Mietwohnungsmarkt & Recht

RECHTLICHE GRUNDLAGEN DES DEUTSCHEN MIETWOHNUNGSMARKTS

Mietpreiskontrollen, Kündigungsschutz und Erhaltungssatzungen: Deutschland weist im europäischen Vergleich ein verhältnismäßig hohes Regulierungsniveau auf. Da ist es für Investoren nicht immer leicht, den Überblick zu bewahren. Dr. Matthias Durst, Partner im Fachbereich Immobilien bei P+P Pöllath + Partners Rechtsanwälte und Steuerberater mbB in Berlin, erläutert in diesem Gastbeitrag, der in unserem aktuellen Residential Report Deutschland erschienen ist, die wichtigsten Eckpunkte der rechtlichen Besonderheiten auf dem deutschen Mietwohnungsmarkt.

Dr. Matthias Durst

Dr. Matthias Durst
Partner im Fachbereich Immobilien bei P+P Pöllath + Partners Rechtsanwälte und Steuerberater mbB

Der deutsche Mietmarkt zeichnet sich durch eine hohe Regulierungsdichte aus. Dies bezieht sich nicht nur auf den „sozialen“ Mietwohnungsmarkt mit einem Anteil von etwa 1,14 Millionen Wohnungen, sondern auch auf den „freien“ Markt mit einem Volumen von etwa 20 Millionen Einheiten. Der Schutz von Mietern wurde auch in „freien“ Mietverhältnissen über die Jahre durch eine Vielzahl von Gesetzen sukzessive erweitert. In den nächsten Jahren ist angesichts der Wohnungsknappheit in den Ballungszentren in Deutschland mit weiteren Verschärfungen zu rechnen.

Der soziale Mietwohnungsmarkt zeichnet sich dadurch aus, dass die betroffenen Wohnungen nur an Menschen mit niedrigen oder mittleren Einkommen zu feststehenden Mieten vermietet werden dürfen. Im Gegenzug erhalten die Vermieter für Errichtung und Vorhaltung dieser Sozialwohnungen vergünstigte Kredite und befristete Ausgleichszahlungen.

Die Zahl der Wohnungen im „sozialen Mietwohnungsmarkt“ ist seit vielen Jahren stark rückläufig. Eine zunehmende Anzahl von Städten und Gemeinden sieht daher bei Neubauvorhaben Mindestquoten für Sozialwohnungen vor. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf den freien Mietwohnungsmarkt.

Auswahl der Mieter, Laufzeit und Kündigung

Im „freien“ Mietwohnungsmarkt kann der Vermieter weitgehend eigenständig über die Auswahl seiner Mieter entscheiden. Antidiskriminierungsverbote gelten aber für alle Vermieter, die mehr als 50 Wohnungen vermieten. Die Laufzeiten und Kündigungsmöglichkeiten von Mietverträgen unterliegen auch im freien Mietwohnungsmarkt weitgehenden Beschränkungen. Eine nur vorübergehende oder befristete Vermietung von Wohnraum ist nur zur anschließenden Eigennutzung und Durchführung von wesentlichen Veränderungen an der Wohnung erlaubt. In der Praxis scheitern viele Befristungen an einer nicht ausreichenden Darlegung und/oder Begründung der Voraussetzungen.

Kurzzeitvermietungen von Wohnraum (z. B. für Zwecke des Airbnb) unter drei Monaten werden durch landesrechtliche und kommunale Regelungen über die „Zweckentfremdung“ von Wohnraum erschwert. So bestehen in einer zunehmenden Anzahl von Städten und Gemeinden Genehmigungspflichten für Kurzzeitvermietungen, bei deren Missachtung gegebenenfalls auch Bußgelder verhängt werden können. Bei einer Nutzung von Wohnraum zur Kurzzeitvermietung ist unter Umständen auch eine gesonderte Baugenehmigung einzuholen.

Eine reguläre Kündigung von Mietverträgen über Wohnraum durch einen Vermieter ist in der Regel ausgeschlossen. Vermieter müssen vielmehr ein berechtigtes Interesse an einer Kündigung nachweisen. Eine Kündigung zum Zweck der Mieterhöhung ist generell ausgeschlossen.

Ein berechtigtes Interesse besteht etwa bei einem gravierenden Fehlverhalten des Mieters oder wenn dieser mit Miet-zahlungen im Umfang von mindestens zwei Monatsmieten in Rückstand kommt. Eine wegen Zahlungsverzug des Mieters ausgesprochene Kündigung kann auch noch nachträglich unwirksam werden, wenn nämlich der Mieter die ausstehenden Mieten noch nachzahlt. Ein berechtigtes Interesse besteht ferner bei geplanter Eigennutzung und Durchführung von wesentlichen Veränderungen an der Wohnung. Es gelten hohe Anforderungen an Darlegung und Begründung des jeweils berechtigten Interesses. Auch kann sich der Mieter im Einzelfall auf eine besondere Härte berufen und so eine Kündigung abwehren.

Regulierung von Mieterhöhungen

Im freien Mietwohnungsmarkt wird die Höhe der Miete grundsätzlich durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Bei einem bestehenden Mietverhältnis kann die Miete jedoch nur wie folgt angepasst werden:

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Anhebung auf die ortsübliche Vergleichsmiete

Vermieter können die Miete bei bestehenden Mietverhältnissen grundsätzlich alle 15 Monate auf die ortsübliche Vergleichsmiete anheben (§ 558 BGB). Hierbei hat sich der  Vermieter entweder an dem sogenannten Mietspiegel oder auf ein Sachverständigengutachten über das lokale Preisniveau oder auf drei Vergleichsangebote zu stützen. Mietspiegel sind lokal geltende Erhebungen der Städte und Gemeinden, die die ortsübliche Vergleichsmiete anhand von Preisspannen für verschiedene Wohnungstypen und Ausstattungsmerkmale vorgeben, etwa in Bezug auf Baujahr, Größe, Lage und Standard von Wohnungen.

Die Miete darf sich durch die Mieterhöhung nicht mehr als 20 Prozent innerhalb von drei Jahren erhöhen. In der Mehrzahl der deutschen Ballungsgebiete wurde diese Höchstgrenze auf 15 Prozent abgesenkt. In der Praxis erweist sich eine Mieterhöhung durch Vorlage von drei Vergleichsangeboten als einfachster Weg zur Durchsetzung einer Mieterhöhung durch den Vermieter. Aus diesem Grund gibt es in regelmäßigen Abständen politische Initiativen zur Abschaffung dieser Möglichkeit oder zur verbindlichen Einführung von Mietspiegeln als einziges Instrument für eine Mieterhöhung. Hiermit ist auch wieder nach der Bundestagswahl zu rechnen.

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Mieterhöhung nach Modernisierung

Nach der Durchführung von bestimmten Modernisierungsmaßnahmen kann der Vermieter die jährliche Miete um acht Prozent der für die jeweilige Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen (§ 559 BGB). Hierbei gilt aber, dass sich die Miete innerhalb von sechs Jahren nicht um mehr als drei Euro pro Quadratmetererhöhen darf. Bei einer Miete von weniger als sieben Euro pro Quadratmeter darf sich die Miete nicht um mehr als zwei Euro pro Quadratmeter erhöhen.

Nur bestimmte Modernisierungsmaßnahmen rechtfertigen eine Mieterhöhung. Die Durchführung von Schönheitsreparaturen, die Beseitigung von Mängeln oder Umbauten, die den vorhandenen Zustand nicht verbessern oder etwas gänzlich Neues schaffen, können zur Begründung einer Mieterhöhung nicht herangezogen werden. Im Einzelnen muss es sich um Maßnahmen zur Energie- und Wassereinsparung sowie zur Erhöhung des Gebrauchswerts oder der allgemeinen Wohnverhältnisse handeln. Weiterhin sind auch Maßnahmen umfasst, die aufgrund von gesetzlichen Anforderungen notwendig werden, etwa der Einbau von Rauchwarnmeldern.

Die Erhöhung nach Modernisierungsmaßnahmen ist an zahlreiche formelle Anforderungen geknüpft. Auch kann sich der Mieter gegebenenfalls auf eine besondere Härte zur Abwehr oder Reduzierung der Mieterhöhung berufen.

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Staffel- und Indexmiete

Vermieter und Mieter können ferner bereits bei Abschluss des Mietvertrags Mieterhöhungsmöglichkeiten vorsehen. In Betracht kommen hierbei die Vereinbarung einer Staffelmiete (§ 557a BGB) und einer Indexmiete (§ 557b BGB).

Bei einer Staffelmiete vereinbaren die Vertragsparteien feste Erhöhungsstaffeln. Zeitpunkt und Höhe der jeweiligen Erhöhung müssen konkret im Mietvertrag angegeben werden. Eine Höchstdauer für Staffelerhöhungen ist gesetzlich nur in Sonderfällen vorgesehen.

Bei einer Indexmiete wird die Miete an den Verbraucherpreisindex für Deutschland gekoppelt. Zur Anpassung der Miete bedarf es jeweils einer gesonderten Erklärung einer der Vertragsparteien über die zwischenzeitlich erfolgte Veränderung des Index.

Die jeweilige Miethöhe muss sowohl bei einer Staffelmiete als auch bei einer Indexmiete mindestens für ein Jahr unverändert bleiben, bevor eine weitere Erhöhung in Betracht gezogen werden kann.

Mietpreisbremse

Mit Einführung der Mietpreisbremse hat der Gesetzgeber auch allgemeine Vorgaben für die zulässige Miethöhe bei Abschluss eines Wohnraummietvertrags geschaffen (§§ 556d-556g BGB). Hiernach können die Bundesländer Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt bestimmen, in denen die Miete zu Mietbeginn die ortsübliche Vergleichsmiete um nicht mehr als zehn Prozent übersteigen darf.

Bei einer Staffelmiete müssen sowohl die Ausgangsmiete als auch die einzelnen Staffeln den Anforderungen der Mietpreisbremse entsprechen. Bei einer Indexmiete muss nur die Ausgangsmiete den Anforderungen der Mietpreisbremse entsprechen.

Entsprechende landesrechtliche Regelungen bestehen derzeit unter anderem für Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf, also in den sieben größten Städten Deutschlands. Die Regelungen sind derzeit bis zum 31.12.2025 befristet. Mit einer weiteren Verlängerung der Regelungen ist zu rechnen.

Der Vermieter kann von den Vorgaben der Mietpreisbremse in bestimmten Fällen abweichen und eine höhere Anfangsmiete festlegen. Dies ist der Fall, wenn im vorherigen Mietverhältnis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der jeweiligen landesrechtlichen Regelung bereits eine höhere Miete zwischen den Parteien vereinbart war. Weiterhin gelten die Regelungen über die Mietpreisbremse nicht, wenn es sich bei der jeweiligen Wohnung um einen Neubau handelt, der erstmals nach dem 01.10.2014 genutzt und vermietet wurde. Auch bei der ersten Vermietung nach einer umfassenden Modernisierung gilt die Höchstgrenze der Mietpreisbremse nicht. Der Vermieter muss den Mieter vor Vertragsschluss über die Ausnahmen aufklären.

Milieuschutz und Ausblick zum Mietwohnungsmarkt

Die staatliche Regulierungsdichte wurde in den vergangenen Jahren noch zusätzlich durch die Ausweisung von Milieuschutzgebieten verstärkt (§ 172 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BauGB). Hierbei handelt es sich um Gebiete, bei denen die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung erhalten werden soll. Im Regelfall handelt es sich um „begehrte“ Stadtviertel mit einem starken Zuzug von außen und einer sich hieraus ergebenden dynamischen Anpassung des örtlichen Mietniveaus. Von den sieben größten Städten in Deutschland hat bislang nur Düsseldorf keine Milieuschutzgebiete ausgewiesen.

In Milieuschutzgebieten bestehen zusätzliche Genehmigungspflichten für die Änderung von baulichen Anlagen. In den örtlichen Regelungen über die Milieuschutzgebiete werden zumeist umfassende Modernisierungen oder die Zusammenlegung von Wohnungen ausgeschlossen. Hierdurch sollen zukünftige Mietsteigerungen aufgrund der verbesserten Ausstattung der Wohnungen vermieden oder zumindest abgeschwächt werden.

Zudem haben die betroffenen Städte und Gemeinden ein Vorkaufsrecht an Grundstücken in Milieuschutzgebieten. Hierdurch kann die jeweilige Kommune in einen bereits abgeschlossenen Kaufvertrag zwischen Verkäufer und Käufer eintreten. In Einzelfällen kann hierbei sogar eine Reduzierung des Kaufpreises verlangt werden.

In Milieuschutzgebieten kann ferner die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen untersagt werden. Seit Kurzem können die Bundesländer ein derartiges Verbot auch in allen Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt einführen, also die betroffenen Gebiete stark vergrößern.

Im Bundesland Berlin galten für einige Monate sogar feste Höchstgrenzen für die Miete in Neu- und Bestandsverträgen. Das als Berliner Mietendeckel bekannte Gesetz wurde aufgrund fehlender Kompetenz des Bundeslandes Berlin vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Nun werden Forderungen laut, ein vergleichbares Gesetz auf Bundesebene einzuführen. Zurzeit ist es eher unwahrscheinlich, dass es dazu kommt.

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