mussten, waren mit Lieferengpässen, drohender Energiekrise, steigenden Finanzierungskosten und konjunkturellen Unsicherheiten mehr als herausfordernd, dennoch sind die Entscheiderinnen und Entscheider aktiv ihre Flächenplanung angegangen und haben sich anmietungsstark präsentiert“, so Marcus Zorn, CEO von BNP Paribas Real Estate Deutschland. „Trotz der sich ab Frühjahr abzeichnenden Rezession, die mit einiger Wahrscheinlichkeit deutlich kürzer und flacher ausfallen wird als noch zum Halbjahr prognostiziert, haben sie ihre Expansionspläne konsequent verfolgt beziehungsweise für ihre Teams neue Flächenqualitäten und Standorte gesichert. Der Trend geht ganz klar zu hochwertigeren und effizient genutzten Büroflächen mit ausreichend Raum für Kommunikation und Interaktion. Gleichzeitig spielt die Erreichbarkeit per ÖPNV und Fahrrad eine immer größere Rolle, und auch das Thema ESG wird zunehmend zum bedeutenden Faktor bei der Unternehmensplanung. Dies hat in der Konsequenz auch deutliche Auswirkungen auf die Suche nach neuen Büroflächen, die sich auch langfristig etablieren werden. Insbesondere im sehr starken dritten Quartal manifestierte sich die Kombination aus Flächenexpansion und Standortverlagerung in überdurchschnittlichen Flächenumsätzen.“ Zum Jahresende haben sich aber auch die Büromärkte dem Einfluss der sich deutlich abkühlenden konjunkturellen Entwicklung nicht entziehen können. Mit Ausnahme von Düsseldorf, wo sich das Anmietungsgeschehen zum Jahresende noch einmal deutlich beschleunigte, mussten alle großen Standorte zum Teil spürbare Rückgänge bei den Flächenumsätzen im Vergleich zum Vorquartal registrieren. Obwohl die sonst typische Jahresendrallye 2022 nicht stattgefunden hat, kann für die großen deutschen Büromärkte für das abgelaufene Jahr ein Flächenumsatz von 3,4 Mio. m² vermeldet werden. Das Ergebnis liegt damit sowohl auf dem Niveau des Vorjahres (ebenfalls 3,4 Mio. m²) als auch des 10‑jährigen Durchschnitts.
Fast alle Märkte mit Flächenumsätzen über langjährigem Durchschnitt
Die Bundeshauptstadt Berlin führt zum vierten Mal in Folge das Feld der großen Büromärkte mit einem Flächenumsatz von 773.000 m² an. Zwar wurde das sehr gute Vorjahresergebnis damit um 7 % verfehlt, allerdings bewegt sich der Markt im langjährigen Mittel (10-Jahresdurchschnitt: 779.000 m²). Auf Rang zwei ordnet sich München mit einem Vermietungsvolumen von 746.000 m² ein, womit eine Punktlandung auf den langjährigen Durchschnitt gelungen ist. Gegenüber 2021 konnte der Markt der bayerischen Landeshauptstadt sogar um 13 % zulegen. Auch den Hamburger Markt hat eine große Marktdynamik getragen. Zum Jahresende steht ein sehr starkes Ergebnis von 554.000 m² zu Buche, womit gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 16 % und gegenüber dem Langzeitvergleich von 9 % registriert werden kann. Mit einem Flächenumsatz von 336.000 m² (2021: 337.000 m²) kann auch der Kölner Markt im zweiten Jahr in Folge ein überzeugendes Resultat vermelden. Das Anmietungsgeschehen in der Domstadt fiel damit einmal mehr überdurchschnittlich aus (10-Jahresdurchschnitt: 302.000 m²). Auf ein erfolgreiches Jahr kann weiterhin in Essen zurückgeblickt werden. In der Ruhrmetropole wurde mit 133.000 m² nicht nur ein überdurchschnittlicher Flächenumsatz (ggü. 10-Jahresdurchschnitt: +11 %) erzielt, sondern auch eine Steigerung von 43 % gegenüber dem Vorjahr. Leipzig reiht sich mit einem Flächenumsatz von 130.000 m² in das Feld der großen Standorte ein. Das sehr gute Vorjahresergebnis wurde damit um 23 % verfehlt, allerdings wurde trotz eines schwachen Schlussquartals immer noch ein Resultat im langjährigen Schnitt (+2 %) erreicht. Nur zwei der großen Märkte konnten den Schwung aus dem Vorjahr nicht mit ins Jahr 2022 nehmen, sodass auch der Langzeitschnitt verfehlt wurde. Frankfurt hat mit einem Flächenumsatz von 472.000 m² das Vorjahresergebnis um 12 % und den 10-Jahresdurchschnitt um 13 % verfehlt. Die Banken- und Finanzmetropole hat allerdings über das Jahr hinweg eine insgesamt große Konstanz gezeigt, und obwohl sich seit einigen Monaten die Zeichen einer vermutlich schwachen Rezession mehren, hat das Anmietungsgeschehen im vierten Quartal mit 110.000 m² kaum an Tempo verloren (-8 % gegenüber Q3). Im bundesweiten Vergleich der größten Standorte nimmt Frankfurt hier zwischen Berlin, München und Hamburg eine positive Ausnahmestellung ein. Auch die Entwicklung auf dem Düsseldorfer Büromarkt ist bemerkenswert. Zwar bewegt er sich mit einem Flächenumsatz von 291.000 m² weiterhin sehr deutlich unter seinem gewohnten Niveau (377.000 m²) und auch das Vorjahresergebnis wurde verfehlt (-7 %), allerdings hat sich hier im vierten Quartal das Anmietungsgeschehen deutlich beschleunigt – ganz entgegen dem allgemeinen Trend.
Leerstand im Durchschnitt gestiegen – einzelne Standorte mit Rückgängen
Aktuell beläuft sich das Leerstandsvolumen an den acht großen Bürostandorten auf insgesamt 5,3 Mio. m², was einem Anstieg um knapp 5 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Leerstandsentwicklung präsentiert sich in den großen Bürohochburgen allerdings heterogen, wobei ihnen mit Ausnahme von Essen und Düsseldorf gemein ist, dass ihre Leerstandsquoten im Langzeitvergleich weiterhin auf niedrigem Niveau notieren. Während zweistellige Anstiege in Essen, Düsseldorf und auch München zu verzeichnen waren, präsentiert sich das Volumen in Frankfurt nahezu stabil. Leichte Rückgänge sind demgegenüber in Berlin, Hamburg, Leipzig und etwas deutlicher auch in Köln zu registrieren. Unter der Fluktuationsreserve von 5 % notiert die Leerstandsquote weiterhin in Berlin (3,2 %), Hamburg (3,9 %), Köln (3,3 %), Leipzig (4,0 %) und München (4,7 %). In Frankfurt liegt die Leerstandsquote weiter mit 8,5 % auf einem für den Frankfurter Markt vergleichsweise niedrigen Niveau. Für Essen und Düsseldorf sind Anstiege auf 7,3 % bzw. 10,6 % zu verzeichnen.
Das Volumen der Flächen im Bau ist im Laufe des Jahres 2022 um 8 % auf aktuell 4,17 Mio. m² gestiegen, was das große Vertrauen der Projektentwickler in den deutschen Büromarkt und seine langfristigen Perspektiven einmal mehr unterstreicht. Im Windschatten steigender Finanzierungskosten, sich verteuernder Baukosten und einer sich abkühlenden Konjunktur agieren Projektentwickler allerdings in den vergangenen Monaten zunehmend mit erhöhter Umsicht. Die im Jahresverlauf im Durchschnitt um 4,7 Prozentpunkte auf 44,1 % gesunkene Vorvermietungsquote dürfte dabei ein weiterer Faktor sein, der Projektentwickler veranlasst, Projekte für den Moment mit deutlich gedrosseltem Tempo weiterzuverfolgen oder nur noch sehr selektiv anzugehen.
Spitzen- und Durchschnittsmieten an allen Standorten gestiegen
Über alle Standorte hinweg können für 2022 steigende Spitzenmieten vermeldet werden. Frankfurt führt weiterhin das Feld der Top-Standorte an. In der Bankenmetropole ist die Spitzenmiete um 1,00 €/m² auf aktuell 48,00 €/m² (+2,1 %) gestiegen. Zweitteuerster Standort bleibt weiterhin München mit einem Anstieg um 2,00 €/m² auf jetzt 45,00 €/m² (+4,7 %). Berlin verzeichnet in der Spitze ein Mietpreiswachstum um 1,00 €/m² auf jetzt 44,00 €/m² (+2,3 %). In der Hansestadt Hamburg ist die Spitzenmiete um 2,00 €/m² auf ein bisher nicht erreichtes Niveau von 35,00 €/m² (+6,1 %) gestiegen. Ähnlich umfangreich ist die Dynamik bei der Entwicklung der Spitzenmiete in Leipzig und Köln ausgefallen, wo mit einem Plus von jeweils 1,50 €/m² eine jeweils neue Bestmarke von 18,50 €/m² bzw. 28,00 €/m² erreicht wurde. In Essen ist der Mietpreisanstieg etwas weniger umfangreich ausgefallen, allerdings wird auch hier ein neues Mietniveau von jetzt 17,00 €/m² (+3,7 %) erreicht.
Eine Ausnahmestellung nimmt im laufenden Jahr die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt ein. Getrieben durch eine ganz besondere Faktorenkombination vollzieht die Mietpreisentwicklung im absoluten Top-Segment eine im Düsseldorfer Markt noch nicht gesehene Steigerung um 33 %. Wie in den anderen deutschen Bürohochburgen trifft in Düsseldorf eine hohe Nachfrage nach Top-Flächen in Top-Lagen auf ein sehr geringes, nachfrageadäquates Leerstandsvolumen. Was die Lage in der Rheinmetropole besonders macht, ist die Tatsache, dass mit den aktuellen Projektentwicklungen insbesondere rund um die Königsallee Produkt- beziehungsweise Flächenqualitäten auf den Markt kommen, die Düsseldorf so seit geraumer Zeit nicht gesehen hat. Flächen in diesen Premiumprojekten wurden vereinzelt bereits Ende des vierten Quartals zu einem Mietpreis von 38,00 € erfolgreich vermietet, weitere Abschlüsse auf einem vergleichbaren Mietpreisniveau werden voraussichtlich zeitnah folgen. Die nach „gif“ berechnete, realisierte Spitzenmiete notiert aktuell allerdings noch bei € 34,00 (+19,3 % ggü. Q4 2021).
Auch aus der Entwicklung der Durchschnittsmieten werden das weiterhin insgesamt vergleichsweise niedrige Leerstandsniveau und insbesondere die steigende Nachfrage nach hochwertigeren Flächen ganz deutlich ablesbar. An allen großen deutschen Standorten ist die Durchschnittsmiete im Jahresverlauf zum Teil umfangreich gestiegen. Das höchste Mietniveau wird weiterhin mit Abstand in der Bundeshauptstadt mit 28,50 €/m² registriert (+1,1 % ggü. Q4 2021). Mit gebührendem Abstand folgen München (24,20 €/m² bzw. +2,5 %) und Frankfurt (23,20 €/m² bzw. +12,6 %). Zweistellige Zuwachsraten werden weiterhin für Hamburg (+18,9 % auf 22,00 €/m²) und Düsseldorf (+17,6 % auf 19,40 €/m²) vermeldet.
Perspektiven
„Die vor uns liegenden Wintermonate werden nicht leicht für die deutsche Wirtschaft. Eine weitere Abschwächung der Dynamik ist zumindest für die ersten Monate des Jahres sehr wahrscheinlich. Die Büromärkte werden sich dieser Entwicklung kaum entziehen können, sodass vorerst relativ moderate Flächenumsätze zu erwarten sind. Sobald aber der konjunkturelle Rückenwind wieder stärker wird, wird sich auch das Anmietungsgeschehen an den großen deutschen Standorten wieder nachhaltig beleben“, erläutert Marcus Zorn.
Zuversichtlich stimmt für den Moment, dass sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft zuletzt merklich aufgehellt hat, was die Entwicklung des ifo-Geschäftsklimaindex im Dezember mit einem weiteren Anstieg sichtbar macht. Sowohl die Lageeinschätzung wie auch die Erwartungen sind gestiegen, und auch der Arbeitsmarkt präsentiert sich weiterhin robust. Darüber hinaus verfügen die deutschen Büromärkte über gute Fundamentaldaten. Das Leerstandsniveau notiert auch zur Jahreswende an fast allen Standorten auf einem relativ moderaten Niveau, und eine deutliche Angebotsausweitung aufgrund umfangreicher Bautätigkeit zeichnet sich nicht ab. Ganz im Gegenteil: Der Anstieg der Finanzierungs- und Baukosten lässt Projektentwickler mit erhöhter Umsicht agieren. Eine übermäßige Ausweitung des Angebots an modernen Flächen ist vor diesem Hintergrund wenig wahrscheinlich. Gleichzeitig wird sich der Trend hin zu hochwertigen, ESG-konformen und dabei auch sehr gut verkehrlich angebundenen Flächen bei der Anmietungsentscheidung langfristig verfestigen. Entsprechend zeichnet sich beim Mietniveau sowohl in der Spitze wie auch im Durchschnitt ein weiterer Anstieg ab.
„Wir blicken verhalten optimistisch auf das Jahr 2023. Die deutsche Wirtschaft und auch die deutschen Büromärkte haben in den Corona-Jahren 2020/21 wie auch im schwierigen Jahr 2022 in bemerkenswerter Weise ihre Resilienz unter Beweis gestellt. Im Windschatten der zu erwartenden konjunkturellen Belebung erwarten wir im Jahresverlauf eine deutliche Steigerung der Marktdynamik mit weiter anziehenden Mietniveaus. Bereits zum Halbjahr sollte deutlich werden, mit welcher Geschwindigkeit die einzelnen Büromärkte auf ihr Langzeitniveau zurückkehren können werden“, fasst Zorn die Aussichten zusammen.