Im ersten Quartal 2020 wurden an den acht deutschen Standorten Berlin, Düsseldorf, Essen, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leipzig und München 741.000 m² Bürofläche umgesetzt. Damit wurde das außergewöhnliche gute Vorjahresergebnis um knapp 18 % verfehlt. Dies ergibt die Analyse von BNP Paribas Real Estate. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
- Mit 741.000 m² erwartungsgemäß spürbarer Rückgang des Flächenumsatzes gegenüber 2019 (-18 %)
- Leerstand über alle Standorte verringert sich noch einmal um gut 6 %
- Leerstandsquote über alle Standorte weiter unter 4 %
- Weiter starkes Mietpreiswachstum: Sowohl Spitzen- (+7 %) als auch Durchschnittsmieten (+8 %) ziehen deutlich an
„Der Flächenumsatz der deutschen Büromärkte bewegt sich im ersten Quartal in etwa auf dem Niveau des zehnjährigen Durchschnitts. Mit insgesamt 741.000 m² wurde das außergewöhnlich gute Vorjahresresultat erwartungsgemäß deutlich verfehlt. Allerdings fiel der Rückgang spürbarer aus als zu Beginn des Jahres erwartet“, erläutert Piotr Bienkowski, CEO von BNP Paribas Real Estate Deutschland. „Verantwortlich für diese Entwicklung sind unterschiedliche Gründe. Zum einen drückt sich in den Zahlen das gedämpfte Wirtschaftswachstum 2019 aus, was sich bereits im Umsatz des vierten Quartals 2019 widerspiegelte, der etwas geringer ausfiel als in den beiden Vorjahren. Zum anderen spielt das weiterhin zu geringe Angebot, insbesondere im modernen, großflächigen Marktsegment, eine gewisse Rolle, da nicht alle Gesuche kurzfristig umgesetzt werden können. Und darüber hinaus wurden in den letzten Wochen des Quartals auch einige Mietverträge aufgrund der Corona-Krise on hold gesetzt und bis auf weiteres verschoben. Dieser Einfluss trägt zumindest im ersten Quartal bislang aber nur moderat zur rückläufigen Umsatzentwicklung bei. Beim Flächenangebot sowie bei der Mietpreisentwicklung spiegelt sich die Krise in den aktuellen Zahlen des ersten Quartals bislang demgegenüber noch nicht wider.“
Umsatzrückgang in fast allen Städten
Berlin und München lieferten sich um die Spitzenposition bei den getätigten Flächenumsätzen ein Kopf-an-Kopf-Rennen, das die bayerische Landeshauptstadt hauchdünn für sich entschied. Mit 179.000 m² wurde das Vorjahresergebnis um knapp 8 % verfehlt und der zehnjährige Durchschnitt nahezu exakt getroffen. Nur unwesentlich niedriger lag das Ergebnis in Berlin, wo 176.000 m² registriert wurden. Hier reduzierte sich der Flächenumsatz um 28 %, wobei zu berücksichtigen ist, dass im Vorjahreszeitraum ein neuer Rekord aufgestellt wurde, der so nicht jedes Jahr zu wiederholen ist. Im langjährigen Vergleich ist dies immer noch ein überdurchschnittliches Resultat. Ähnlich stellt sich die Situation in Leipzig dar, wo sogar ein Rückgang um 36 % auf 21.000 m² zu beobachten ist. Lässt man die im vergangenen Jahr aufgestellte, außergewöhnliche Bestmarke außer Betracht, liegt der Flächenumsatz aber in der gleichen Größenordnung wie in den letzten fünf Jahren. Knapp an der 100.000-m²-Marke gescheitert ist Hamburg mit 96.000 m² Umsatz (-26 %). Verantwortlich hierfür ist, dass im ersten Quartal noch kein Großabschluss über 10.000 m² getätigt wurde. Im Vorjahr trug dieses Marktsegment bereits zum Jahresanfang rund ein Drittel zum Ergebnis bei. Vergleichbar ist die Entwicklung in Köln. Mit lediglich 41.000 m² wird das Vorjahresresultat um gut die Hälfte verfehlt. Auch hier konnte in den ersten drei Monaten noch kein großflächiger Vertrag registriert werden. Vergleichsweise stabil zeigte sich der Umsatz in Frankfurt mit 82.000 m² (-8 %). Im enger gefassten gif-Gebiet wurden 76.000 m² verzeichnet und damit lediglich 4 % weniger als 2019. Entgegen dem bundesweiten Trend konnten Düsseldorf und Essen beim Ergebnis zulegen. In der Rheinmetropole bedeuten 112.000 m² ein Plus von 13 %. Ausschlaggebend hierfür ist nicht zuletzt ein Großabschluss über mehr als 30.000 m². In Essen ist der starke Anstieg um über ein Drittel auf 34.000 m² dagegen in erster Linie dem vergleichsweise schwachen Vorjahreswert geschuldet.
Leerstandsquote weiterhin unter 4 %
An der im langjährigen Vergleich relativ angespannten Angebotssituation hat sich auch im ersten Quartal 2020 nichts geändert. Im Jahresvergleich ist der Leerstand über alle Standorte um gut 6 % auf weniger als 3,7 Mio. m² gefallen, und auch in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres verharrte er auf diesem niedrigen Niveau. Damit liegt die Leerstandsrate im Durchschnitt bei nur noch 3,9 %. Besonders angespannt bleibt die Angebotssituation weiterhin in Berlin mit einer Rate von lediglich 1,5 % sowie in München mit 2,3 %. Im CBD der bayerischen Landeshauptstadt ist die Quote sogar auf unter 1 % gefallen. Aber auch in Köln (3,1 %), Essen (3,2 %) und Hamburg (3,9 %) wird die 4 %-Schwelle unterschritten. In Frankfurt, wo die Quote auf 7 % im Gesamtmarkt aber nur noch um 3,6 % im CBD nachgegeben hat, ist das Angebot gerade in den besonders stark nachgefragten Lagen ebenfalls gering. Ähnlich stellt sich die Situation in Düsseldorf dar, wo die Leerstandsrate im CBD bei 4,4 % liegt. Auch in Leipzig wurde die 5 %-Marke mit jetzt 4,8 % unterschritten.
„Die aktuelle Angebotssituation auf den deutschen Büromärkten stellt sich damit komplett anders dar als während der Finanzkrise. Der Leerstand liegt um die Hälfte niedriger als Anfang 2009. Gleichzeitig verfügen hiervon nicht einmal mehr 30 % über eine moderne Ausstattungsqualität. Zwar haben die Flächen im Bau im letzten Jahr spürbar angezogen, für den Vermietungsmarkt verfügbar sind aber lediglich noch 44 %“, analysiert Marcus Zorn, Deputy CEO von BNP Paribas Real Estate Deutschland. „Betrachtet man vor diesem Hintergrund das insgesamt für Mieter zur Verfügung stehende Angebot (Leerstand plus verfügbare Flächen im Bau), so beläuft sich dies auf gut 5,5 Mio. m². Anfang 2009 lag der Vergleichswert noch bei über 9,3 Mio. m². Setzt man dieses Angebot ins Verhältnis zum jeweiligen Jahresumsatz des Vorjahres, ergibt sich in der Finanzkrise ein ‚Verfügbarkeitsfaktor‘ von 2,8. Der vergleichbare Wert liegt aktuell dagegen nur bei 1,4. Noch geringer fällt er aus, wenn man nur das Angebot mit moderner Flächenqualität zugrunde legt. Selbst bei einem unterstellten deutlichen Rückgang des Flächenumsatzes nicht nur im Jahr 2020, sondern auch noch 2021, wird sich die Angebotssituation dann immer noch deutlich gesünder darstellen als zur Zeit der Finanzkrise. Dies gilt insbesondere, wenn man berücksichtigt, dass sich möglicherweise die Fertigstellung bei dem einen oder anderen Objekt aufgrund der aktuellen Einschränkungen verzögert und einige geplante Projekte vermutlich verschoben werden. In den nächsten zwei Jahren wird den Märkten damit also weniger neues Angebot zugeführt, als noch Anfang des Jahres erwartet. Vor diesem Hintergrund wird die aktuelle sowie absehbare Angebotssituation die Märkte stärker stabilisieren als in der letzten Krise.“
Mieten haben Aufwärtstrend fortgesetzt
Die Spitzenmieten haben im Jahresvergleich erwartungsgemäß deutlich angezogen. Im Durchschnitt aller Standorte sind sie um knapp 7 % gestiegen. Am stärksten fiel die Zunahme in Berlin aus, wo aktuell 40 €/m² verzeichnet werden (+11 %). Aber auch Hamburg konnte die Höchstmiete um gut 10 % auf jetzt 32 €/m² steigern. Eine vergleichbare Größenordnung war in Leipzig (knapp 11 %) zu beobachten. Hier ist mit 15,50 €/m² mittlerweile ein Niveau erreicht, das auch Projektentwicklungen zulässt, wodurch dem Markt dringend benötige Flächen mit moderner Qualität zugeführt werden können. Um jeweils knapp 7 % ging es in Frankfurt (47 €/m²) und Essen (16 €/m²) nach oben. Ein ähnliches Plus weist auch Köln auf; so werden in der Domstadt aktuell 26 €/m² (+8 %) notiert. Lediglich in Düsseldorf (28,50 €/m²; +2 %) und München 39,50 €/m²; +1 %) fiel der Zuwachs deutlich geringer aus. Dies bedeutet aber nicht, dass hier eine grundsätzlich andere Situation als in den übrigen Städten gegeben ist. Vielmehr fehlt es in beiden Standorten gerade im CBD an einem verfügbaren Angebot moderner Neubauflächen, sodass es für viele Unternehmen einfach keine Möglichkeit gibt, hochwertige Flächen in den Top-Lagen (also dort wo die höchsten Mieten gezahlt werden) anzumieten. Auch in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres haben sich die Spitzenmieten nach den starken Anstiegen im vergangenen Jahr entweder stabil gezeigt oder sogar noch weiter zugelegt, wie beispielsweise in Frankfurt und Hamburg.
Analog zu den Spitzenmieten haben auch die Durchschnittsmieten in allen Städten angezogen, wobei die Steigerung an mehreren Standorten noch höher ausfiel als bei den Spitzenmieten. Auch im Durchschnitt der Städte haben sie mit plus 8 % spürbar stärker angezogen als die Höchstmieten. Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass sich die Corona-Krise in der Mietpreisentwicklung erwartungsgemäß noch nicht widerspiegelt.
Perspektiven
„Die weitere Entwicklung der Büromärkte ist in der aktuellen Situation schwierig einzuschätzen und wird im Wesentlichen davon abhängen, wie schnell es gelingt, die Corona-Krise zu kontrollieren und die verhängten Beschränkungen zu lockern, um damit eine schrittweise Normalisierung des täglichen Lebens einzuleiten. Gerade für Investitionsentscheidungen von Unternehmen stellt die momentan noch herrschende Unsicherheit teilweise ein größeres Problem dar als temporäre Umsatzverluste aufgrund des stark eingeschränkten Geschäftsbetriebs. Vor diesem Hintergrund ist die Nachfrageseite aktuell die mit Abstand größte Unbekannte. Unbestritten scheint aber, dass für das Gesamtjahr von einem deutlich niedrigeren Flächenumsatz auszugehen ist als 2019, auch wenn heute noch nicht abzuschätzen ist, wie stark der Rückgang ausfallen wird. Tatsache ist aber auch, dass sich an wichtigen Rahmenbedingungen, die zur guten Entwicklung der Büromärkte in den Vorjahren beigetragen haben, grundsätzlich nichts ändern wird, sodass erste Aufholeffekte bereits im dritten, vor allem aber vierten Quartal nicht ausgeschlossen werden können. Tendenziell nachfrageerhöhende Trends, wie die fortschreitende Digitalisierung oder sich ändernde Arbeits- und Lebenswelten, die entsprechend höhere Anforderungen an die Standort- und Flächenqualität mit sich bringen, werden auch nach der Krise prinzipiell Bestand haben, selbst wenn sich in Teilbereichen noch nicht absehbare Anpassungen aufgrund der aktuellen Erfahrungen der Menschen ergeben könnten. Dass beispielsweise Home-Office das zukünftig präferierte Modell für viele Unternehmen wird, erscheint unwahrscheinlich. Viele Menschen spüren gerade jetzt in der Krise, wie wichtig soziale Kontakte und persönliche Kommunikation für das eigene Wohlbefinden sind. Und Unternehmen realisieren, dass trotz optimaler technischer Ausstattung die Qualität der Arbeit nicht zuletzt durch den direkten, persönlichen Austausch zwischen den Mitarbeitern bestimmt wird“, ist sich Marcus Zorn sicher.
„Leichter abzuschätzen ist demgegenüber schon die Angebotsseite. Selbst bei unterstellten erheblichen Umsatzrückgängen bis in das Jahr 2021 hinein, wird die Relation von Angebot und Nachfrage im langfristigen Vergleich gesund bleiben. Dies gilt vor allem im Vergleich zur Finanzkrise 2009 und in noch weit stärkerem Maße bezogen auf die Situation nach dem Platzen der dot.com-Blase Anfang der 2000er-Jahre. Die skizzierte Situation wird demzufolge mit großer Wahrscheinlichkeit dazu beitragen, dass sich die Mietpreise während der Krise überwiegend stabil entwickeln werden. Selbst in der Finanzkrise, bei einer deutlich schlechteren Nachfrage-Angebots-Relation, haben die Durchschnittsmieten lediglich um knapp 3 % nachgegeben, um sich bereits im nächsten Jahr wieder spürbar zu erholen. Fasst man die genannten Faktoren zusammen, lässt sich feststellen, dass die Nachfrageseite und damit der Flächenumsatz 2020 naturgemäß schwächer ausfallen wird als in den Vorjahren. Spürbare Mietpreisrückgänge oder gar nachhaltige Verwerfungen auf den Büromärkten sind aus heutiger Sicht dagegen mehr als unwahrscheinlich“, fasst Piotr Bienkowski die Aussichten zusammen.