Der Anteil zertifizierter Green Buildings am gewerblichen Immobilieninvestmentvolumen (ohne Berücksichtigung von Portfolios) verharrt auch in einem herausfordernden Marktumfeld auf einem sehr hohen Niveau. Nach einem Top-Wert von knapp 31 % im Jahr 2022 wurden 2023 rund 27 % erreicht. Es ist das zweithöchste Ergebnis der vergangenen 10 Jahre und bestätigt die Bedeutung, die Green Investments haben. Dies ergibt eine aktuelle Analyse von BNP Paribas Real Estate. Im neunten Jahr in Folge veröffentlicht der Immobilienberater ein Research-Produkt, das speziell die Investmentmarktdynamik von zertifizierten gewerblich genutzten Immobilien beleuchtet.
„Das Jahr 2023 stand auf dem deutschen Immobilieninvestmentmarkt im Schatten gestiegener Zinsen und einer schwachen Konjunktur. Vor allem das erheblich veränderte und schwierige Finanzierungsumfeld hat sich in einem deutlich unterdurchschnittlichen Investmentvolumen bei den gewerblichen Immobilien widergespiegelt. Der Markt für Green Building Investments konnte sich dem allgemeinen Trend sinkender Investmentvolumina mit einem Jahresergebnis von 4,7 Mrd. €, was einem Minus von 57 % im Vergleich zu 2022 entspricht, zwar nicht entziehen, allerdings zeigt sich seine relative Robustheit in der Gesamtmarktbetrachtung. Angesichts der ausgeprägten Marktberuhigung insbesondere bei großvolumigen Büroimmobilien mit einem Minus von 87 % bei Deals über 100 Mio. €, die stets eine überproportional wichtige Rolle bei Green Investments gespielt haben, wäre ein stärkerer Rückgang wenig überraschend gewesen“, erklärt Hermann Horster MRICS, Head of Sustainability bei BNP Paribas Real Estate.
Der ungebrochen hohe Marktanteil der zertifizierten Green Buildings am gewerblichen Investmentmarktvolumen ist insbesondere in der anhaltenden Unsicherheit rund um die EU-Taxonomie begründet. Nachhaltigkeit und ESG werden in Teilen der Immobilienbranche weiterhin als „moving target“ wahrgenommen. So sind die Anforderungen der EU-Taxonomie und die PAI (Principal Adverse Impact)-Kriterien der Offenlegungsverordnung nicht kongruent, und die Aktualisierung des CRREM-Pfades hat viele Gebäude, die sich vermeintlich auf einem guten CO2-Pfad befanden, zu „stranding assets“-Kandidaten gemacht. Es gibt vergleichsweise wenig eindeutige Kriterien, die ein nachhaltiges Investmentprodukt definieren. Green Building-Zertifikate zählen zu diesen wenigen Orientierung gebenden Kriterien. Investoren schätzen die Sicherheit und Verlässlichkeit, die sie bei Green Invests geben. Entsprechend hoch ist ihr Marktanteil.
Institutionelle Core-Anleger mit überdurchschnittlichem Green Invest Anteil
2023 waren es erneut die institutionellen Core-Anleger, die den überwiegenden Anteil ihrer Immobilieninvestments in zertifizierte Green Buildings platzierten. Bei offenen Fonds (74 %), Versicherungen (64 %) und Pensionskassen (52 %) notierte der Anteil grüner Investments zum Teil deutlich über 50 %. Auch bei Equity/Real Estate Funds und Investment/Asset Managern spielen Green Invests mit einem Anteil von rund 45 % eine gewichtige Rolle. Absolut betrachtet haben Investment/Asset Manager mit ca. 930 Mio. € das größte Volumen in Green Buildings platziert, gefolgt von Corporates (ca. 750 Mio. €) und Spezialfonds (ca. 660 Mio. €).
Büroimmobilien bleiben dominierende Assetklasse bei Green Building Investments
Während im Gesamtmarkt für gewerbliche Immobilien die langjährige Marktdominanz von Büroimmobilien 2023 keine Fortsetzung gefunden hat, und unter Berücksichtigung von Portfolio- und Einzeldeals erstmals die Nutzungsklassen Logistik, Büro und Einzelhandel fast gleichauf mit Marktanteilen von 26 % bis 24 % lagen, bleibt Büro bei den Green Building Investments die dominierende Assetklasse. Ihr Marktanteil lag im Markt für Green Invests bei 44 % vor Logistik (27 %) und Einzelhandel (21 %). Letztere haben damit sehr hohe und bis dato nicht erreichte Werte registrieren können.
Über alle Assetklassen hinweg steigt Bedeutung der Zertifizierungen
Über alle Assetklassen hinweg steigt die Bedeutung der Zertifizierungen. Erstmals sind 2023 in allen vier Hauptnutzungsklassen mehr als 30 % des jeweiligen Investmentvolumens auf Green Buildings entfallen, wobei der Anstieg insbesondere bei Logistik und Hotelimmobilien besonders ausgeprägt ist. Eine temporäre Ausnahme beim Anteil von Green Invests stellt die Assetklasse Büro dar. Mangels der bislang marktdominierenden großen Core-Deals in den CBDs der A-Städte ist der Anteil der Green Investments bei Büros im Jahr 2023 von 46 % auf 36 % gesunken.
Trend ungebrochen: Anzahl Green Building Zertifizierungen wächst
Der Trend bundesweit steigender Zertifizierungszahlen hat 2023 seine Fortsetzung gefunden. Gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl der bundesweit zertifizierten Gebäude um fast 15 % auf mehr als 3.200 gestiegen.
Bei der Verteilung der Zertifizierungen auf die wichtigsten Nutzungsklassen gab es zuletzt kaum Verschiebungen. Büro (42 %) führt vor Einzelhandel (24 %) und Logistik (19 %). Bemerkenswert ist der starke Anstieg der Zertifizierungen um 29 % bei Hotel. Ihr Marktanteil beläuft sich damit auf 6 %. Weiterhin Marktführer im Bereich der Green Building-Zertifikate bleibt DGNB (1.760) vor BREEAM (920) und LEED (540). BREEAM konnte sich durch die Bestandszertifizierung nun deutlich von LEED absetzen.
Perspektiven
Während von der EU-Taxonomie & Co. ursprünglich im Wesentlichen die Unternehmen der Immobilienbranche betroffen waren, die Fonds am Kapitalmarkt platzieren wollten, betrifft es nun immer mehr Marktteilnehmer. Von verschiedenen Seiten werden sie mit Taxonomie-Anforderungen konfrontiert. So berücksichtigen beispielsweise Kreditinstitute zunehmend Taxonomie-Kriterien, die damit für jede
(Re-)Finanzierung relevant werden. Weiterhin macht die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) eine auf Taxonomie bezugnehmende Nachhaltigkeitsberichterstattung für einen wachsenden Unternehmenskreis verbindlich. Entsprechend gewinnen Nachhaltigkeit und Taxonomie in der Breite auf Investoren- beziehungsweise Käuferseite an Bedeutung. Gleichzeitig müssen mittlerweile auch Immobiliennutzer (Mieter und Pächter) Taxonomie-Kriterien in ihrer Unternehmenslenkung berücksichtigen. Insbesondere die großen internationalen Konzerne formulieren jetzt Anmietkriterien, die über die Energie- und Klimapfade mancher Asset Manager hinausgehen.
„Bestandshalter dürften nicht nur mit steigenden ESG-Anforderungen seitens der Nutzer konfrontiert bleiben, denn bei den ökologischen Kriterien werden Embodied Carbon, also graue Energie, und die Biodiversität absehbar auch in der Regulatorik der sustainable finance eine Rolle spielen. Darüber hinaus wird der EU-CO2-Zertifikatehandel die deutsche CO2-Abgabe ersetzen. Und die EPBD, die EU Energy Performance of Buildings Directive, definiert nun, dass der Primärenergieverbrauch von Gebäuden bis 2030 um 16 % und bis 2035 um 20 bis 22 % gesenkt werden muss. Aktives Handeln wird das Gebot der Stunde bleiben“, fasst Hermann Horster die Perspektiven zusammen.