Die deutschen Büromärkte haben im dritten Quartal trotz aller Widrigkeiten Kurs gehalten und in vielen Märkten ist das Anmietungsgeschehen in den Sommermonaten sogar weiter gestiegen. Insgesamt wurde an den acht Standorten Berlin, Düsseldorf, Essen, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leipzig und München bis Ende September ein Flächenumsatz von 2,7 Mio. m² registriert. Damit wurde das Ergebnis aus dem Vorjahreszeitraum um gut 21 % und der 10-Jahresdurchschnitt um 3 % übertroffen. Dies ergibt die Analyse von BNP Paribas Real Estate. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
• Mit 2,7 Mio. m² Anstieg des Flächenumsatzes gegenüber Q1-Q3 2021 (+21 %)
• Leerstand stabil bei 5,1 Mio. m²
• Leerstandsquote nur in Essen, Düsseldorf und Frankfurt über 5 %
• Spitzenmieten stabil bis steigend, Durchschnittsmieten mit weiter steigender Tendenz
„Die deutschen Unternehmen präsentieren sich im laufenden Jahr 2022 trotz der sehr herausfordernden Rahmenbedingungen erfreulich anmietungsstark hinsichtlich ihres Büroflächenbedarfs. Seit Ausbruch des Krieges gegen die Ukraine haben sie unter ungleich schwierigeren Rahmenbedingungen zu agieren und dies tun sie aktuell noch sehr erfolgreich. Lieferengpässe, eine sich abzeichnende Krise bei der Energieversorgung, steigende Inflation und sich rasant verändernde Finanzierungsbedingungen sind nur einige der Negativ-Faktoren, die unternehmerisches Wirtschaften aktuell bestimmen“ so Marcus Zorn, CEO von BNP Paribas Real Estate Deutschland. Dennoch wird für die großen deutschen Büromärkte für das laufende Jahr ein Flächenumsatz von bisher 2,7 Mio. m² registriert. Das Resultat notiert damit gut 21 % über dem Ergebnis des Vorjahreszeitraums sowie 3 % über dem 10-Jahresdurchschnitt. Besonders bemerkenswert ist, dass die Anmietungstätigkeit im dritten Quartal trotz der sich in den Sommermonaten weiter eintrübenden konjunkturellen Aussichten im Vergleich mit Q3 2021 um 2 % stieg und immer noch die Marke von 900.000 m² übersprungen hat. An mehreren Standorten ist der Flächenumsatz gegenüber dem Frühjahr auf hohem Niveau sogar weiter gestiegen. „Wir werten das ganz klar als Indiz dafür, dass hier nicht nur Corona-Nachholeffekte zum Tragen kommen, sondern dass eine Vielzahl von Unternehmenslenkern langfristiges Wachstum im Visier hat und an eine kurz- bis mittelfristige Rückkehr der deutschen Wirtschaft auf den Wachstumspfad glaubt. Hinzu kommt in vielen Führungsetagen sicherlich das Bedürfnis oder auch schlicht die Notwendigkeit, moderne Büroflächen zu beziehen, um zukunftsfähig handeln und sich als attraktiver Arbeitgeber erfolgreich positionieren zu können“, ergänzt Zorn.
Fast alle Standorte mit deutlich überdurchschnittlichen Flächenumsätzen
Mit einem Flächenumsatz von 627.000 m² führt Berlin einmal mehr das Feld der großen Büromärkte an. Die Bundeshauptstadt vermeldet damit ein Resultat, das gut 13 % über dem langjährigen Durchschnitt notiert und nach 2019 und 2017 das dritthöchste der Historie ist. Allein im dritten Quartal wurde ein Flächenumsatz von 263.000 m² in der Bundeshauptstadt registriert und das Ergebnis aus dem Vorquartal um knapp 47 % übertroffen. München belegt mit 592.000 m² den zweiten Rang und kann damit nach den schwachen Jahren 2020 und 2021 ein Ergebnis vermelden, das gut 12 % über dem 10-Jahresdurchschnitt liegt und 34,5 % über dem Vorjahreswert. Bemerkenswert ist dabei die große Konstanz, die in der Punktlandung des zweiten und dritten Quartals zum Ausdruck kommt. In beiden Quartalen wurden jeweils 201.000 m² Flächenumsatz getätigt. Hamburg platziert sich mit 445.000 m² Volumen auf dem dritten Rang. Die Steigerung gegenüber dem Vorjahr beläuft sich auf 29 % und gegenüber dem langjährigen Schnitt um 19 %. In der Hansestadt ist der Flächenumsatz im dritten Quartal zwar rückläufig gewesen, aber mit 143.000 m² kann immer noch ein sehr gutes Ergebnis verbucht werden. Demgegenüber fällt das Quartalsergebnis des viertplatzierten Frankfurt mit 120.000 m² stärker aus als noch im Vorquartal Die Bankenmetropole kann insgesamt für das laufende Jahr 362.000 m² Volumen vermelden. Das Resultat liegt damit im langjährigen Durchschnitt und 10 % über dem des Vorjahres. Deutlich überdurchschnittlich fiel bisher das Marktgeschehen in Köln mit 295.000 m² aus (+32 % ggü. 10-Jahresdurchschnitt; +28 % ggü. Q1-Q3 2021). Auch Leipzig kann mit einem insgesamt starken Ergebnis von 101.000 m² aufwarten (+15 % ggü. 10-Jahresdurchschnitt), allerdings wurde das Rekordvolumen aus dem Vorjahr um knapp 11 % verfehlt. Auf dem langjährigen Durchschnittsniveau liegt der Flächenumsatz in Essen mit 87.000 m². Auf ein sehr schwaches 2021 folgte ein bisher dynamischer Marktverlauf in der Ruhrmetropole. Die Anmietungstätigkeit ist von Quartal zu Quartal gestiegen und notierte zuletzt in Q3 bei sehr starken 47.000 m². Gegenteilig verläuft jüngst die Marktentwicklung in Düsseldorf. Mit 216.000 m² Flächenumsatz bis Ende September wird der 10-Jahresdurchschnitt um knapp 25 % verfehlt und das schwache Vorjahr kann nur um knapp 2 % getoppt werden. Nach einem recht vielversprechenden Jahresauftakt und einem guten zweiten Quartal folgte nun ein sehr transaktionsschwaches drittes Quartal.
Leerstand stabil
Aktuell beläuft sich das Leerstandsvolumen an den acht großen Bürostandorten auf insgesamt 5,1 Mio. m² und ist damit nahezu unverändert gegenüber dem Vorquartal (-0,5 %). Das Niveau liegt damit moderat (knapp 4 %) über dem von Ende September 2021. In der Mehrheit der Märkte ist der Leerstand im dritten Quartal 2022 gesunken bzw. präsentiert sich stabil. Dies gilt insbesondere für Berlin, Essen, Frankfurt und Leipzig mit sinkenden Leerständen. Für Hamburg und München wird derweil ein stabiles Leerstandsniveau vermeldet. Eine Ausnahme bilden die beiden Großstädte an der Rheinschiene Düsseldorf und Köln, für die erneut ein Anstieg des Büroflächenleerstands zu verzeichnen ist. Unter der Fluktuationsreserve von 5 % notiert die Leerstandsquote weiterhin in Berlin (3,1 %), Hamburg (3,9 %), Köln (3,4), Leipzig (4,1 %) und München (4,2 %). In Frankfurt ist sie jüngst auf 8,6 % gesunken und in Essen auf 5,7 %. Nur in Düsseldorf notiert die Leerstandsquote mit aktuell 10,5 % im zweistelligen Bereich, was aber für die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt ein durchaus übliches Niveau ist.
Trotz aller konjunkturellen und finanzwirtschaftlichen Herausforderungen ist das Bauvolumen im dritten Quartal in Folge gestiegen und notiert jetzt bei 4,2 Mio.m², was gegenüber dem Vorjahreszeitraum einem Plus von rund 6 % entspricht. Dies ist als eindrucksvolles Zeichen für das Vertrauen der Projektentwickler in die Zukunft der deutschen Büromärkte und in die Büroimmobilie an sich zu sehen. Die Vorvermietungsquote von 44 % bestätigt die hohe Nachfrage nach modernen Büroflächen. Insbesondere in den zentralen Top-Lagen wird neues Produkt sehr schnell vom Markt absorbiert.
Spitzenmieten stabil bis steigend, Durchschnittsmieten mit weiter steigender Tendenz
Die Spitzenmieten präsentieren sich an sämtlichen Standorten im dritten Quartal 2022 stabil bist steigend auf hohem Niveau. An der Spitze der Standorte rangiert weiterhin die Finanzmetropole Frankfurt, für die im dritten Quartal ein Anstieg der Spitzenmiete um 1,00 €/m² auf jetzt 48,00 €/m² registriert wird. Stärker noch fiel das Mietpreiswachstum im Top-Segment in München aus, wo ein Plus von 2,00 €/m² die Spitzenmiete auf ein neues Niveau von 45,00 €/m² gehoben hat. Berlin ist jetzt drittteuerster Standort mit unveränderten 43,00 €/m². Hamburg reiht sich mit jetzt 35,00 €/m² ein und kann einen umfangreichen Anstieg um 2,00 €/m² im jüngsten Quartal vermelden. Auch in Essen und Köln haben die Mieten im Top-Segment dem Aufwärtsdruck nachgegeben und sind im dritten Quartal um 1,8 % bzw. 1,9 % gestiegen. Die Spitzenmiete notiert hier bei 16,80 €/m² bzw. 27,50 €/m² in der Domstadt. Unverändert ist das Niveau in Düsseldorf (30,00 €/m²) und Leipzig (18,00 €/m²).
Das weiterhin vergleichsweise niedrige Leerstandsniveau bei anhaltend hoher Nachfrage, insbesondere nach modernen Flächen, kommt erneut in der Entwicklung der Durchschnittsmieten zum Ausdruck. Sie ist im dritten Quartal in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Köln, Leipzig und München gestiegen. Seitwärtsbewegungen werden für Essen und Hamburg registriert. Die höchste Durchschnittsmiete wird mit weitem Abstand in Berlin mit aktuell 28,50 €/m² registriert. Auf den Plätzen folgen München (24,20 €/m²) und Frankfurt (23,10 €/m²).
Perspektiven
„Die deutsche Wirtschaft steuert auf herausfordernde Wintermonate zu. Insbesondere die Energiekrise wie auch die weitere Inflationsentwicklung wird die Unternehmer in Atem halten. Die führenden Wirtschaftsinstitute prognostizieren aktuell für den Herbst und den Jahresbeginn 2023 eine rückläufige Wirtschaftsleistung. Diese Entwicklung wird kaum an den deutschen Büromärkten vorbeigehen, so dass die traditionelle Jahresendrallye im Jahr 2022 vermutlich schwächer ausfallen wird als gewohnt. Dennoch gehen wir für das Gesamtjahr bundesweit von einem Flächenumsatz aus, der deutlich über dem des Jahres 2020 notieren wird. Ob am Ende des Jahres für alle Standorte ein im langfristigen Vergleich durchschnittliches Ergebnis zu Buche stehen wird, bleibt für den Moment abzuwarten. Deutlich positive Signale senden jetzt schon die Büromärkte in Hamburg, Essen, Köln und Leipzig aus, die auf ein überdurchschnittliches Ergebnis zusteuern. Auch die Top-Standorte Berlin und München schicken sich an, den langjährigen Durchschnitt zu erreichen, was ganz hervorragende Resultate angesichts der sehr starken Jahre 2017-2019, die in die Durchschnittsberechnung mit einfließen, wären. Gleichwohl die aus der Corona-Pandemie resultierenden Nachholeffekte im Anmietungsgeschehen langsam ausklingen und die deutsche Wirtschaft in unruhigeres Fahrwasser geraten wird, erwarten wir, dass die großen Büromärkte Kurs halten werden. Der Leerstand notiert im Langzeitvergleich an allen Standorten auf niedrigem Niveau und eine erneute Ausweitung des Bauvolumens ist vor dem Hintergrund umfangreich steigender Baukosten sehr unwahrscheinlich. Vor allem im stark nachgefragten modernen Flächensegment ist entsprechend kaum mit einer Angebotsausweitung zu rechnen, so dass das Mietpreisniveau allen voran in der Spitze weiter nach oben tendieren dürfte. Es wird schlussendlich die Resilienz der deutschen Wirtschaft in Krisensituationen sein, welche die Weichen für die zukünftige Entwicklung auf den deutschen Büromärkten stellt. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Deutschland insbesondere im internationalen Vergleich wiederholt überdurchschnittlich schnell die Talsohle verlassen hat. Die vielen Anmietungsentscheidungen, die in den vergangenen Monaten auf den Büromärkten getätigt wurden und in erfolgreiche Vertragsabschlüsse mündeten, zeigen, dass Unternehmer:innen genau an diese Resilienz und langfristigen Wachstumsperspektiven glauben. Entsprechend sind wir vorsichtig optimistisch, was die Entwicklung auf den großen deutschen Büromärkten in den kommenden Monaten angeht“, fasst Zorn die Aussichten zusammen.