Die deutschen Logistikmärkte bewegen sich weiter auf einem Rekordniveau. Mit einem Flächenumsatz von rund 6,61 Mio. m² (inkl. Eigennutzer) wurde das bereits herausragende Vorjahresresultat um 10,5 % und der langjährige Durchschnitt um rund ein Drittel übertroffen, sodass eine neue Bestmarke erreicht wurde. Dies ergibt die Analyse von BNP Paribas Real Estate.
Zusätzlich zum insgesamt sehr dynamischen Vermietungsgeschehen in diesem Jahr hat nicht zuletzt eine Reihe von Großabschlüssen dem Flächenumsatz zu einem neuen Rekord verholfen. So konnten gleich drei Ansiedlungen im Segment oberhalb von 100.000 m² verzeichnet werden. Der mit Abstand größte Abschluss des Jahres ist weiterhin der Tesla-Neubau in Grünheide bei Berlin mit 327.000 m², gefolgt von der Amazon-Ansiedlung in Erfurt (225.000 m²) sowie dem Nokera-Werk in Möckern in Sachsen-Anhalt (116.000 m²). Alle drei Verträge wurden im ersten Halbjahr abgeschlossen. Der größte Vertrag des dritten Quartals ist eine Anmietung von AP Moeller Maersk in Bremerhaven über 70.000 m².
Nicht zuletzt die Häufung an Mega-Deals im ersten Halbjahr führt dazu, dass das neue Rekordergebnis maßgeblich auf die herausragenden ersten beiden Quartale des Jahres zurückzuführen ist (Q1: 2,3 Mio. m²; Q2: 2,5 Mio. m²). Für die vergangenen drei Monate ist dagegen mit einem Flächenumsatz von 1,78 Mio. m² eine etwas gebremste Dynamik zu vermelden. So notiert das dritte Quartal 2022 rund 14 % unter dem Quartalsschnitt der vergangenen fünf Jahre. „Auch wenn sich hier zu gewissen Teilen sicherlich die sich abzeichnende Rezession widerspiegelt, so dürfte doch der entscheidende Faktor für die etwas gebremste Dynamik momentan der vorherrschende Angebotsmangel sein, der sich längst nicht mehr nur auf die Top-Standorte beschränkt. Da insbesondere Unternehmen mit Gesuchen im großflächigen Segment aufgrund des Flächenmangels in den bedeutenden Agglomerationsräumen seit einigen Jahren immer häufiger gezwungen sind, auf alternative Standorte auszuweichen, ist der Markt mittlerweile auch in vielen Nebenzentren wie leergefegt“, erläutert Christopher Raabe, Geschäftsführer und Head of Logistics & Industrial der BNP Paribas Real Estate GmbH.
Mehrzahl der großen Logistikregionen mit überdurchschnittlichen Ergebnissen
Mit 2,71 Mio. m² erzielen die großen Logistikregionen (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leipzig, München, Stuttgart) eine neue Bestmarke. Zwar hat daran der Tesla-Abschluss im Berliner Marktgebiet bedeutende Anteile, aber auch wenn man die Giga-Factory außen vorlässt, übertrifft das Resultat den langjährigen Schnitt um mehr als ein Fünftel. Die Hauptstadt liegt mit 847.000 m² (+136 % ggü. 10-Jahresdurchschnitt; ohne Tesla: 520.000 m², +45 %) an der Spitze der großen Märkte. Aber auch Hamburg (388.00 m²; +8 %), Leipzig (308.000 m²; +57 %), Köln (230.000 m²; +39 %), Düsseldorf (229.000 m²; +17 %) und Stuttgart (223.000 m²; +71 %) erzielen zum Teil deutlich überdurchschnittliche Resultate. Während in München mit 190.000 m² der langjährige Schnitt leicht um 4 % verfehlt wird, ist in Frankfurt (292.000 m²; -30 %) ein deutlich niedrigerer Flächenumsatz als üblich zu verzeichnen. Zurückführen lässt sich dies maßgeblich auf den Flächenmangel im Marktgebiet.
Demgegenüber kann mit einem Flächenumsatz von 3,9 Mio. m² außerhalb der großen Logistik-Hubs mit deutlichem Abstand eine neue Bestmarke verzeichnet werden. Das aktuelle Resultat liegt um mehr als ein Viertel oberhalb des langjährigen Schnitts, worin zum Ausdruck kommt, dass ein Großteil der diesjährigen Big-Box-Abschlüsse in periphereren Lagen verortet ist. Allerdings gibt es innerhalb der betrachteten Regionen ebenfalls deutliche Unterschiede. Während das Ruhrgebiet beispielsweise mit 432.000 m² um 14 % gegenüber 2021 zulegt und damit das drittstärkste Ergebnis der vergangenen zehn Jahre einfährt, können die 12 Logistik-Hubs, die BNPPRE zusätzlich zu den großen Ballungsräumen regelmäßig analysiert, kein weiteres Plus gegenüber dem Vorjahr verzeichnen. Sie verfehlen ihr Rekordergebnis aus dem Vorjahreszeitraum um rund 7 % und registrieren im laufenden Jahr bislang einen Flächenumsatz von insgesamt 1,22 Mio. m².
Neubauanteil auf hohem Niveau
Obwohl aktuell gleich mehrere große Fertigungsstätten in das Ergebnis einfließen, ist der Eigennutzeranteil mit 30 % deutlich niedriger als im Schnitt der vergangenen Jahre. Vor dem Hintergrund, dass Logistikimmobilien in den letzten Jahren bei Investoren sukzessive beliebter geworden sind und diese auch im großflächigen Segment verstärkt Projekte entwickeln und zur Miete anbieten, ist diese Entwicklung nicht weiter verwunderlich. So dürften beispielsweise auch Built-to-suit-Lösungen tendenziell zukünftig für die Vermietungsmärkte noch weiter an Bedeutung gewinnen.
Der Anteil der Neubauflächen am Gesamtumsatz liegt mit 67 % auf einem hohen Niveau, worin sich nicht zuletzt der Angebotsmangel im Bestand in vielen Regionen bemerkbar macht. Gleichzeitig stellen viele Branchen mittlerweile deutlich höhere Anforderungen an die Flächen als noch vor einigen Jahren, sodass für sie ältere Bestandsflächen kaum für neue Standorte in Frage kommen.
Mietpreise steigen deutlich
Die Kombination aus dem an manchen Standorten mittlerweile eklatanten Angebotsmangel und der massiv zunehmenden Baukosten hat die Mieten in den vergangenen zwölf Monaten in allen bedeutenden Logistikregionen zum Teil deutlich steigen lassen. So verzeichnet die Spitzenmiete im Schnitt der Top-Märkte im Vorjahresvergleich einen Anstieg um 10 % und die Durchschnittsmiete um 7 %. Die stärkste Zunahme bei den Spitzenmieten kann in Köln vermeldet werden, wo ein Plus um 1,10 € (+19 %) auf nun 6,90 €/m² zu Buche steht. Aber auch Hamburg (7,50 €/m²; +15 %) und Düsseldorf (7,20 €/m²; +14 %) legen kräftig zu. Der mit Abstand teuerste Markt ist wenig überraschend München, wo 8,00 €/m² (+7 %) anzusetzen sind. Während sich Berlin (7,50 €/m²; +4 %), Frankfurt (7,30 €/m²; +3 %) und Stuttgart (7,30 €/m²; +4 %) mittlerweile deutlich oberhalb der 7-€-Marke bewegen, ist Leipzig mit 4,90 €/m² (+7 %) noch vergleichsweise günstig.
„Der deutsche Logistikmarkt präsentiert sich im bisherigen Jahresverlauf in glänzender Verfassung. Dass bislang vor allem der Angebotsmangel der limitierende Faktor in vielen Märkten war, ist ein deutliches Indiz dafür, dass die Nutzermärkte trotz aller geopolitischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten weiter funktionieren und auf einem sehr hohen Niveau agieren. Klar ist aber auch, dass die sich immer stärker abzeichnende Rezession früher oder später auch auf den Logistikmärkten spürbar werden dürfte. In welchem Umfang dies geschieht, bleibt vorerst abzuwarten. Es gibt jedoch weiterhin Faktoren, die auch positiv stimmen. So wollen beispielsweise branchenübergreifend viele Unternehmen ihre Lieferketten in Deutschland weiter stärken, was für deutliche Nachfrageimpulse sorgt. Auch wenn eine vergleichbare Jahresendrallye, wie wir sie vergangenes Jahr beobachten konnten (Q4 2021: 3,18 Mio. m²), in den kommenden drei Monaten eher unwahrscheinlich ist, dürfte zum zweiten Mal überhaupt bis zum Jahresende die Marke von 8 Mio. m² übersprungen werden. Die weiter steigenden Baukosten dürften derweil die Projektentwickler vor immer größere Herausforderungen stellen. In der Konsequenz dürften leicht anziehende Mietpreise aktuell das wahrscheinlichste Szenario für die kommenden Monate sein. Eins bleibt dabei jedoch zu berücksichtigen: Durch die stark steigenden Energiepreise werden auch die Nebenkosten vieler Nutzer deutlich steigen, sodass sich die Mietpreisverhandlungen der Vertragsparteien in den kommenden Quartalen verstärkt darauf fokussieren dürften, ein für alle Seiten tragbares Niveau zu finden“, fasst Bastian Hafner, Head of Logistics & Industrial Advisory der BNP Paribas Real Estate GmbH, die Aussichten zusammen.